Unterabschnitte

Elektrische Felder von Leitern

(Siehe Tipler, Physik [TM04, pp. 645])

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Elektrische Feldlinien (Versuchskarte ES-4)

Die elektrischen Felder

werden im Anhang berechnet.

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Faraday-Becher (Versuchskarte ES-9)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Faraday-Käfig (Versuchskarte ES-21)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Van-de-Graaff-Generator (Versuchskarte ES-19)

Wir berechnen das elektrische Feld innerhalb und ausserhalb einer Kugelschale.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{elektrostatik-007}
Felder innerhalb und ausserhalb einer Kugelschale.




Die eingeschlossene Ladung durch die Kugelfläche mit dem Radius $ r>R$ ist

$\displaystyle Q_{ges}=\oint \epsilon_0 E_r dA = E_r 4\pi r^2$ (2.22)

Da die Gesamtladung innerhalb dieser Fläche $ Q$ ist, haben wir

$\displaystyle \frac{Q}{\epsilon_0} = E_r 4\pi r^2$ (2.23)

Damit ist für $ r>R$

$\displaystyle E_r(r) = \frac{1}{4\pi\epsilon_0} \frac{Q}{r^2}$ (2.24)

Das elektrische Feld einer homogen geladenen Kugelschale ist also ununterscheidbar vom elektrischen Feld einer Punktladung. Für $ r<R$ ist die eingeschlossene Ladung $ Q=0$. Damit ist auch $ \Phi_{ges} = E_r 4\pi
r^2 = 0$ und folglich für $ r<R$

$\displaystyle E_r = 0$ (2.25)





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{kugelschale}
Die Feldverteilung einer homogen geladenen Kugelschale.




Das elektrische Feld einer homogen geladenen Kugel mit dem Radius $ R$ wird analog berechnet. Ausserhalb der Kugel für $ r>R$ ist wie oben $ \Phi_{ges} = E_r 4\pi r^2 = Q/\epsilon_0$. Also ist für $ r>R$

$\displaystyle E_r(r) = \frac{1}{4\pi\epsilon_0} \frac{Q}{r^2}$ (2.26)

Wenn die Ladungsdichte $ \rho_{el} = Q/V = Q/(\frac{4\pi}{3}R^3)$ ist, ist die von einer zur homogen geladenen Kugel konzentrischen Kugelschale mit $ r<R$ umschlossene Ladung $ Q' = \rho_{el} V(r) = \rho_{el}
\frac{4\pi}{3} r^3$

$\displaystyle Q(r) = \frac{Q}{\frac{4\pi}{3}R^3} \frac{4\pi}{3} r^3 = Q \frac{r^3}{R^3}$ (2.27)

Weiter haben wir $ E_r 4\pi\epsilon_0 r^2 = Q$. Also ist für $ r<R$

$\displaystyle E_r(r) = \frac{1}{4\pi\epsilon_0} \frac{Q r}{R^3}$ (2.28)





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{kugelhomogen}
Feldverteilung einer homogen geladenen Kugel.








\includegraphics[width=0.6\textwidth]{elektrostatik-009}
Berechnung der Feldverteilung einer homogen geladenen Platte.




Das elektrische Feld einer homogen geladenen Platte kann wie folgt berechnet werden.

Wenn $ \sigma$ die Ladungsdichte auf der Platte ist, dann ist

$\displaystyle \frac{\sigma A}{\epsilon_0} = \Phi = \oint E_n  dA = 2 A E_n$ (2.29)

da sowohl die Unterseite wie auch die Oberseite einen Beitrag liefern.

Also ist

$\displaystyle E_r = \frac{\sigma}{2 \epsilon_0}$ (2.30)

homogen im Raum.





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{elektrostatik-009a}
Elektrisches Feld um eine endliche Platte.




Wir betrachten eine endliche ebene leitfähige Platte mit der Ausdehnung $ \ell$. Wir können drei Fälle unterscheiden:

$ r \ll \ell$
Das elektrische Feld ist von dem einer unendlich ausgedehnten ebenen leitfähigen Platte nicht unterscheidbar.
$ r \approx \ell$
Das elektrische Feld befindet sich in einem Zwischenzustand.
$ R \gg \ell$
Das elektrische Feld ist von dem einer Punktladung im Kugelmittelpunkt nicht unterscheidbar.

Ein Beispiel für diese Art Flächenladungen sind Klebestreifen. Andreas Döring[Dör01] gibt an, dass Haftklebematerialien spezifische Haftenergien von $ E_t = 30 \cdots 300 J/m^2$ haben. Die Definition von $ E_t$ ist

$\displaystyle E_t = \frac{v_s}{A}\int F(t) dt \approx \frac{ v_s F \Delta t}{A} $

wobei $ v_s = 0.01 m/s$ die Geschwindigkeit ist, mit der der Klebestreifen abgezogen wird und $ A$ die Kontaktfläche ist. $ \Delta t = 0.1s$ ist die Loslösezeit. Die Haftkraft rührt von Ladungen her. Bei einer Flächenladungsdichte $ \sigma$ ist $ E=\sigma/\epsilon_0$. Die Kraft auf eine Flächenladungsdichte $ \sigma$ ist dann $ F/A = \sigma^2/\epsilon_0$. Mit den Daten von Herrn Döring erhalten wir

$\displaystyle \frac{F}{A} = \frac{\sigma^2}{\epsilon_0} = \frac{E_t }{v_s \Delta t} $

und daraus die Flächenladungsdichte

$\displaystyle \sigma = \frac{e}{d^2} = \sqrt{\frac{\epsilon_0 E_t }{v_s\Delta t}} $

Dabei haben wir angenommen, dass Elementarladungen $ e$ im Abstand $ d$ angebracht sind. $ d$ ist dann

$\displaystyle d = \sqrt{e \sqrt{\frac{v_s\Delta t}{\epsilon_0 E_t }}} $

Wenn wir $ E_t$ einsetzen erhalten wir $ d \approx 10 nm \ldots 18 nm$. Dieser Abstand korreliert gut mit den bekannten Moleküldurchmessern.

Bei zwei homogen geladenen Platten, deren Flächenladungsdichte vom Betrage her gleich sind, aber unterschiedliches Vorzeichen haben, heben sich die Felder ausserhalb der Platten auf. Gleichzeitig verstärken sich die Felder im Inneren: Die elektrische Feldstärke wird $ E=\sigma/\epsilon_0$.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{elektrostatik-010}
Kondensator: entgegengesetzt gleich geladene Platten




Sind die Platten jedoch gleich geladen (oder ist die Oberflächenladung der Platten gleich), kompensieren sich die elektrischen Felder im Innern der Platte, verstärken sich aber im Aussenraum. Wieder ist im Aussenraum $ E=\sigma/\epsilon_0$.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{elektrostatik-011}
Kondensator: gleich geladene Platten.




Leiter haben in ihrem Inneren keine statischen elektrischen Felder.

Da Ladungen im Inneren eines Leiters beweglich sind, folgt, dass das elektrische Feld an einer beliebigen Oberfläche, die sich ganz im Inneren eines Leiters befindet, null ist. Damit ist die umschlossene Ladung ebenso null. Daraus folgt, dass Ladungen sich nur an der Oberfläche eines Leiters befinden können.

Das elektrische Feld an der Oberfläche eines Leiters kann mit dem Gaussschen Gesetz berechnet werden. Wir betrachten eine zylinderförmige Fläche, deren eine Kreisfläche unter der Oberfläche des Leiters und deren andere über der Oberfläche des Leiters ist.





\includegraphics[width=0.6\textwidth]{elektrostatik-008}
Berechnung des elektrischen Flusses




Der gesamte Fluss ist

$\displaystyle \Phi_{ges} = \oint E_n dA = \frac{Q}{\epsilon_0}$ (2.31)

da das elektrische Feld im Inneren des Leiters null ist und die Höhe der Seitenflächen verschwinden soll, haben wir

$\displaystyle \oint E_n dA = E_n \oint\limits_{\textrm{obere Fläche}} dA = E_n A = \frac{1}{\epsilon_0} A\sigma$ (2.32)

und

$\displaystyle E_n = \frac{\sigma}{\epsilon_0}$ (2.33)

Aus dem Gaussschen Gesetz werden die zwei folgenden Schlüsse gezogen:

  • Die makroskopisch beobachtbare elektrische Ladung eines Leiters befindet sich auf seiner Oberfläche.
  • Das elektrische Feld an der Oberfläche eines Leiters steht senkrecht zu dieser Oberfläche und hat die Grösse $ E_r = \sigma/\epsilon_0$





Influenz und Bildladung





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{elektrostatik-023}
Links: Feldlinien in der Nähe eines Leiters. Rechts: Diese Feldlinien können mit einer Bildladung erklärt werden.




Da elektrische Feldlinien immer senkrecht auf der Oberfläche eines Leiters stehen müssen, sieht das Feldlinienbild einer Punktladung in der Nähe eines Leiters wie die Hälfte des Feldlinienbildes eines Dipols aus. Das elektrische Feld der Punktladung erzeugt an der Oberfläche die Influenzladung $ \sigma(\vec{r})$, die das äussere Feld im Leiter abschirmt. Formal kann das Feldlinienbild berechnet werden, indem man zu einer Ladung $ q$ im Abstand $ a$ von der Oberfläche eines Leiter im Leiter innen eine Bildladung $ -q$ auch im Abstand $ a$ von der Oberfläche verwendet.

Das Konzept der Bildladung zeigt, dass eine Ladung $ q$ im Abstand $ a$ von einem Leiter mit der Kraft

$\displaystyle F(a) = -\frac{1}{4\pi\epsilon_0}\frac{q^2}{4a^2}$ (2.34)

angezogen wird. Die Senkrechtkomponente ($ z$-Komponente) des elektrischen Feldes ist im Abstand $ r$ vom Aufpunkt in der Leiteroberfläche

$\displaystyle E_z(r,a) = -\frac{2}{4\pi\epsilon_0}\frac{qa}{\left(r^2+a^2\right)^{3/2}}$ (2.35)

Damit ist die Oberflächenladungsdichte

$\displaystyle \sigma(r) = -\frac{1}{2\pi}\frac{qa}{{\left(r^2+a^2\right)}^{3/2}}$ (2.36)

Mit analogen Überlegungen kann auch die Bildladungsdichte von kontinuierlichen Ladungsverteilungen berechnet werden5.

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm