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2.3  Die Fresnelschen Formeln



Literatur


(Siehe Hecht, Optik [Hec05, pp. 190]) (Siehe Gerthsen, Physik [Mes06, pp. 539])

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Das gleiche Gebäude mit Polarisationsfilter aufgenommen. Die Achse des Polarisationsfilters wurde dabei um 90° gedreht. Links sind die Reflexionen im Glas kaum zu erkennen, rechts ist dafür der Kontrast des Himmels schwächer.

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Die beiden Aufnahmen in Abbildung 2.3 wurden mit dem Polarisationsfilter in zwei um 90° gedrehten Stellungen aufgenommen. Links wird durch den Polarisator das diffus gestreute Licht mit der falschen Polarisation unterdrückt. Links ist die Spiegelung des linken Gebäudes im rechten nicht sichtbar, Die Fensterfront ist hell. Rechts ist das linke Gebäude dunkel. Das bedeutet, dass das gespiegelte Licht polarisiert ist. Die im folgenden abgeleiteten Fresnelschen Formeln erklären dieses Phänomen, aber auch die Spiegelung an Metallen. Sie beschreiben die Wechselwirkung von elektromagnetischen Wellen mit Grenzflächen jeder Art.

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Definition der s-Polarisation und der p-Polarisation

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Die Reflexion und die Brechung von elektromagnetischen Wellen werden durch die Maxwellschen Gleichungen und die daraus abgeleiteten Randbedingungen bestimmt. Die resultierenden Beziehungen für die Amplituden und die Intensitäten werden die Fresnelschen Formeln genannt. Zur Berechnung verwenden die Definitionen

Wir betrachten eine Welle Ee, die aus dem Medium mit μ1 und 𝜀1 auf eine ebene Grenzfläche zum Medium mit μ2 und 𝜀2 fällt. Neben der einfallenden Welle existierten eine reflektierte und eine transmittierte elektromagnetische Welle

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Gegeben sind Ee, μ1, 𝜀1, μ2, 𝜀2, ke und ωe(|ke|). An den Grenzflächen gilt

Sei en der Normaleneinheitsvektor auf die Grenzfläche. Der resultierende Vektor des Kreuzproduktes von Ee mit en liegt senkrecht zu en und damit in der Grenzfläche der beiden Medien. Um den Tangentialvektor in die ursprüngliche Richtung zurück zu drehebn, wenden wir nochmals ein Kreuzprodukt mit en an. Unabhängig von der Richtung von Ee bekommt man mit dieser Operation immer die Komponente von Ee tangential zur Grenzfläche

Ee,tangential = en × Ee × en
(2.2)

Mit der gleichen Methode kann man auch die Komponenten der Vektoren Er und Et in der Grenzfläche berechnen. Die Bedingung der Stetigkeit der Tangentialkomponente des elektrischen Feldes kann dann mit den Kreuzprodukten so geschrieben werden

en ×  Ee × en + en × Er  × en = en ×  Et × en
(2.3)

Die Gleichung besagt, dass die Summe der Tangentialkomponenten des elektrischen Feldes im Medium 1 (einfallende und reflektierte Welle) gleich der Tangentialkomponente der transmittierten Welle ist. Für alle Zeiten und alle Orte auf der Grenzfläche gilt

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wobei r nach Definition ein Vektor in der Grenzfläche ist, also mit en·r = 0. Damit Gleichung (2.4) zu allen Zeiten an einem beliebigen Punkt gilt, müssen die Kreisfrequenzen gleich sein

ωe = ωr = ωt
(2.5)

Weiter muss dann gelten: Die Gleichung (2.4) muss für alle Zeiten und alle Orte auf der Grenzfläche gelten. Deshalb gilt

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r zeigt auf einen Punkt in der Grenzfläche. Da der Ursprung des Koordinatensystems nicht in der Grenzfläche liegen muss, ist r im Allgemeinen nicht parallel zur Grenzfläche. Aus der ersten Gleichung in (2.6) folgt

((k  − k  )·r )              = φ
   e    r     in der Grenzfläche    r
(2.7)

Eine Gleichung vom Typ a·r = ϖ beschreibt eine Ebene. Die Endpunkte von r liegen in der Ebene mit dem Normalenvektor a. ϖ gibt die Verschiebung zum Nullpunkt an. Gleichung (2.7) ist also die Gleichung einer Ebene, die senkrecht zu ke kr liegt. Andererseits wissen wir, nach unserer Konstruktion, dass r in der Grenzfläche mit dem Normalenvektor en liegt. en ist also parallel zu ke kr. Weiter sind beide Wellen im gleichen Medium 1, das heisst |ke| = ke = |kr| = kr. Wir können also schreiben

e  × (k  − k ) = 0
 n     e    r
(2.8)

Mit Beträgen geschrieben heisst dies

kesinα  = kr sinβ ⇒ sin α = sinβ ⇒  α =  β
(2.9)

Dabei ist α der Winkel zwischen der Oberflächennormale en und dem Wellenvektor der einfallenden Welle ke und β der Winkel zwischen der Oberflächennormale en und dem Wellenvektor der reflektierten Welle kr.

Das Reflexionsgesetz besagt, dass

α = β
(2.10)

(Einfallswinkel=Ausfallswinkel)

Aus Gleichung (2.6) folgt weiter

((ke − kt)·r )Grenzfläche = φt
(2.11)

Gleichung (2.7) ist also die Gleichung einer Ebene, die senkrecht zu ke kt liegt. Andererseits wissen wir, nach unserer Konstruktion, dass r in der Grenzfläche mit dem Normalenvektor en liegt. en ist also parallel zu ke kt. Wir können also schreiben

en × (ke − kt) = 0
(2.12)

Mit Beträgen geschrieben heisst dies

kesinα =  ktsin γ
(2.13)

Dabei ist α der Winkel zwischen der Oberflächennormale en und dem Wellenvektor der einfallenden Welle ke und γ der Winkel zwischen der Oberflächennormale en und dem Wellenvektor der transmittierten Welle kt. Aus der Wellengleichung folgt

ω             1
-- = ci = √----------
ki          μiμ0𝜀i𝜀0
(2.14)

Da ωe = ωr = ωt ist, kann Gleichung (2.13) auch als

ωe         ωt
---sinα =  ---sin γ
ce         ct
(2.15)

oder

√ ---------        √ ---------        √ -----       √ -----
  μ1μ0 𝜀1𝜀0sin α =    μ2μ0𝜀2𝜀0 sin γ ⇒    μ1𝜀1sin α =   μ2 𝜀2sin γ
(2.16)

Mit der Definition (2.4) (n = √ ---
  μ 𝜀) bekommt man auch

n1 sin(α ) = n2sin(γ)
(2.17)

Dies ist das Brechungsgesetz nach Snellius.

Schliesslich können wir noch eine Beziehung der Tangentialkomponenten aller Felder erhalten. Analog zur Gleichung (2.3) können wir die Tangentialkomponenten der Wellenvektoren angeben:

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Wir subtrahieren Gleichung (2.18a) von Gleichung (2.18b), beziehungsweise von Gleichung (2.18c).

Setzen wir mit Gleichung (2.8) für kr ke = Γreen und kke = Γteen erhalten wir

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Die Tangentialkomponenten der Wellenvektoren der einfallenden, reflektierten und gebrochenen Wellen sind gleich.

ke,tangential = kr,tangential = kt,tangential
(2.20)

Die Änderung der Ausbreitungsrichtung bei Reflexion und Brechung stammt alleine von den Komponenten der Wellenvektoren, die parallel zum Normalenvektor der Grenzfläche liegen.

2.3.1  s-Polarisation



Folien zur Vorlesung vom 16. 07. 2009
Aufgabenblatt 14 für das Seminar vom 22. 07. 2009 (Ausgabedatum 16. 07. 2009).


Zur Berechnung der Amplitude der reflektierten und transmittierten Wellen mit einer allgemeinen Polarisation verwenden wir zwei orthogonale Polarisationsrichtungen, die s-Polarisation und die p-Polarisation. Jeder Polarisationszustand kann als Linearkombination der s-Polarisation und der p-Polarisation geschrieben werden.

Wir beginnen die Rechnungen für elektromagnetische Wellen mit einer Polarisation senkrecht zur Einfallsebene (s-Polarisation).

Wenn in den beiden angrenzenden Medien die Dielektrizitätskonstanten 𝜀1 und 𝜀2 sind, dann muss der Pointingvektor (Energiestrom) senkrecht zur Grenzfläche an der Grenzfläche kontinuierlich sein, also

1∘ -𝜀1𝜀0 (       )         1∘ -𝜀2𝜀0
-- -----  E2e − E2r  cosα =  -- -----E2t cosγ
2  μ1 μ0                   2  μ2 μ0
(2.21)

wobei α und γ die Winkel zur Oberflächennormalen en sind, Ee ist die Amplitude der E-Feldkomponente der einfallenden elektromagnetischen Welle parallel zur Oberfläche (s-Polarisation), Er die Amplitude der reflektierten und Et die der gebrochenen elektromagnetischen Welle.

Die Komponente von E parallel zur Oberfläche muss stetig sein, also ist nach Gleichung (2.3)

Ee + Er = Et
(2.22)

Aus der Kombination der Gleichungen (2.21) und (2.22) erhalten wir die Fresnelschen Gleichungen für die s-Polarisation.

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Mit den Brechungsindizes n1 = √ -----
  μ1𝜀1 und n2 = √ -----
  μ2𝜀2 erhält man

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Nach dem Brechungsgesetz ist

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Wir setzen dies ein und erhalten

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Wir setzen Ee + Er = Et ein und bekommen die Fresnelsche Formeln für die s-Polarisation

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Dabei ist

√ μ--𝜀-sin α =  √ μ-𝜀-sin γ
    1 1           2 2

Für nichtmagnetische Materialien können die Fresnelgleichungen für die s-Polarisation umgeschrieben werden

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Dabei ist

√ 𝜀1sin α =  √ 𝜀2sinγ

Die Fresnelsche Formeln für die Intensität bei der s-Polarisation für nichtmagnetische Materialien lauten

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Wir haben die einfallende Intensität Ie = n1𝜀0c
 2Ee2 als Referenz verwendet. Deshalb erscheint der Vorfaktor nn21 für It. Im Medium mit dem Brechungsindex n2 wird die Energie mit einer anderen Geschwindigkeit transportiert als im Medium mit dem Brechungsindex n1. Ist n2 grösser als n1. so ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit kleiner und I2 muss grösser werden.

Bei fast senkrechtem Einfall erhalten wir

2.3.2  p-Polarisation

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Stetigkeitsbedingungen für elektromagnetische Wellen mit p-Polarisation. Die dicken Vektoren stellen die k-Vektoren dar (rot für die einfallende elektromagnetische Welle, grün für die reflektierte und blau für die gebrochene elektromagnetische Welle.). Die E-Vektoren sind gestrichelt gezeichnet, ihre Projektion auf die Grenzfläche dünn.

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Bei p-polarisierten elektromagnetischen Wellen ist die Bedingung für die Stetigkeit der Parallelkomponente von E durch

(Ee − Er)cos α = Etcos γ
(2.29)

gegeben. Weiter gilt immer noch die Beziehung für den Poynting-Vektor (Energieerhaltung)

∘-𝜀- (       )         ∘ 𝜀--
  -1- E2e − E2r  cosα =    -2E2t cosγ
  μ1                     μ2
(2.30)

Wir teilen die beiden Gleichungen und lösen das Gleichungssystem und erhalten die Fresnelsche Formeln (p-Polarisation):

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Für nichtmagnetische Materialien vereinfachen sie sich unter Verwendung der Brechungsindizes zu

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Bei senkrechtem Einfall gilt cos α cos γ 1 und damit

Dass das Vorzeichen von Er anders ist als bei der s-Polarisation hängt mit der Definition der lokalen Koordinatensystem der reflektierten Wellen zusammen und ist kein Wiederspruch.

Die Brechungsindizes n1 und n2 können mit dem Snelliusschen Gesetz n1 sin α = n2 sin γ eliminiert werden

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Die Fresnelschen Formeln für die Intensität bei nichtmagnetischen Materialien lauten

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Wir haben die einfallende Intensität Ie = n1𝜀0c
 2Ee2 als Referenz verwendet. Deshalb erscheint der Vorfaktor n2
n1 für It.

Bei senkrechtem Einfall erhalten wir

2.3.3  Grenzfall des senkrechten Einfalles

Im Grenzfall α 0 stimmen die Resultate für die s- und p-Polarisation überein. In diesem Falle ist

Ir  It   n2 − 2n1n2  + n2    4n1n2       n2+  2n1n2 + n2
--+ -- = --1---------2--2+ ---------2 =  -1---------2--2-= 1,
Ie  Ie      (n1 + n2)      (n1 + n2)       (n1 + n2 )
(2.35)

also ganz klar die Energie erhalten. Der Faktor n2∕n1 ist notwendig dazu.

2.3.4  Brewster-Winkel

Wenn bei der p-Polarisation in der Gleichung (2.33) für Er der Nenner α + γ(α) = π∕2 ist, divergiert er. Wir erhalten also Er(α = π∕2 γ(α)) = 0. Dies ist der Brewster-Winkel. Beim Brewsterwinkel gegeben durch α + γ(α) = π∕2 ist Er,p für die p-Polarisation gleich null. Die elektromagnetische Welle ist s-polarisiert!

Mit dem Snelliusschen Brechungsgesetz folgt

                  (   )
                    n2-
αBrewster = arctan   n1
(2.36)

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Polarisation bei der Spiegelung an Wasser. Links ist der Analysator so gestellt, dass dass das an der Wasseroberfläche reflektierte Licht durchgelassen wird. Rechts die gleiche Szene, aber der Analysator blockt das an der Wasserfläche reflektierte Licht.

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Polarisation bei der Spiegelung an Wasser. Die beiden Bilder aus Abbildung 2.3.4 sind hier übereinandergelegt.Die Trennlinie läuft entlang des Baumstammes.

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Polarisation bei der Spiegelung an Wasser. Linkes und rechtes Bild wurden mit zwei Stellungen des Polarisationsfilters aufgenommen.

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2.3.5  Beispielkurven für die Fresnelformeln

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Verlauf der Amplitude des elektrischen Feldes (links) und der Intensität(rechts) für p- und s-Polarisation, wenn elektromagnetische Wellen aus dem schnelleren Medium (n1 = 1) in das langsamere (n2 = 1.5) eintreten. Die Intensität ist mit I = niE2 berechnet worden, wobei ni die für das jeweilige Medium gültige Brechzahl ist.

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Verlauf der Amplitude des elektrischen Feldes (links) und der Intensität(rechts) für p- und s-Polarisation, wenn elektromagnetische Wellen aus dem langsameren (n1 = 1.5) Medium in das schnellere (n2 = 1) eintreten. Die Intensität ist mit I = niE2 berechnet worden, wobei ni die für das jeweilige Medium gültige Brechzahl ist.

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2.3.6  Evaneszente Wellen



Literatur


(Siehe Hecht, Optik [Hec05, pp. 193,196])

Aus den letzten Abbildungen ist ersichtlich, dass, wenn elektromagnetische Wellen aus dem langsameren Medium (n1) in das schnellere n2 < n1 eintreten, es Winkel γ gibt ((n1∕n2) sin α = sin γ > 1), für die es keine reelle Lösung der Fresnelschen Formeln gibt. Die Lösung ist dann in die z-Richtung rein imaginär. Dies heisst, dass auch die z-Komponente des k-Vektor der elektromagnetischen Welle im schnelleren Medium imaginär wird. Darum wird aus eikzz mit kz = z der exponentielle Dämpfungsfaktor eκzz, wobei κz vom Einfallswinkel abhängt. Die elektromagnetischen Wellen aus dem langsameren Medium können sich im schnelleren Medium also nicht weiter in die z-Richtung bewegen: Wegen der Energieerhaltung ist die Reflexion perfekt.

Eine kurze Rechnung zeigt,

dass im Falle der Totalreflexion (n1 sin(α) n2 und damit n22 n 12 sin 2(α) 0) der Betrag von k t,senkrecht

                   ∘ ---------------
kt,senkrecht = ±ikvac  n2 sin2 (α ) − n2=  iκt
                       1           2
(2.37)

ist. Die physikalisch sinnvolle Lösung für einen unendlich ausgedehnten Halbraum mit dem Brechungsindex n2 ist die exponentiell abfallende Lösung

             i(kt,tangential·r −ωt) − κtz
E (r,t) = Ete                e
(2.38)

Die resultierende Welle im Medium 2 hat dann die zeitgemittelte Intensität

I(x,z) = I0e−2κtz
(2.39)

Wir erhalten also für die Intensität einen exponentiellen Abfall mit einer Abfalllänge

ℓ  =  -1--= λvac-∘------1---------
 0    2κt    4π    n2sin2(α) − n2
                    1           2
(2.40)

Wenn eine Welle mit der Vakuumwellenlänge λvac = 500 nm und dem Einfallswinkel α = 5π∕12 = 75° von einem Medium mit dem Brechungsindex n1 = 1.55 in Luft n2 = 1 übertritt, ist λ0 = 35.71 nm.



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