Seit J.J. Thomson [Tho97] das Elektron entdeckt hatte, ist es eines der am genauesten untersuchten Elementarteilchen. Die Kennwerte des Elektrons werden mit den folgenden Methoden bestimmt:
Die Ladung eines Elektrons kann auf elektrochemischem Wege bestimmt werden:
Der Millikan-Versuch [Mil11, Mil13, Hol00] ermöglicht eine direkte Bestimmung von e. Millikans Schlüsselidee war, über die viskose Reibung von kleinen Öltröpfchen die Kraft eines elektrischen Feldes auf Ladungen zu bestimmen.
Der Versuch wird in einer Anordnung wie in Abbildung 4.2.1.1 durchgeführt.
Ein Öltröpfchen mit dem Durchmesser 2r und der Masse mT = ρT r3 wird zwischen die Platten eines Kondensators (Abstand d) gebracht. Auf dem Öltröpfchen befindet sich die Ladung q. Unter dem Einfluss der Gravitation FG, des Auftriebs FA in Luft (Dichte ρL) und des elektrischen Feldes FE bewegt sich das Öltröpfchen mit der konstanten Geschwindigkeit v, gegeben durch die Stokesche Reibungskraft FS .
Dabei treten die folgenden Kräfte auf:
| (4.1) |
Stokes Gesetz für eine laminare Strömung sagt:
| (4.2) |
Die elektrostatische Kraft Kraft ist:
| (4.3) |
Dann muss auch die Gravitation berücksichtigt werden:
| (4.4) |
Schliesslich haben die Tröpfchen in Luft einen Auftrieb:
| (4.5) |
Kombiniert man die obigen Gleichungen, erhält man für den Zusammenhang von Ladung und Geschwindigkeit
| (4.6) |
Betragsmässig ergibt sich
| (4.7) |
und
| (4.8) |
Damit kann die Ladung über das elektrische Feld (oder die Spannung), die Dichten, die Viskosität, die Fallstrecke und den Tröpfchendurchmesser bestimmt werden
| (4.9) |
Im Einzelnen läuft der Versuch wie folgt ab:
Millikan[Mil13] erhielt als Wert für die Elektronenladung e = 1.592·10-19C.
Versuch zur Vorlesung: Millikan-Versuch: Ladung von Öltröpfchen (Versuchskarte AT-13)
Das Elektron mit seiner kleinen Masse ist eines der ausgeprägtesten quantenmechanischen Objekte. Wenn man annimmt, dass die Selbstenergie des elektrischen Feldes der relativistischen Ruheenergie des Elektrons entspricht, kann ein klassischer Elektronenradius re,class = 2.8·10-15 m bestimmt werden. Belloni [Bel81] zeigt, dass eine andere Überlegung von Fermi auf einen etwa 12 mal grösseren Elektronenradius führt. Neuere Experimente durch zum Beispiel Dehmelt [Deh88] haben jedoch gezeigt, dass der quantenmechanisch korrektere Radius des Elektrons re,QM < 10-22 m sein muss. Genaueres ist nicht bekannt, es gibt keine abschliessende Aussage über den Elektronenradius. Es kann gut sein, dass ein Elektron ein mathematisches Punktteilchen ist, eine Divergenz im Raum.
Um den klassischen Elektronenradius zu berechnen, beginnen wir mit der Ladungsdichte ρel einer homogen geladenen Kugel mit dem Radius r
Wenn bei der gleichen Ladungsdichte eine Kugelschale mit der Dicke dr dazugefügt wird, trägt diese eine Ladung
Die Ladung Q wirkt auf eine Probeladung dQ im Abstand r vom Zentrum von Q mit der Kraft
Hält man nun Q und dQ fest und führt dQ vom Unendlichen auf die Distanz r, so muss die folgende Energie zugeführt werden:
Die gesamte Energie in der homogen geladenen Kugel ist
Die Ladungsdichte kann mit
ersetzt werden, so dass wir für eine homogen geladene Kugel bekommen
| (4.13) |
Diese Energie setzen wir der relativistischen Ruheenergie der Masse me gleich.
| (4.14) |
Setzen wir Gleichung (4.13) und Gleichung (4.14) gleich und lösen nach re auf, erhalten wir
| (4.15) |
Andererseits kann man den klassischen Elektronenradius auch berechnen, wenn man annimmt, dass die gesamte Ladung an der Oberfläche konzentriert sei. Dazu betrachtet man das elektrische Feld einer Ladung e
Die Energiedichte dieser Ladung ausserhalb ist
Der Energieinhalt des elektrischen Feldes ausserhalb in Kugelkoordinaten ist
Durch Gleichsetzen mit Gleichung (4.14) erhalten wir
| (4.16) |
Wir haben also zwei leicht unterschiedliche Resultate für die homogene Ladung und die Oberflächenladung. Sie unterscheiden sich durch die Vorfaktoren 3∕5 und 1∕2. Deshalb, und weil es im cgs-System so schön aussieht definiert man
Der klassische Elektronenradius ist
| (4.17) |