Unterabschnitte

Statik des starren Körpers

Kräfte am starren Körper

Zur Berechnung der Kräfte am starren Körper verwenden wir die Prinzipien des Kräfteparallelogramms und das Reaktionsprinzip.





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{starr-005}
Angriffspunkt einer Kraft in einem starren Körper.




Der Angriffspunkt $ i$ einer Kraft $ \vec{F}$ am starren Körper darf in der Richtung der Kraft verschoben werden. Das heisst, dass $ \vec{F}_i$ in $ i$ und $ \vec{F}_j$ in $ j$ äquivalent sind, wenn $ \vec{F}_i
=\vec{F}_j=\vec{F}$ ist und $ \overline{ij}\parallel\vec{F}$ ist.

Kräftepaare

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Drehmoment (Versuchskarte M-011)





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{starr-006}
Definition eines Kräftepaares.




Ein Kräftepaar besteht aus einer Kraft $ \vec{F}$ am Punkte $ j$ und einer Kraft $ -\vec{F}$ am Punkte $ i$. Ein Kräftepaar bewirkt ein Drehmoment $ \vec{T}=\vec{r}_{ij} \times\vec{F}$. $ \vec{F}$ und $ -\vec{F}$ dürfen beliebig entlang der Geraden $ g_{i}$ und $ g_{j}$ verschoben werden.

Zwei Kräftepaare heissen äquivalent wenn sie das gleiche Drehmoment bewirken.

$\displaystyle \vec{T}=\vec{r}_{ij}\times\vec{F}=\vec{r}_{ij}'\times \vec{F}'$

Anwendung von Kräftepaaren: Beim Schneiden eines Gewindes sollte man das Werkzeug nur mit zwei Fingern drehen. Man erzeugt so ein Kräftepaar und ein reines Drehmoment. Damit verhindert man ein Ausbrechen des Werkzeuges.

Dyname

Definition: Dyname = Kraft $ \vec{F}$ am Punkt $ i$ + Drehmoment $ \vec{T}$





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{starr-007}
Berechnung der Wirkung einer Kraft am Punkte $ i$.




Wie wirkt eine Kraft $ \vec{F}$ am Punkte $ i$?. Wir bemerken, dass Kräfte am Schwerpunkt eine reine Translation bewirken.

Rezept:

Die Wirkung einer beliebigen Kraft mit beliebigem Angriffspunkt auf einen starren Körper entspricht einer Kraft im Schwerpunkt $ S$ sowie einem Kräftepaar, d.h. einer Dyname.

Bemerkung: Wenn aus anderen Gründen ein Punkt 0 fixiert ist, dann muss man in der obigen Argumentation einfach $ S$ durch 0 ersetzen.

Wenn viele Kräfte angreifen, gilt

$\displaystyle \vec{F}$ $\displaystyle =\sum\limits_{i}\vec{F}_{i}$    
$\displaystyle \vec{T}_{S}$ $\displaystyle =\sum\limits_{i}\vec{T}_{j}+\sum\limits_{i} \vec{r}_{Si}\times\vec{F}_{i}$ (5.504)

Das heisst, wir können den Impuls- und den Drallsatz anwenden.

Schwerkraft

Zur Untersuchung der Wirkung der Schwerkraft auf einen starren Körper berechnen wir die Dyname bezüglich des Schwerpunktes.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{starr-008}
Wirkung der Gravitationskraft auf einen starren Körper.




Die folgenden Grössen müssen beachtet werden:

  1. Kraft:

    $\displaystyle \vec{F=}\sum\limits_{i}\vec{F}_{i}=\sum\limits_{i}\Delta m_{i} \vec{g}=m\vec{g}=\vec{F}_{G}
$

    oder

    $\displaystyle \vec{F=}\iiint\limits_{V}d\vec{F}=\iiint\limits_{V}\rho \vec{g}dV=m\vec{g}=\vec{F}_{G}
$

  2. Kräftepaar

    $\displaystyle \vec{T}_{s}$ $\displaystyle =\sum\limits_{i}\vec{r}_{Si}\times\Delta m_{i} \vec{g}=\sum\limits_{i}\Delta m_{i}\vec{r}_{Si}\times\vec{g}$    
      $\displaystyle =\left( \sum\limits_{i}\Delta m_{i}\vec{r}_{Si}\right) \times \vec{g}= 0$    
      $\displaystyle = 0$ (5.505)

    oder

    $\displaystyle \vec{T}_{s}$ $\displaystyle =\iiint\limits_{V}\vec{r}_{Si}\times\left(\rho(\vec{r}_{Si}) \vec{g}\right)dV =\iiint\limits_{V}\rho(\vec{r}_{Si}) \vec{r}_{Si}\times\vec{g}dV$    
      $\displaystyle =\left( \iiint\limits_{V}\rho(\vec{r}_{Si}) \vec{r}_{Si}dV\right) \times \vec{g}= 0$    
      $\displaystyle = 0$ (5.506)

    Die Definition des Schwerpunktes sagt ja, das $ \sum\limits_{i}\Delta m_{i}\vec{r}_{Si}=0$ oder
    $ \iiint\limits_{V}\rho(\vec{r}_{Si}) \vec{r}_{Si}dV=0$ ist.

Die Schwerkraft übt kein Drehmoment auf einen freien Körper aus.

Stabilität des Gleichgewichts

(Siehe Tipler, Physik [Tip94, pp. 289])

Für die Stabilität des Gleichgewichts gelten die gleichen Regeln wie für die Minima der potentiellen Energie. Wenn die Auslenkung eines Körpers aus seiner Ruhelage eine Kraft oder ein Drehmoment bewirkt, das diesen in die Ruhelage zurücktreibt, spricht man von einem stabilen Gleichgewicht. Im entgegengesetzten Fall handelt es sich um ein labiles Gleichgewicht. Eine Kugel auf einer horizontalen Unterlage befindet sich in einem indifferenten Gleichgewicht.

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm