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Übungsblatt 10
PHYS4100 Grundkurs IV (Physik, Wirtschaftsphysik, Physik Lehramt)

Othmar Marti, (othmar.marti@uni-ulm.de)


Date: 30. 6. 2005 oder 1. 7. 2005


Aufgaben

  1. Zeigen Sie, dass eine geschlossene $ n\ell$-Schale notwendigerweise $ L=S=0$ aufweisen muss.
  2. Welche Atomsorte oder welche Atomsorten haben eine zu $ 3/5$ gefüllte $ 4d$ Schale? Welche Schalen sind ganz gefüllt? Welche Elektronenkonfiguration haben diese Atome?
    1. Zwei äquivalente $ p$-Elektronen seinen stark Spin-Bahn-gekoppelt. Bestimmen Sie die möglichen Werte des Gesamtdrehimpulses $ J$ bei $ jj$-Kopplung. Welches Prinzip muss beachtet werden?
    2. Welche $ J$ ergäben sich bei Russell-Saunders-Kopplung?
    3. Vergleichen Sie die Häufigkeit des Vorkommens der verschiedenen $ J$-Werte in den beiden Fällen!
  3. Bestimmen Sie die Terme der Konfiguration $ nd^2$. Welcher Term stellt den Grundzustand des Titan dar? Wie gross sind $ L$, $ S$, $ J$ für diesen Zustand.
  4. Zeigen Sie, dass für eine endliche Temperatur der angeregte Zustand eines Zweiniveau-Systems immer schwächer besetzt ist als der Grundzustand.
  5. Diskutieren Sie die minimal mögliche Linienbreite einer Spektrallinie. Welche Einflüsse verbreitern diese Linien. Wie gross ist die natürliche Linienbreite von ``verbotenen'' Übergängen.
  6. Ein Laserpuls wird durch

    $\displaystyle E(x,t)=E_0 e^{-i\omega_0 t+ i k_0 x}\cdot \frac{2\sin\left[(\omega' t-x)\Delta k\right]}{\omega't -
x}$

    dargestellt. Welche Frequenzbandbreite hat dieser Puls? Wovon hängt die Bandbreite ab? Wie hängt die Bandbreite im Frequenzraum und die örtliche Breite zusammen?

Lösungen

  1. Man betrachtet ein Atom mit mehreren Valenzelektronen und vernachlässigt die Wechselwirkung untereinander und die Spin-Bahn-Wechselwirkung. Jeder Einelektronenzustand wird durch $ n$, $ \ell$, $ m_\ell$, $ m_s$. Die Wellenfunktion des Atoms ist dann

    $\displaystyle \psi_{ges} = \psi_{m_{\ell_1}\text{,} m_{\ell_2}}(1)\cdot \psi_{m_{\ell_1}\text{,} m_{\ell_2}}(2)\cdot \ldots$

  2. Das Element ist Technetium ($ Z=43$) Ganz gefüllt sind die Schalen $ 1s$, $ 2s$, $ 2p$, $ 3s$, $ 3p$, $ 3d$, $ 4s$, $ 4p$. zu $ 3/5$ gefüllt ist die $ 4d$-Schale. Die $ 5s$-Schale ist mit einem Elektron gefüllt. Für die $ z$-Komponenten des Bahndrehimpulses und des Spins ist

    $\displaystyle \hat{L}_z = \hat{\ell}_{z\text{,} 1}+\hat{\ell}_{z\text{,} 2}+\ldots$

    $\displaystyle \hat{S}_z = \hat{s}_{z\text{,} 1}+\hat{s}_{z\text{,} 2}+\ldots$

    Ist eine $ n\ell$-Schale ganz gefüllt, dann sind nach Pauli alle möglichen Zustände besetzt. Insbesondere wird zu jedem Wert der $ z$-Komponente auch der entsprechende negative Wert realisiert. Die Gesamtwellenfunktion besteht aus $ (4\ell+2)$ Zuständen. Sie ist auch eine Eigenfunktion des Gesamtbahndrehimpulses und des Gesamtspins. Deshalb ist $ m_L\hbar=0$ und $ m_S\hbar=0$. Also kann nur $ S=L=0$ sein.
  3. Ein Elektron wird durch $ n,\ell,m_\ell,m_s$ angegeben. Bei zwei Elektronen dürfen nach Pauli nicht beide Elektronen in allen Zuständen übereinstimmen. Bei einer $ np^2$ Konfiguration ergeben sich die folgenden Möglichkeiten
      $ (m_\ell$,$  m_s)_1$
        $ (1$,$  +)$ $ (1$,$  -)$ $ (0$,$  +)$ $ (0$,$  -)$ ( $ -1$,$  +)$ ( $ (-1$,$  -)$
    $ (m_\ell$,$  m_s)_2$ $ (1$,$  +)$ $ _{}$ x x x x x
      $ (1$,$  -)$ $ _{}$ $ _{}$ x x x x
      $ (0$,$  +)$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ x x x
      $ (0$,$  -)$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ x x
      $ (-1$,$  +)$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ x
      $ (-1$,$  -)$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$
    Ein Zustand wird durch $ \left[(m_{\ell_1}\text{,} m_{s_1})(m_{\ell_2}\text{,} m_{s_2})\right]$ angegeben. Zwei Drehimpulse $ \overrightarrow{J}_1$ und $ \overrightarrow{J}_2$ ergeben den Gesamtdrehimpuls $ \overrightarrow{J} = \overrightarrow{J}_1 +
\overrightarrow{J}_2$ mit den Werten $ J=J_1+J_2$,$  \ldots$,$  \vert J_1-J_2\vert$ und den zugehörigen $ 2J+1$-Werten $ m_J$. Es gilt $ m_J = m_{J_1}+m_{J_2}$. Aus den Zuständen $ (J_1$,$  m_{J_1})$ und $ (J_2$,$  m_{J_2})$ ergibt sich formal der Zustand

    $\displaystyle (J$,$\displaystyle  m_{J})= \sum\limits_{\scriptsize\begin{array}{c}
m_{J_1}\text{,...
...}}C_{m_{J_1}\text{,} m_{J_2}}(J_1\text{,} m_{J_1})\cdot(J_2\text{,} m_{J_2})$

    wobei nach der Kopplung $ m_{J_1}$ und $ m_{J_2}$ keine brauchbaren Quantenzahlen mehr sind. Ein 2-Elektronenzustand wird durch die Quantenzahlen $ (J_1$,$  J_2$,$  J$,$  m_J)$ festgelegt.
    1. Bei der $ jj$-Kopplung sind die Pauli-verträglichen Kombinationen aus der oberen Tabelle:
      $ _{}$ $ _{}$ $ m_{J_1}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ 3/2$ $ 1/2$ $ -1/2$ $ 3/2$
      $ m_{J_2}$ $ 3/2$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$
      $ _{}$ $ 1/2$ $ [(1$,$  +)(1$,$  -)]$ $ [(1$,$  -)(0$,$  +)]$ $ _{}$ $ _{}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ [(1$,$  +)(0$,$  +)]$ $ _{}$ $ _{}$  
      $ _{}$ $ -1/2$ $ [(1$,$  +)(0$,$  -)]$ $ [(1$,$  -)(0$,$  -)]$ $ [(0$,$  -)(-1$,$  +)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ [(1$,$  +)(-1$,$  +)]$ $ [(0$,$  +)(0$,$  -)]$ $ _{}$ $ _{}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(1$,$  -)(-1$,$  +)]$    
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(0$,$  +)(-1$,$  -)]$    
      $ _{}$ $ -3/2$ $ [(1$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ [(1$,$  -)(-1$,$  -)]$ $ [(0$,$  -)(-1$,$  -)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(0$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ [(-1$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ _{}$

      wobei $ m_J$ aus der Summe der $ m_{J_i}$ berechnet wird. Die $ m_J$ treten mit der folgenden Häufigkeit auf
      $ m_j$ $ 2$ $ 1$ 0 $ -1$ $ -2$
      Anzahl $ 2$ $ 3$ $ 5$ $ 3$ $ 2$

      Es gibt also $ 2$ Zustände mit $ m_J=2$. Dieser Zustand kann nur zu $ J=2$ gehören. Deshalb sind jeweils zwei der Zustande zu den kleineren $ m_J$ zu $ J=2$ gehörig. Ohne diese Zustände sieht die Tabelle so aus
      $ m_j$ $ 1$ 0 $ -1$
      Anzahl $ 1$ $ 3$ $ 1$

      Es gibt also einen Zustand mit $ J=1$. Es bleiben noch zwei $ m_J=0$-Zustände, die zu $ J=0$ gehören. Es gibt also die folgenden $ J$s:
      $ J$ $ 2$ $ 1$ 0
      Anzahl $ 2$ $ 1$ $ 2$
    2. Bei der LS-Kopplung müssen zuerst die Bahndrehimpulse und die Spins addiert werden. Die Pauli-verträglichen Kombinationen aus der oberen Tabelle sind :
      $ _{}$ $ _{}$ $ m_{S}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ 1$ 0 $ -1$
      $ m_{L}$ $ 2$ $ _{}$ $ [(1$,$  +)(1$,$  -)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ 1$ $ [(1$,$  +)(0$,$  +)]$ $ [(1$,$  +)(0$,$  -)]$ $ [(1$,$  -)(0$,$  -)]$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(1$,$  -)(0$,$  +)]$ $ _{}$
      $ _{}$ 0 $ [(1$,$  +)(-1$,$  +)]$ $ [(1$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ [(1$,$  -)(-1$,$  -)]$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(0$,$  +)(0$,$  -)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(1$,$  -)(-1$,$  +)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ -1$ $ [(0$,$  +)(-1$,$  +)]$ $ [(0$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ [(0$,$  -)(-1$,$  -)]$
      $ _{}$ $ _{}$ $ _{}$ $ [(0$,$  -)(-1$,$  +)]$ $ _{}$
      $ _{}$ $ -2$ $ _{}$ $ [(-1$,$  +)(-1$,$  -)]$ $ _{}$

      wobei $ m_J$ aus der Summe der $ m_{L}+m_S$ berechnet wird. Die $ m_J$ treten mit der folgenden Häufigkeit auf
      $ m_j$ $ 2$ $ 1$ 0 $ -1$ $ -2$
      Anzahl $ 2$ $ 3$ $ 5$ $ 3$ $ 2$

      Es gibt also $ 2$ Zustände mit $ m_J=2$. Dieser Zustand kann nur zu $ J=2$ gehören. Deshalb sind jeweils zwei der Zustande zu den kleineren $ m_J$ zu $ J=2$ gehörig. Ohne diese Zustände sieht die Tabelle so aus
      $ m_j$ $ 1$ 0 $ -1$
      Anzahl $ 1$ $ 3$ $ 1$

      Es gibt also einen Zustand mit $ J=1$. Es bleiben noch zwei $ m_J=0$-Zustände, die zu $ J=0$ gehören. Es gibt also die folgenden $ J$s:
      $ J$ $ 2$ $ 1$ 0
      Anzahl $ 2$ $ 1$ $ 2$

  4. Ein $ d$-Zustand hat den Drehimpuls $ \ell=2$. Der Gesamtdrehimpuls ist also zwischen 0 und $ 4$. Der Spin muss bei geradem $ L$ antiparallel sein. Also ist
    $ L$ $ S$ Terme Anzahl der Zustände
    4 0 $ ^1 G_4$ $ 9$
    3 1 $ ^3 F_2$, $ ^3 F_3$, $ ^3 F_4$ $ 5+7+9=21$
    2 0 $ ^1 D_2$ $ 5$
    1 1 $ ^3 P_0$, $ ^3 P_1$, $ ^3 P_2$ $ 1+3+5=9$
    0 0 $ ^1 S_0$ $ 1$

    Aus den Hundschen Regeln folgt für den Grundzustand
    $ L=3$, $ S=1$, $ J=2$, also $ ^3 F_2$
  5. Die Besetzungszahl eines Niveaus $ 2$ mit der Energie $ E_{1\text{,} 2}$ relativ zu einem Niveau $ 1$ ist nach Boltzmann

    $\displaystyle n_2 = n_0 e^{-E_{1\text{,} 2}/(kT)}$

    Entsprechend ist die Besetzungszahl des Niveaus $ 1$

    $\displaystyle n_1 = n_0 e^{-0/(kT)}\}= n_0$

    wenn die Gesamtzahl der Atome $ n=n_1+n_2$ ist, hat man auch

    $\displaystyle n = n_0 \left(e^{-E_{1\text{,} 2}/(kT)}+1\right)$

    Zusammen also

    $\displaystyle n_1(T)$ $\displaystyle = \frac{n}{e^{-E_{1\text{,} 2}/(kT)}+1}$    
    $\displaystyle n_2(T)$ $\displaystyle = \frac{ne^{-E_{1\text{,} 2}/(kT)}}{e^{-E_{1\text{,} 2}/(kT)}+1}$    

  6. Die Linienbreite von Atomen oder Molekülen hängt von Verbotene Übergänge haben eine sehr lange Lebensdauer und deshalb eine sehr kleine Linienbreite, immer viel schmaler als erlaubte Übergänge.
  7. Die Umhüllende des Pulses ist

    $\displaystyle \hat{E}(x)=E_0 \frac{2\sin\left[(\omega' t-x)\Delta k\right]}{\omega't -
x}$

    Der Ort des Pulses ist demnach

    $\displaystyle x_0 = \omega' t- x$

    Im mitbewegten Koordinatensystem ist

    $\displaystyle \hat{E}(x_0)=E_0 \frac{2\sin\left[x_0\Delta k\right]}{x_0}$

    Die Fouriertransformation ist

    $\displaystyle \mathfrak{F}\hat{E}(x_0)=2\pi E_0 \left(\Theta(\Delta k-k)+\Theta(\Delta k+k)-1\right)$

    wobei $ \Theta(x)$ die Heaviside-Funktion ist.

    \begin{displaymath}\Theta(x) = \left\{%%
\begin{array}{ll}
0, & \hbox{f{\uml u...
...\
1, & \hbox{f{\uml u}r $x>0$.} \\
\end{array}%%
\right.\end{displaymath}

    Die Bandbreite ist also $ 2\Delta k$. Mit der Dispersionsrelation $ k c = \omega$ bekommt man die Frequenzbreite

    $\displaystyle \Delta \omega = 2\Delta k c$

    Die Breite hängt von den ersten Minimas der $ sinc$-Funktion ab. Diese liegen bei $ \Delta x_0\Delta k = \pi$. Dies ist auch die gesuchte Beziehung

    $\displaystyle \Delta \omega \Delta x_0 = 2\pi c$

    Bemerkung: Wenn Sie mit Maple rechnen ergibt evalm oft eine wesentliche Vereinfachung der Terme.




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Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm