Unterabschnitte

Mehrstoffsysteme, Lösungen

Mischung von idealen Gasen

Bei idealen Gasen erfüllen die Teilchensorten das Volumen so, wie wenn sie es alleine ausfüllen würden. Bei idealen Gasen existieren keine langreichweitigen Kräfte. Die Stösse zwischen den unterschiedlichen Molekülsorten gleichen die Temperatur aus, so dass alle Molekülsorten die gleiche Temperatur haben. Für die $ i$-te Teilchensorte können wir also schreiben:

$\displaystyle p_i V = N_i k T = \nu_i R T$ (4.630)

Der Gesamtdruck ist die Summe der Einzeldrucke (Daltonsches Gesetz)

$\displaystyle p=\sum\limits_i p_i$ (4.631)

Mit dem Daltonschen Gesetz (Gleichung (4.359) ) lautet dann die Zustandsgleichung für Mischungen des idealen Gases

$\displaystyle pV = N k T = \sum\limits_i \left(N_i k T\right)$ (4.632)

Die innere Energie dieses Gemisches ist

$\displaystyle U = \sum\limits_i \nu_i \hat{u}_i = \sum\limits_i N_i u_i$ (4.633)

wobei

$\displaystyle \hat{u}_i = c_{V\text{,} mol\text{,} i} T$    

die innere Energie pro mol der Sorte $ i$ und

$\displaystyle u_i = c_{V\text{,} i} T = \frac{c_{V\text{,} mol\text{,} i}}{N_A} T$    

die mittlere innere Energie pro Molekül der Sorte $ i$ ist.

Wärmekapazitäten von Gemischen aus idealen Gasen

Die verschiedenen Molekülsorten des Gasgemisches nehmen den gleichen Raum ein. Die Moleküle wechselwirken, ausser bei Stössen, nicht miteinander. Deshalb sind die resultierenden Wärmekapazitäten die Summe aus den Wärmekapazitäten der einzelnen Teilsysteme, unabhängig davon ob $ V$ oder $ p$ konstant gehalten wird.

$\displaystyle C_V$ $\displaystyle = \sum\limits_i \nu_i c_{V\text{,} mol\text{,} i}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits_i \frac{N_i}{N_A} c_{V\text{,} mol\text{,} i}$ (4.634)
$\displaystyle C_p$ $\displaystyle = \sum\limits_i \nu_i c_{p\text{,} mol\text{,} i}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \sum\limits_i \frac{N_i}{N_A} c_{p\text{,} mol\text{,} i}$ (4.635)

Dabei ist, bei genügend hohen Temperaturen

$\displaystyle C_p - C_V = \nu R$    

oder

$\displaystyle \sum\limits_i \nu_i c_{p\text{,} mol\text{,} i}-\sum\limits_i \nu_i c_{V\text{,} mol\text{,} i} = \sum\limits_i \nu_i R$ (4.636)

Da Gleichung (4.364) für alle Kombinationen von $ \nu_i$ gelten muss, muss für jede einzelne Teilsorte des Gemisches

$\displaystyle c_{p\text{,} mol\text{,} i}-c_{V\text{,} mol\text{,} i} = R$ (4.637)

gelten.

Bei Gemischen haben wir für die obigen Betrachtungen angenommen, dass jede Molekülsorte das ganze Volumen $ V$ einnimmt, dass aber ihr Partialdruck $ p_i$ ein Summand des Gesamtdruckes ist. Ebenso gültig ist die Betrachtung, dass jede Molekülsorte das Teilvolumen $ V_i$ einnimmt, dass nun aber der Druck der Molekülsorte gleich dem Gesamtdruck $ p$ ist.

$\displaystyle V_i = V\cdot \frac{p_i}{p}$ (4.638)

Reversible Entmischung





\includegraphics[width=0.8\textwidth]{thermodynamik-020}
Reversible Entmischung mit teildurchlässigen Membranen




Wir betrachten als Gedankenexperiment das Teilsystem aus der Abbildung 4.65. Die beiden Volumina $ V_1$ und $ V_2$ sollen gegeneinander verschiebbar sein. Die Membrane (Wand) $ H_1$, die das Volumen $ V_1$ nach rechts abschliesst, soll für die Molekülsorte $ 2$ durchlässig, für die Sorte $ 1$ aber undurchlässig sein. Ebenso soll die Membrane $ H_2$ für die Molekülsorte $ 1$ durchlässig und für die Sorte $ 2$ undurchlässig sein. Solche halbdurchlässigen Membranen existieren, zum Beispiel in Zellen. Hier wollen wir annehmen, dass die Membranen für die Molekülsorte, für die sie durchlässig ist, wie nicht-existent sein soll. Die beiden Membranen $ H_1$ und $ H_2$ bewirken also, dass sich im Überschneidungsgenbiet der beiden Volumina $ V_1$ und $ V_2$ beide Molekülsorten befinden.

Wenn man die beiden Volumina auseinander bewegt, so erzwingen die halbdurchlässigen Membranen, dass die Molekülsorten $ 1$ und $ 2$ getrennt werden. Wir wollen nun die beiden Zylinder von aussen um $ dx$ auseinander bewegen. Dabei soll der Zylinder $ 1$ ruhend sein.



Wand Druck Weg Arbeit
$ H_2$ $ p_2$ $ -dx$ $ dW_1$ = $ -A  p_2  dx$
$ G_2$ $ p_2$ $ dx$ $ dW_2$ = $ A  p_2  dx$
$ H_1$ $ p_1$ 0 $ dW_3$ = 0
$ G_1$ $ p_1$ 0 $ dW_1$ = 0
Arbeit bei der reversiblen Entmischung


Die gesamte mechanische Arbeitsleistung ist dabei

$\displaystyle dW = dW_1 +dW_2+dW_3+dW_4 = 0$    

Die Entmischung benötigt also keine Energiezufuhr. Die innere Energie unseres abgeschlossenen, isolierten Gesamtsystems ändert sich nicht. Deshalb kann sich das System nie aus dem Gleichgewicht entfernen. Die Entmischung (und damit auch die Mischung) verlaufen reversibel. Für die Entropie gilt andererseits

$\displaystyle S$ $\displaystyle = S_1 + S_2$    
$\displaystyle S(T$,$\displaystyle  V)$ $\displaystyle = S_1(T$,$\displaystyle  V)+S_2(T$,$\displaystyle  V)$ (4.639)
$\displaystyle S(T$,$\displaystyle  p)$ $\displaystyle = S_1(T$,$\displaystyle  p)+S_2(T$,$\displaystyle  p)$ (4.640)

Bei $ m$ Komponenten jeweils mit der Molzahl $ \nu_i$ ist die Gesamtentropie

$\displaystyle S\left(T\text{,} p\text{,} \nu_1\text{,} \nu_2\text{,} \ldots...
...nu_{m}\right) = \sum\limits_{i=1}^{m}\nu_i \hat{s}_i\left(T\text{,} p_i\right)$ (4.641)

wobei $ \hat{s}_i$ die Entropie pro mol der Komponente $ i$ ist.

Entropiezunahme und Diffusion

Dieser Stoff wurde am 16. 07. 2007 behandelt

\includegraphics[height=8mm]{icon-mat} Materialien

Folien zur Vorlesung am 16. 07. 2007 PDF


Wir betrachten $ m$ Komponenten mit den Molzahlen $ \nu_i$ und der Temperatur $ T$, die getrennt sein sollen. Der Druck jeder Komponente $ i$ wird durch isotherme Kompression auf den gewünschten Druck des Gesamtsystems, $ p$, gebracht. Die jeweiligen Teilvolumina sind dann $ V_i$. Die Gesamtentropie $ S_0$ der $ m$ getrennten Teilsysteme ist einfach die Summe der Teilentropien.

$\displaystyle S_0 = \sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \hat{s}_i(T$,$\displaystyle  p)$ (4.642)

(alle Teilsysteme haben die gleiche Temperatur und den gleichen Druck!) Wir bringen nun die Teilsysteme zusammen und entfernen die Trennwände. Da der Druck und die Temperatur in jedem Teilsystem gleich sein sollen, bewirkt die Entfernung der Trennwände eine Durchmischung der Teilkomponenten, ohne dass aber bei diesen idealen Gasen die Temperatur oder der Druck sich ändert. Das neue Volumen ist $ V=\sum V_i$. Die Teilkomponenten haben nun im Volumen $ V$ den Partialdruck $ p_i$. Die Entropieänderung durch die Diffusion ist

$\displaystyle S-S_0 = \sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \left\{\hat{s}_i\left(T\text{,} p_i\right) - \hat{s}_i\left(T\text{,} p\right)\right\}$ (4.643)

Aus unseren früheren Überlegungen mit dem Überströmen eines Gases aus einem Kompartiment in zwei wissen wir, dass

$\displaystyle \hat{s}_i\left(T\text{,} p_i\right) - \hat{s}_i\left(T\text{,} ...
...n\left(\frac{V_{mol}}{V_{mol\text{,} i}}\right)=R\ln\left(\frac{p}{p_i}\right)$ (4.644)

ist. Gleichung (4.371) kann mit den Partialdrucken $ p_i$ als

$\displaystyle S-S_0 = R\sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \ln\left(\frac{p}{p_i}\right)$ (4.645)

geschrieben werden. Aus Gleichung (4.373) folgt sofort, dass bei der Mischung die Entropie steigen muss, da aus $ p>p_i$ folgt dass $ \ln(p/p_i)>0$ ist und damit $ S-S_0>0$.

Die Diffusion ist ein irreversibler Prozess!

Die Verhältnisse des Gesamtdrucks zu den Partialdrucken sind proportional zu den Verhältnissen der Gesamtteilchenzahl zu den Teilchenzahlen der Teilkomponenten

$\displaystyle \frac{p}{p_i}=\frac{N}{N_i}=\frac{\nu}{\nu_i}$    

Damit ist die Entropiezunahme bei der diffusiven Mischung von $ m$ Teilchenzahlen

$\displaystyle S-S_0 = R\sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \ln\left(\frac{\nu}{\nu_i}\right)= R\left[\nu\ln\nu-\sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \ln\nu_i\right]$ (4.646)

Die Grösse

$\displaystyle S-S_0 = R\left[\nu\ln\nu-\sum\limits_{i=1}^{m} \nu_i \ln\nu_i\right]$ (4.647)

ist die Mischungsentropie bei der Mischung von $ m$ Molekülsorten. Sie ist unabhängig vom der Art der zu mischenden Moleküle.

Wenn wir nun zwei Volumina voll mit gleichartigen Molekülen mischen, müsste natürlich

$\displaystyle S-S_0=0$    

sein. Dazu müssen wir einen Grenzübergang betrachten,d er zwei unterschiedliche Molekülsorten kontinuierlich zu einer Sorte macht. Dieser Grenzübergang ist offensichtlich nicht machbar und unsinnig (Gibbsches Paradoxon).

Aus der Unmöglichkeit des kontinuierlichen Übergangs muss man schliessen, dass Atome nur in diskreten Zuständen vorkommen können.


Beispiel:


Edelgase als beste Approximationen des idealen Gases zeigen die Mischungsentropie. Sogar Orthowasserstoff und Parawasserstoff (zwei Spinzustände) sind nicht ohne Entropiezunahme mischbar.

Entropie bei Mehrstoffsystemen

Bei Systemen mit mehreren Molekülesorten sind die Anzahlen $ N_{i}$ thermodynamische Zustandsgrössen. Wir hatten früher die Entropie als Funktion der inneren Energie und des Volumens betrachtet:

$\displaystyle S=S\left( U\text{,} V\right)$    

Nun müssen die Entropie als Funktion von innerer Energie, Volumen und $ m$ Teilchenzahlen betrachten.

$\displaystyle S=S\left( U\text{,} V\text{,} N_{1}\ldots N_{m}\right)$ (4.648)

Wir nehmen zuerst an, dass alle $ N_{i}$ konstant sind. Dies ist gleichbedeutend, dass keine chemischen und kernphysikalischen Reaktionen vorkommen. Das Differential der Entropie war durch

$\displaystyle dS=\frac{\delta Q}{T}=\frac{dU+pdV}{T}$ (4.649)

gegeben. Die partiellen Ableitungen der Entropie sind dann

$\displaystyle \left( \frac{\partial S}{\partial U}\right) _{V\text{,} N}$ $\displaystyle =\frac{1} {T}$    
$\displaystyle \left( \frac{\partial S}{\partial V}\right) _{U\text{,} N}$ $\displaystyle =\frac{p}{T}$ (4.650)

Die Indizes bei der partiellen Differentiation heissen, dass die betreffenden Variablen konstant sind. Wir vereinbaren, dass der Index $ N$ bedeutet, dass alle $ N_{i}$ konstant sind.

Unsere Diskussion der verallgemeinerten Kräfte legt nahe, dass zur extensiven Grösse $ N_i$ eine intensive Grösse $ \mu_i$ gehören muss. Wir definieren

$\displaystyle \mu_{i}=-T\left( \frac{\partial S}{\partial N_{i}}\right) _{U\text{,} V\text{,} N}$ (4.651)

Hier bedeutet der Index $ N$ bei der Differentiation, dass alle $ N_{j}$ mit $ j\neq i$ konstant gehalten werden.

$ \mu_{i}$ ist das chemische Potential pro Molekül. Seine Einheit ist $ \left[\mu\right]=J$.

Das vollständige Differential der Entropie ist also

$\displaystyle dS=\frac{1}{T}dU+\frac{p}{T}dV-\sum\frac{\mu_{i}}{T}dN_{i}$ (4.652)

Je nachdem, welche Randbedingungen wir für das thermodynamische System verwenden, müssen wir das dazugehörige thermodynamische Potential verwenden. Daraus folgt

$\displaystyle \mu_{i}=\left( \frac{\partial U}{\partial N_{i}}\right) _{S\text{...
... N}=\left( \frac{\partial G}{\partial N_{i}}\right) _{T\text{,} p\text{,} N}$ (4.653)

Alle thermodynamischen Potentiale sind extensive Grössen. Zum Beispiel gilt für die freie Enthalpie $ G=G\left(
T\text{,} p\text{,} N\right) $ bei nur einer Substanz

$\displaystyle G\left( T\text{,} p\text{,} N\right) =Ng'\left( T\text{,} p\right)$ (4.654)

wobei $ g'$ die freie Enthalpie pro Teilchen ist. Wir können aber auch schreiben

$\displaystyle \mu_{1}=\left( \frac{\partial G}{\partial N_{1}}\right) _{T\text{,} p}=g'\left( T\text{,} p\right)$ (4.655)

Das chemische Potential $ \mu$ ist die freie Enthalpie pro Teilchen oder die freie Enthalpie pro Molekül.

Achtung: Bei mehreren Komponenten ist das chemische Potential nicht die freie Enthalpie pro Teilchen!

$\displaystyle \mu_{i}=\left( \frac{\partial G}{\partial N_{i}}\right) _{p\text{,} T\text{,} N}\neq\frac {G}{N_{i}}$ (4.656)

Aus der Definition der inneren Energie

$\displaystyle U=TS-pV+\sum\limits_{i=1}^m \mu_{i}N_{i}$    

bekommen wir ganz allgemein das totale Differential

$\displaystyle dU=TdS+SdT-pdV-Vdp+\sum\limits_{i=1}^m \mu_{i} dN_{i}+\sum\limits_{i=1}^m N_{i} d\mu_{i}$ (4.657)

Andererseits wissen wir, dass $ U(S$,$  V$,$  N_i)$ ist. Das Differential kann nur mit den freien Variablen gebildet werden.

$\displaystyle dU=TdS-pdV+\sum\limits_{i=1}^m\mu_{i}dN_{i}$    

Deshalb muss die Summe der in Gleichung (4.385) für das totale Differential der inneren Energie nicht verwendeten Summanden identisch null sein. Dies führt auf die Gibbs-Duhem-Gleichung.

$\displaystyle SdT-Vdp+\sum\limits_{i=1}^m N_{i}d\mu_{i}=0$ (4.658)

Gibbs-Duhem-Gleichung

Chemische Potentiale und weitere Maxwellrelationen

(Siehe Sommerfeld, Thermodynamik und Statistik [Som77, pp. 71-77])

Für den Fall, dass neben den intensiven Grössen Druck $ p$ und Temperatur $ T$ und den dazu gehörigen extensiven Grössen innere Energie $ U$ und Volumen $ V$ weitere extensive Grössen $ x_i$ mit den dazu gehörigen verallgemeinerten Kräften $ X_i$ vorhanden sind, kann man den ersten und zweiten Hauptsatz zusammenfassen. Die Grössen $ x_i$ sind allgemein. Die Teilchenzahl $ N_i$ ist nur ein Beispiel.

$\displaystyle TdS = dU + pdV + \sum\limits_{i=1}^m X_i dx_i$ (4.659)

Bei variablen Teilchenzahlen ist $ x_i = N_i$ und die dazugehörigen verallgemeinerten Kräfte $ X_i = -\mu_i$. Wir haben also

$\displaystyle TdS$ $\displaystyle = dU + pdV -\sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$    
$\displaystyle dU$ $\displaystyle = TdS - pdV + \sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$ (4.660)

Analog bekommen wir

$\displaystyle dH$ $\displaystyle = dU + d(pV)$   $\displaystyle = TdS + Vdp + \sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$ (4.661)
$\displaystyle dF$ $\displaystyle = dU - d(TS)$   $\displaystyle = -SdT -pdV + \sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$ (4.662)
$\displaystyle dG$ $\displaystyle = dU + d(pV)-d(TS)$   $\displaystyle = -SdT + Vdp + \sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$ (4.663)

Daraus bekommen wir durch Ableiten

$\displaystyle \mu_i$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial U}{\partial N_i}\right)_{S\text{,} V\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.664)
$\displaystyle \mu_i$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial H}{\partial N_i}\right)_{S\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.665)
$\displaystyle \mu_i$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial F}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} V\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.666)
$\displaystyle \mu_i$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial G}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.667)

Analog zu früher können wir weiter Maxwellrelationen aus den zweiten Ableitungen bestimmen. Betrachten wir $ G$.

$\displaystyle dG$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial G}{\partial T}\right)_{p\text{,} N_j}dT+ ...
...(\frac{\partial G}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}dN_i$    
  $\displaystyle = -SdT + Vdp + \sum\limits_{i=1}^m \mu_i dN_i$ (4.668)

Daraus ergibt sich zum Beispiel

$\displaystyle S$ $\displaystyle = -\left(\frac{\partial G}{\partial T}\right)_{p\text{,} N_j}$ (4.669)
$\displaystyle \mu_i$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial G}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.670)

Die zweiten Ableitungen müssen von der Reihenfolge unabhängig sein, also

$\displaystyle \frac{\partial^2 G}{\partial T \partial N_i}$ $\displaystyle = \frac{\partial^2 G}{\partial N_i \partial T }$    
$\displaystyle \left(\frac{\partial}{\partial T}\left(\frac{\partial G}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}\right)_{p\text{,} N_j}$ $\displaystyle = \left(\frac{\partial}{\partial N_i}\left(\frac{\partial G}{\partial T}\right)_{p\text{,} N_j}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}$    
$\displaystyle \left(\frac{\partial \mu_i}{\partial T}\right)_{p\text{,} N_j}$ $\displaystyle = - \left(\frac{\partial S}{\partial N_i}\right)_{T\text{,} p\text{,} N_{j\neq i}}$ (4.671)

Zweiphasensystem als Zweikomponentensystem

Wir betrachten nun ein Zweiphasensystem als ein System aus zwei Komponenten $ N_{1}$ und $ N_{2}$. Zum Beispiel könnte $ N_1$ die Anzahl Teilchen von $ CO_2$ in der Gasphase und $ N_2$ die Anzahl der $ CO_2$-Teilchen in der Flüssigphase sein.





\includegraphics[width=0.2\textwidth]{thermodynamik-177}
Zweiphasensystem als System zweier Komponenten




Es gilt:

$\displaystyle U_{1}+U_{2}$ $\displaystyle =U=const.$    
$\displaystyle V_{1}+V_{2}$ $\displaystyle =V=const.$    
$\displaystyle N_{1}+N_{2}$ $\displaystyle =N=const.$ (4.672)

wobei die Grössen der Teilphasen nicht konstant sind!

Weiterhin muss die Entropie

$\displaystyle S =S\left( U_{1}\text{,} V_{1}\text{,} N_{1}; U_{2}\text{,} V_...
...\text{,} N_{1}\right) +S_{2}\left( U_{2}\text{,} V_{2} \text{,} N_{2}\right)$ (4.673)

maximal sein

$\displaystyle dS =dS_{1}+dS_{2}=0$ (4.674)

Aus Gleichung (4.400) folgt aber auch

$\displaystyle dU_{1}+dU_{2}$ $\displaystyle =0$ $\displaystyle dV_{1}+dV_{2}$ $\displaystyle =0$ $\displaystyle dN_{1}+dN_{2}$ $\displaystyle =0$ (4.675)

Wir führen die Differentiation aus und erhalten

$\displaystyle dS$ $\displaystyle =\left( \frac{1}{T_{1}}dU_{1}+\frac{p_{1}}{T_{1}}dV_{1}-\frac{\mu...
...}{T_{2}}dU_{2}+\frac{p_{2}}{T_{2} }dV_{2}-\frac{\mu_{2}}{T_{2}}dN_{2}\right) =0$    
  $\displaystyle =\left( \frac{1}{T_{1}}-\frac{1}{T_{2}}\right) dU_{1}+\left( \fra...
...right) dV_{1}-\left( \frac{\mu_{1}} {T_{1}}-\frac{\mu_{2}}{T_{2}}\right) dN_{1}$ (4.676)

Wie immer müssen die Vorfaktoren der einzelnen Differentiale einzeln verschwinden. Daraus folgt

$\displaystyle \frac{1}{T_{1}}-\frac{1}{T_{2}}$ $\displaystyle =0$ $\displaystyle \Rightarrow$   $\displaystyle T_{1}$ $\displaystyle =T_{2}$    
$\displaystyle \frac{p_{1}}{T_{1}}-\frac{p_{2}}{T_{2}}$ $\displaystyle =0$ $\displaystyle \Rightarrow$   $\displaystyle p_{1}$ $\displaystyle =p_{2}$    
$\displaystyle \frac{\mu_{1}}{T_{1}}-\frac{\mu_{2}}{T_{2}}$ $\displaystyle =0$ $\displaystyle \Rightarrow$   $\displaystyle \mu_{1}$ $\displaystyle =\mu_{2}$ (4.677)

Wir kommen also zur Aussage:

Im Phasengleichgewicht sind Temperatur, Druck und die chemischen Potentiale gleich.

Bei reinen Phasen gilt auch: $ g_{1}=g_{2}$ (Gleichheit der freien Enthalpie pro Molekül)

Sind verschiedene Teile eines Gesamtsystems im Gleichgewicht, gilt allgemein

$\displaystyle \mu_{1}\left( T\text{,} p\right)$ $\displaystyle =\mu_{2}\left( T\text{,} p\right)$ (4.678)

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm