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Unterabschnitte


Elektromagnetische Wellen im Doppelleitersystem

\framebox[\textwidth][c] {\centering\textbf{Dieser Stoff wurde am 6. 2. 2003 behandelt}}

Wir untersuchen die Wellenphänomene an 3 Testsystemen,

  1. Doppelleitung oder Lecher-Leitung, die besonders einfach auszumessen ist
  2. Der Doppelleitung aus parallelen Ebenen, die wichtig für die Printplattentechnologie ist und besonders einfach zu berechnen ist
  3. dem Koaxialkabel, der technisch wichtigen Anwendung für Verbindungen.



Versuch zur Vorlesung: Lecherleitung SW025



Versuch zur Vorlesung: Koaxialleitung SW085


\includegraphics[width=0.7\textwidth]{em-wellen-001.eps}
3 mögliche Doppelleitersysteme. Links die Lecherleitung, in der Mitte eine Doppelleiterleitung, wie sie bei Printplatten üblich ist und rechts ein Koaxialkabel


Wenn man das Doppelleitersystem mit elektromagnetischen Wellen mit einer Wellenlänge von etwa $\lambda = 1 m$ speist, beobachtet man folgendes

  1. Das am Ende offene Doppelleitersystem zeigt Knoten und Bäuche des $\vec E$- und des $\vec B$-Feldes in Richtung $\ell$. Der Abstand der Intensitätsmaxima beträgt $\lambda/2$ für beide Felder. Die Maxima der $\vec E$-Feldes sind gegen denen des $\vec B$-Feldes verschoben. Wir haben stehende Wellen.
  2. Das am Ende mit einem Kurzschlussbügel versehene System zeigt das gleiche Verhalten wie vorher. Die Maxima sind jedoch verschoben. Wieder haben wir stehende Wellen.
  3. Wenn das Doppelleitersystem mit einem Widerstand von etwa $400\Omega$ abgeschlossen ist, verschwinden die Maxima. Es gibt keine stehenden Wellen.
  4. Die Richtungen von $\vec E$ und $\vec B$ sind analog wie beim Kondensator.


\includegraphics[width=0.4\textwidth]{em-wellen-002.eps}
Magnetfelder und elektrische Felder bei einer Lecherleitung



\includegraphics[width=0.7\textwidth]{em-wellen-003.eps}
Magnetfelder und elektrische Felder bei einer Doppelleitung aus parallelen Platten


Wir setzen für die $\vec E$-Welle in der Geometrie der obigen Zeichnung an

$\displaystyle E_x(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -E_0\cos\left(kz-\omega t\right)$ (6.9)
$\displaystyle E_y(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle 0$  
$\displaystyle E_z(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle 0$  

Dieses Feld erfüllt die Wellengleichung. Wir behaupten, dass das $\vec B$-Feld durch
$\displaystyle B_x(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle 0$ (6.10)
$\displaystyle B_y(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -\frac{E_0}{c}\cos\left(kz-\omega t\right)$  
$\displaystyle B_z(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle 0$  

gegeben ist. Auch diese Gleichung erfüllt sie Wellengleichung. Wir verwenden die zweite Maxwellgleichung, um zu zeigen, dass die Kopplung richtig ist. Wir schreiben $\textrm{rot} {}\vec E = -(\partial/\partial t)\vec B$ in Komponenten
\begin{displaymath}
\left(\frac{\partial E_z}{\partial y}-\frac{\partial E_y}{\...
...artial B_y}{\partial t};\frac{\partial B_z}{\partial t}\right)
\end{displaymath} (6.11)

Die $x$- und die $z$-Komponenten sind null, nach der Voraussetzung. Die $y$-Komponente lautet
\begin{displaymath}
\frac{\partial E_x}{\partial z} = -\frac{\partial B_y}{\partial t}
\end{displaymath} (6.12)

Mit $c= \omega/k$ ist diese Kopplungsgleichung, die zweite Maxwellgleichung erfüllt. Die vierte Maxwellgleichung ist ebenfalls erfüllt. Aus ihr erhält man
\begin{displaymath}
\frac{\partial E_x}{\partial t} = -c^2\frac{\partial B_y}{\partial z}
\end{displaymath} (6.13)


\includegraphics[width=0.7\textwidth]{em-wellen-004.eps}
Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen


Diese elektromagnetischen Wellen im Innenraum zwischen den beiden Leitern müssen auch in den angrenzenden Leitern Ladungswellen und Stromwellen erzeugen, die mit den Maxwellgleichungen kompatibel sind. Für die Ladungen gilt mit der ersten Maxwellschen Gleichung für die Oberflächenladungsdichte

\begin{displaymath}
\sigma(z,t) = -\epsilon_0E_x(z,t) = \epsilon_0E_0\cdot\cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.14)

Die Oberflächenladungsdichte ist eine fortlaufende Welle. Die Erhaltung der elektrischen Ladung bedingt für die Oberflächenladungsdichte in einem Abschnitt der Breite $b$
\begin{displaymath}
b\cdot\left[j(z+dz,t)-j(z,t)\right]= -\frac{\partial \sigma(z,t)}{\partial t}\cdot b \cdot dz
\end{displaymath} (6.15)

und damit
\begin{displaymath}
\frac{\partial j(z,t)}{\partial z} = -\frac{\partial \sigma...
...partial t} = \epsilon_0 E_0
\cdot\omega\cdot\cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.16)

Die Integration über $z$ und die Verwendung von $c= \omega/k$ ergibt
\begin{displaymath}
j(z,t) =\epsilon_0E_0\cdot c\cdot\cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.17)


\includegraphics[width=0.5\textwidth]{em-wellen-005.eps}
Integrationspfad zur Anwendung des vierten Maxwellschen Gesetzes


Mit dem vierten Maxwellschen Gesetz $ \displaystyle\oint\limits_{S}\vec B\cdot d\vec s = \displaystyle\int\limits_{A...
...\left(\vec i + \epsilon_0\frac{\partial \vec E}{\partial t}\right)\cdot d\vec a$ erhalten wir mit dem eingezeichneten Integrationsweg, da der Term mit $\vec E$ keinen Beitrag gibt (er liegt in der Integrationsebene)

\begin{displaymath}
-B_y(z,t)\cdot h = \mu_0\cdot h \cdot j(z,t) = \mu_0\cdot h\cdot \epsilon_0 \cdot E_0 \cdot c\cdot\cos(kz-\omega
t)
\end{displaymath} (6.18)

Mit $\epsilon_0\cdot\mu_0 = 1/c^2$ folgt
\begin{displaymath}
B_y(z,t) = -\frac{E_0}{c}\cdot\cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.19)

eine identische Gleichung zu der im Zwischenraum abgeleiteten. Die Lösung für die auf dem Zweileitersystem transportierten Wellen ist also kompatibel mit den Maxwellgleichungen. Ladungen und Ströme bewegen sich als Wellen auf der Innenseite der Leiter.

Wellenwiderstand

\framebox[\textwidth][c] {\centering\textbf{Dieser Stoff wurde am 6. 2. 200 behandelt}}

An einer festen Stelle $z$ berechnen wir die E.M.K. zwischen den Leitern.

\begin{displaymath}
U_{emk}(z,t) = \int\limits_{unten}^{oben} \vec E \cdot d \vec s = -d\cdot E_x(z,t) = d \cdot E_0
\cdot\cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.20)

Der gesamte Oberflächenstrom auf der oberen Platte an der Stelle $z$ ist
\begin{displaymath}
I(z,t) = b\cdot j(z,t) = b\cdot \epsilon_0 \cdot E_0\cdot c\cdot \cos(kz-\omega t)
\end{displaymath} (6.21)

Wenn man an einer beliebigen Stelle das Doppelleitersystem entzweischneidet und dort den Widerstand
\begin{displaymath}
R^* = \frac{U_{emk}(z,t)}{I(z,t)} = \frac{d}{b}\sqrt{\frac{\mu_0}{\epsilon_0}}
\end{displaymath} (6.22)

den Wellenwiderstand, anschliesst, gibt es einen reflexionsfreien Abschluss, wir haben eine reine fortlaufende Welle. Das gleiche gilt für jede beliebige fortlaufende Welle, auch wenn sie nicht harmonisch ist.

Das Zweidraht-Doppelleitersystem hat den Wellenwiderstand

\begin{displaymath}
R^* = \frac{1}{\pi} \ln\left(\frac{4a}{d}\right)\sqrt{\frac{\mu_0}{\epsilon_0}}\end{displaymath} (6.23)

Die Grösse
\begin{displaymath}
R^*_0 = \sqrt{\frac{\mu_0}{\epsilon_0}} = 377\Omega\end{displaymath} (6.24)

ist der Wellenwiderstand des Vakuums.

Stehende Wellen

\framebox[\textwidth][c] {\centering\textbf{Dieser Stoff wurde am 6. 2. 2003 behandelt}}

Stehende Wellen werden aus zwei fortlaufenden wellen mit entgegengesetztem Wellenvektor $\vec k$ zusammengesetzt. Dabei müssen $\vec E$, $\vec B$ und $\vec k$ in dieser Reihenfolge ein Rechtssystem bilden6.1. Die nach rechts laufende Welle wurde schon berechnet (hier sind nur die von null verschiedenen Komponenten angegeben)

$\displaystyle E_x(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -E_0\cos(kz-\omega t)$ (6.25)
$\displaystyle B_y(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -\frac{E_0}{c}\cos(kz-\omega t)$  

Die nach links laufende Welle ist dann gegeben durch (Rechtssystem!)
$\displaystyle E'_x(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -E_0\cos(kz+\omega t)$ (6.26)
$\displaystyle B'_y(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{E_0}{c}\cos(kz+\omega t)$  

Die Superposition der beiden Wellen ergibt die folgenden nicht verschwindenden Komponenten
$\displaystyle \hat{E}_x(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -2E_0\cos(kz)\cos(\omega t)$ (6.27)
$\displaystyle \hat{B}_y(z,t)$ $\textstyle =$ $\displaystyle -2\frac{E_0}{c}\sin(kz)\sin(\omega t)$  



\framebox[0.9\textwidth]{\begin{minipage}{0.9\textwidth}\large\textcolor{red}{Im...
...nd
der $\vec B$-Felder gegeneinander um $\lambda/4$ verschoben.}\end{minipage}}


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Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm