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Gekoppelte Schwingungen

Dieser Stoff wurde am 22.1.2002 behandelt
(Siehe Gerthsen, Physik[GV95, 181])

\includegraphics[width=0.8\textwidth]{schwingung-gekoppelte-Pendel.eps}

Gekoppelte Pendel. Zwei mathematische Pendel im Abstand $ d$ mit jeweils der Länge $ L$ sind mit einer masselosen Feder der Ruhelänge $ d$ und der Federkonstante $ k$ gekoppelt.


Wenn das linke Pendel um $ \phi_1$ und das rechte Pendel um $ \phi_2$ ausgelenkt wird (in beiden Fällen wird nach rechts positiv gezählt), dann verändert sich die Länge der Feder um

$\displaystyle \Delta d = \ell\left(\sin\phi_1-\sin\phi_2\right) \approx \ell(\phi_1-\phi_2)$ (8.517)

für kleine Auslenkungen. Deshalb ist die Kraft, die auf das linke Pendel ausgeübt wird

$\displaystyle F_{F,1} = -k\Delta d \approx -k\ell(\phi_1-\phi_2)$ (8.518)

Entsprechend ist die Kraft auf das rechte Pendel

$\displaystyle F_{F,2} = -k(-\Delta d) \approx k\ell(\phi_1-\phi_2)$ (8.519)

Diese Kräfte entsprechen den Drehmomenten
$\displaystyle M_{F,1}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \ell F_{F,1} = -k\ell^2(\phi_1-\phi_2)$  
$\displaystyle M_{F,2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \ell F_{F,2} = k\ell^2(\phi_1-\phi_2)$ (8.520)

Die durch die Gravitation hervorgerufenen Momente an den Pendeln sind
$\displaystyle M_{G,1}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -Lmg\sin\phi_1 \approx -Lmg\phi_1$  
$\displaystyle M_{G,2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -Lmg\sin\phi_2 \approx -Lmg\phi_2$ (8.521)

Wir beachten, dass für eine Punktmasse $ m$ an einem masselosen Faden der Länge $ L$ das Trägheitsmoment $ I=mL^2$ ist und erhalten die linearisierte Momentengleichung
$\displaystyle I\ddot\phi_1 = mL^2\ddot\phi_1$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -Lmg\phi_1 -k\ell^2(\phi_1-\phi_2)$  
$\displaystyle I\ddot\phi_2 = mL^2\ddot\phi_2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -Lmg\phi_2 + k\ell^2(\phi_1-\phi_2)$ (8.522)

Wir teilen durch $ mL^2$ und schreiben in Matrizenform

$\displaystyle \left(\begin{array}{c} \ddot\phi_1 \\  \ddot\phi_2 \\  \end{array...
...nd{array}\right)\left(\begin{array}{c} \phi_1 \\  \phi_2 \\  \end{array}\right)$ (8.523)

Wir nehmen an, dass beide Pendel mit der gleichen Frequenz $ \omega$ schwingen. Wir setzen also an

$\displaystyle \phi_1(t)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \phi_{1,0}e^{i\omega t}$  
$\displaystyle \phi_2(t)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \phi_{2,0}e^{i(\omega t + \delta)}$ (8.524)

Eingesetzt in Gleichung (8.92) bekommen wir
$\displaystyle -\omega^2\phi_{1,0}e^{i\omega t}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{g}{m}\phi_{1,0}e^{i\omega t}-\frac{k\ell^2}{mL^2}(\phi_{1,0}e^{i\omega t}-\phi_{2,0}e^{i\omega t}e^{i\delta})$  
$\displaystyle -\omega^2\phi_{2,0}e^{i\omega t}e^{i\delta}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{g}{L}\phi_{2,0}e^{i\omega t}e^{i\delta} + \frac{k\ell^2}{mL^2}(\phi_{1,0}e^{i\omega t}-\phi_{2,0}e^{i\omega t}e^{i\delta})$ (8.525)

Wir teilen durch $ e^{i\omega t}$
$\displaystyle -\omega^2\phi_{1,0}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{g}{L}\phi_{1,0}-\frac{k\ell^2}{mL^2}(\phi_{1,0}-\phi_{2,0}e^{i\delta})$  
$\displaystyle -\omega^2\phi_{2,0}e^{i\delta}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{g}{L}\phi_{2,0}e^{i\delta} + \frac{k\ell^2}{mL^2}(\phi_{1,0}-\phi_{2,0}e^{i\delta})$ (8.526)

Wir stellen die Gleichung um und sortieren nach den beiden unbekannten $ \phi_{1,0}$ und $ \phi_{2,0}e^{i\delta}$.
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle \left[-\omega^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}\right]\phi_{1,0}-\frac{k\ell^2}{mL^2}\phi_{2,0}e^{i\delta}$  
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle - \frac{k\ell^2}{mL^2}\phi_{1,0}+\left[-\omega^2 +\frac{g}{L} +\frac{k\ell^2}{mL^2}\right]\phi_{2,0}e^{i\delta}$ (8.527)

Wir verwenden die folgenden Abkürzungen
$\displaystyle A$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\omega^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}$  
$\displaystyle B$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{k\ell^2}{mL^2}$  
$\displaystyle y$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \phi_{1,0}$  
$\displaystyle z$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \phi_{2,0}e^{i\delta}$ (8.528)

und müssen damit die Gleichung
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle Ax -By$  
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle -Bx + Ay$ (8.529)

lösen. Wir multiplizieren die erste Gleichung mit $ B$ und die zweite mit $ A$ und bekommen
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle ABx-B^2y$  
0 $\displaystyle =$ $\displaystyle -ABx+A^2y$ (8.530)

und addieren die Gleichungen. Damit wird

$\displaystyle 0 = y(A^2-B^2)$ (8.531)

Damit diese Gleichung für alle $ y$ eine Lösung ist, muss $ A^2=B^2$ sein. Diese Bestimmungsgleichung für $ \omega$ hat zwei Lösungen
$\displaystyle A_1$ $\displaystyle =$ $\displaystyle B$  
$\displaystyle A_2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -B$ (8.532)

oder
$\displaystyle -\omega_1^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{k\ell^2}{mL^2}$  
$\displaystyle -\omega_2^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{k\ell^2}{mL^2}$ (8.533)

Wir vereinfachen diese beiden Gleichungen und lösen nach $ \omega_i$ auf
$\displaystyle \omega_1^2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{g}{L}$  
$\displaystyle \omega_2^2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{g}{L}+2\frac{k\ell^2}{mL^2} = \omega_1^2+2\frac{k\ell^2}{mL^2}$ (8.534)

Wenn wir $ x=\phi_1$ als Vorgabe nehmen und die Gleichung $ y=\frac{A_i}{B}x$ lösen, bekommen wir die Amplitude des zweiten Pendels.
$\displaystyle \phi_{2,0,1}e^{i\delta_1}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{-\omega_1^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}}{\frac{k\ell^2}{mL^2}
}\phi_{1,0}$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{-\frac{g}{L}+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}}{\frac{k\ell^2}{mL^2}}\phi_{1,0}$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle \phi_{1,0}$  
$\displaystyle \phi_{2,0,2}e^{i\delta_2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{-\omega_2^2+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}}{\frac{k\ell^2}{mL^2}}\phi_{1,0}$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{-\frac{g}{L}-2\frac{k\ell^2}{mL^2}+\frac{g}{L}+\frac{k\ell^2}{mL^2}}{\frac{k\ell^2}{mL^2}}\phi_{1,0}$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle -\phi_{1,0}$ (8.535)

Die beiden Lösungen haben die folgenden Charakteristika
Lösung 1
Es ist $ \phi_{2,0,1} = \phi_{1,0}$ und $ \delta_1 = 0$. Die beiden Pendel schwingen in Phase mit der gleichen Resonanzfrequenz wie ein einzelnes Pendel. Die Feder wird nicht gedehnt. Ob sie vorhanden ist oder nicht, ist nicht relevant.
Lösung 2
Es ist $ \phi_{2,0,2} = \phi_{1,0}$ und $ \delta_2 = \pi$. Die beiden Pendel schwingen gegenphasig mit einer höheren Resonanzfrequenz als die, die ein einzelnes Pendel hätte. Die Feder wird periodisch gedehnt und gestaucht.


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Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm