Unterabschnitte

Boltzmannverteilung und Diffusion

Wir verwenden die barometrische Höhenformel (siehe Gleichung (3.56) )

$\displaystyle p=p_{0}e^{-\rho_{0}\frac{gh}{p_{0}}}$    

Wir modifizieren den Exponenten wie folgt:

$\displaystyle \rho _{0}\frac{gh}{p_{0}} = \rho _{0}\frac{ghV_0}{p_{0}V_0}=\frac{Mgh}{p_{0}V_0}$    

Hier ist $ M = \rho_0 V_0$ die Masse des Gases. Beziehen wir alles auf ein Mol, dann ist $ M= N_A  m$ und $ p_0V_0 = N_A  kT$, wobei $ m$ die Masse eines Teilchens ist. Der Exponent wird dann

$\displaystyle \rho _{0}\frac{gh}{p_{0}} = \frac{mgh}{kT}$    

Die barometrische Höhenformel ist

$\displaystyle p(h) = p_0 e^{- \frac{mgh}{kT}}$    

Mit $ mgh = E_{pot}$ der potentiellen Energie bezogen auf ein Molekül haben wir auch

$\displaystyle p(h) = p_0 e^{-\frac{E_{pot}}{kT}}$    

Boltzmann hat diese Gleichung verallgemeinert, indem er für jede thermodynamische, von der Energie abhängige Grösse $ G$ postuliert hat

$\displaystyle G(z) = G_0 e^{-\frac{E(z)}{kT}}$ (4.352)

Diese Funktion ist die Boltzmannsche Verteilungsfunktion. Verwendet man anstelle der potentiellen Energie ein Potential $ \varphi(z)$, lautet die Boltzmannverteilung

$\displaystyle G(z) = G_0 e^{-\frac{m \varphi(z)}{kT}}$ (4.353)

Die Teilchendichte ist entsprechend mit der Höhe Boltzmann-verteilt.

$\displaystyle n=n_{0}e^{-\frac{Mgh}{N_{A}kt}}=n_{0}e^{-\frac{mgh}{kT} }$ (4.354)

Dabei ist $ m$ die Masse eines einzelnen Teilchens. Mit dem Potential $ \varphi(z)$ ausgedrückt ist

$\displaystyle \frac{n\left( h\right) }{n\left( 0\right) }=e^{-\frac{m\varphi
\left( h\right) }{kT}}$    

Diffusion





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{hauptsatz_eins-003}
Betrachtung von Teilchenströmen $ N_\ell $ von links nach rechts und $ N_r$ von rechts nach links.




Wir betrachten einen Teilchenstrom aus dem Volumen links von der Fläche $ A$ nach rechts. Im ganzen Gebiet, sowohl links wie rechts von $ A$, soll die Teilchendichte $ n$ eine Funktion von $ z$ sein. Die Abhängigkeit von den anderen Koordinaten können wir vernachlässigen, wenn $ A$ genügend klein ist. In der Nähe von $ z$, an den Stellen $ z\mp \ell$ können wir die Teilchenzahldichte $ n(z\mp\ell)$ abschätzen, indem wir die Steigung $ \frac{d n(z)}{dz}$ an der Stelle $ z$ zur Schätzung verwenden.

$\displaystyle n(z\mp\ell) = n(z)+\left.\frac{dn(z)}{dz}\right\vert _{z}\;(\mp\ell) = n(z)\mp\left.\frac{dn(z)}{dz}\right\vert _{z} \;\ell$    

Analog kann der Wert der gemittelten Geschwindigkeit $ \left<v(z)\right>_{N}$ an den Stellen $ z\mp \ell$ bestimmt werden.

$\displaystyle \left<v(z\mp\ell)\right>_{N} = \left<v(z)\right>_{N}\mp\left.\frac{d\left<v(z)\right>_{N}}{dz}\right\vert _{z} \;\ell$    

Die Teilchen sollen jedes eine individuelle Geschwindigkeit $ \vec{v}_i$ haben. Wenn wir zum Mittel über alle Geschwindigkeitsbeträge wechseln, wird nur ein Teil der Teilchen sich durch die Fläche $ A$ bewegen. Wenn wir die Fläche $ A$ als eine Seite eines Würfels betrachten, in dem sich die Teilchen mit gleicher Wahrscheinlichkeit in alle Richtungen bewegen, dann wird $ 1/6$ aller Teilchen die Fläche $ A$ durchstossen. Der Teilchenfluss durch $ A$ in der Zeit $ dt$ ist dann

$\displaystyle dN_\ell$ $\displaystyle = \frac{A}{6} n\left(z-\ell\right)\left<v\left(z-\ell\right)\right> dt$ (4.355)
$\displaystyle dN_r$ $\displaystyle = \frac{A}{6} n\left(z+\ell\right)\left<v\left(z+\ell\right)\right> dt$ (4.356)

Diese beiden Ausdrücke können mit Hilfe der Taylorentwicklung umgeschrieben werden:

$\displaystyle dN_\ell$ $\displaystyle = \frac{A}{6}\left[n\left(z\right)-\frac{dn(z)}{dz}\ell\right] \l...
...v\left(z\right)\right>-\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz}\ell\right]  dt$    
  $\displaystyle =\frac{A}{6}\left[n\left(z\right)\left<v\left(z\right)\right>- n\...
...ell +\frac{dn(z)}{dz}\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz}\ell^2\right]  dt$    
$\displaystyle dN_r$ $\displaystyle = \frac{A}{6}\left[n\left(z\right)+\frac{dn(z)}{dz}\ell\right] \l...
...v\left(z\right)\right>+\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz}\ell\right]  dt$    
  $\displaystyle =\frac{A}{6}\left[n\left(z\right)\left<v\left(z\right)\right>+ n\...
...ell +\frac{dn(z)}{dz}\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz}\ell^2\right]  dt$    

Der Netto-Teilchenstrom durch $ A$ in der Zeit $ dt$ ist

$\displaystyle dN_\ell - dN_r$ $\displaystyle = -\frac{A}{6}\left[2n\left(z\right)\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz}\ell + 2\left<v\left(z\right)\right>\frac{dn(z)}{dz}\ell \right]  dt$    
  $\displaystyle = -\frac{A}{3}\left[n\left(z\right)\frac{d\left<v\left(z\right)\right>}{dz} + \left<v\left(z\right)\right>\frac{dn(z)}{dz} \right]\ell  dt$    

Wir nehmen an, dass die Temperatur konstant sei. Dann ist die innere Energie konstant und damit die gemittelte kinetische Energie der Teilchen damit ist aber auch $ \left< v(z)\right>$ konstant (und die Ableitung nach dem Ort null). Also ist

$\displaystyle dN(z) = dN_\ell - dN_r = -\frac{A}{3}\left<v\left(z\right)\right>\frac{dn(z)}{dz} \ell  dt = -D  A  \frac{dn(z)}{dz}  dt$ (4.357)

Die Grösse $ D$ heisst Diffusionskoeffizient. Die Einheit von $ D$ ist

$\displaystyle \left[D\right] = \frac{m^2}{s}$    

Wir können Gleichung (4.79) in eine Differentialgleichung umschreiben.

$\displaystyle \frac{1}{A} \frac{dN(z\text{,} t)}{dt} = -D\frac{dn(z)}{dz}$ (4.358)

Die transportierte Masse ist

$\displaystyle dm = \frac{dN}{N_A} m_{mol}= dN  M$    

und die Dichteänderung

$\displaystyle d\rho = \frac{dn}{N_A}  m_{mol}= dn  M$    

wobei $ m_{mol}$ die Molmasse und $ M$ die Masse eines Teilchens ist. Dann erhält man das

1. Ficksche Gesetz in einer Dimension

$\displaystyle \frac{dm}{dt} = -D  A  \frac{d\rho}{dz}$ (4.359)

In drei Dimensionen lautet das 1.Ficksche Gesetz

$\displaystyle \frac{dm}{dt} \vec{n}_{\Delta A} = -D  \Delta A  \textrm{grad} {}\rho$ (4.360)

wobei $ \vec{n}_A$ der Normalenvektor auf die kleine Fläche $ \Delta A$ ist.

Durch die Diffusion wird Masse transportiert

Das 1. Ficksche Gesetz wird oft auch mit der Teilchenstromdichte $ \vec{j}$ formuliert. Mit den Beziehungen

$\displaystyle n$ $\displaystyle = \frac{\rho}{M}$    
$\displaystyle \vec{j}_n$ $\displaystyle = \frac{dm}{dt} \frac{1}{\Delta A  M} \vec{n}_{\Delta A}$    

wobei $ M$ die Teilchenmasse ist. Das erste Ficksche Gesetz lautet dann

$\displaystyle \vec{j}_n= -D  \textrm{grad} {}n$ (4.361)

Aus der Massenerhaltung $ \dot{m} = -\textrm{div} {}\left(
\frac{dm}{dt} \vec{n}_{\Delta A}\right)$ oder der Erhaltung der Teilchenzahl $ \dot{n} = -\textrm{div} {} \vec{j}_n$ folgt das zweite Ficksche Gesetz

$\displaystyle \dot{n} = D \Delta n$ (4.362)

Analog zur obigen Rechnung können die Gesetze der Viskosität (Impulstransport) und der Wärmeleitung (Energietransport) hergeleitet werden.

Diffusionsgleichgewicht im Gravitationsfeld

Dieser Stoff wurde am 31. 05. 2007 behandelt

\includegraphics[height=8mm]{icon-mat} Materialien

Folien zur Vorlesung am 21. 05. 2007 PDF






\includegraphics[width=0.4\textwidth]{hauptsatz_eins-004}
Teilchenströme $ j_{sink}$ und $ j_{Diff}$ hervorgerufen durch die Gravitationskraft und die Diffusion




Wenn ein Teilchen, das einer Kraft $ F$ ausgesetzt ist, sich durch ein Medium mit Streuzentren bewegt, verliert es immer wieder Impuls an die Streuzentren. Seine Geschwindigkeit wird zuerst wachsen und mit der Zeit einen konstanten Wert annehmen, der proportional zu $ F$ ist.

$\displaystyle v = \mu  F$ (4.363)

Die Proportionalitätskonstante $ \mu$ heisst Beweglichkeit. Ihre Einheit ist

$\displaystyle \left[\mu\right] = \frac{m}{s N} = \frac{s}{kg}$    

Die Geschwindigkeit der sinkenden Teilchen ist

$\displaystyle v=\mu mg$    

Daraus resultiert mit der Teilchendichte $ n$ die Teilchenstromdichte

$\displaystyle j_{sink}=nv=-\mu  mg n(z)$    

Der Diffusionsstrom ist nach dem 1. Fickschen Gesetz (siehe Gleichung (4.81) ) durch

$\displaystyle j_{Diff}= \frac{1}{A}\frac{dN}{dt} = -D\frac{dn\left( z\right) }{dz}$    

gegeben. Im Gleichgewicht müssen sich die beiden Ströme gerade kompensieren

$\displaystyle j_{sink}+j_{Diff}=0=-\mu  mg n\left( z\right) -D\frac{ dn\left( z\right)
}{dz}$    

Die Lösung dieser Differentialgleichung ist

$\displaystyle n\left( z\right) =n\left( 0\right) e^{-\mu  mg h/D}$    

Diese Gleichung, hergeleitet aus der Betrachtung der Diffusion und die isotherme barometrische Höhenformel und die daraus abgeleitete Boltzmannverteilung beschreiben die gleiche Situation. Deshalb müssen die Exponenten gleich sein.

$\displaystyle \frac{\mu  mgh}{D}=\frac{mgh}{kT}$    

Daraus folgt die Einsteinbeziehung

$\displaystyle D=\mu  kT$ (4.364)

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm