Unterabschnitte

Eigenschaften der Entropie, dritter Hauptsatz

In diesem Abschnitt wollen wir die Eigenschaften der Entropie untersuchen. Wir betrachten dazu zwei Makrozustände $ i$ (initial) und $ f$ (final). Für die Entropieänderung erhalten wir allgemein

$\displaystyle S_{f}-S_{i}=\int_{i}^{f}dS=\int_{i}^{f}\frac{\delta Q}{T}$ (4.465)

Diese Integrale gelten für quasistatische Prozesse, also Prozesse bei denen das untersuchte System immer im Gleichgewicht ist. Sie sind aber unabhängig vom Prozess. Die Aussage, dass $ \int_{i}^{f}\frac{\delta Q}{T}$ unabhängig vom Weg ist, ist äquivalent zur Aussage, dass die potentielle Energie in konservativen Kraftfeldern unabhängig vom Weg sei.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{entropie_messung}
Skizze einer Apparatur zur Messung der Entropie. Mit dem Widerstand $ R$ wird die Heizleistung $ P=UI$ in das thermisch isolierte System gebracht. Das Thermometer misst die Temperatur $ T$.




Gleichung (4.189) zeigt, wie Entropiedifferenzen gemessen werden können. Wir nehmen an, dass sich das System im Gleichgewicht bei der Temperatur $ T_1$ befindet. Nun wird mit dem Widerstand die Wärmemenge

$\displaystyle Q = \int\limits_0^t P d\tau = U I t$    

in der Zeit $ t$ in das System gebracht. Die Temperatur steigt dann wie $ T(t)$. Wenn wir also

$\displaystyle d S = \frac{\delta Q}{T} = \frac{P(t)  dt}{T(t)} = \frac{U(t)  I(t)  dt}{T(t)}$    

integrieren, erhalten wie die Entropiedifferenz.

$\displaystyle \Delta S = \int\limits_0^t \frac{P(\tau)  dt}{T(\tau)}$ (4.466)





\includegraphics[width=0.48\textwidth]{hauptsatz_drei-002} \includegraphics[width=0.48\textwidth]{hauptsatz_drei-003}
Links ist $ T(t)$ und $ P(t)$ gezeigt, rechts $ \frac{P(t)  dt}{T(t)}$. Die ausgefüllte Fläche ist die Entropiedifferenz $ \Delta S$.








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Links ist $ T(t)$ und $ P(t)$ gezeigt, rechts $ \frac{P(t)  dt}{T(t)}$. Die ausgefüllte Fläche ist die Entropiedifferenz $ \Delta S$.








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Links ist $ T(t)$ und $ P(t)$ gezeigt, rechts $ \frac{P(t)  dt}{T(t)}$. Die ausgefüllte Fläche ist die Entropiedifferenz $ \Delta S$.




Da die Entropie als $ S=k\ln\Omega$ geschrieben werden kann, hängt die Entropie eindeutig vom Makrozustand des Systems ab, wenn wir das Phasenraumvolumen auf $ h_0 = \hbar$ fixieren. Bei einer klassischen Betrachtung würde gelten

$\displaystyle \Omega=\frac{1}{h_{0}^{f}}\int\ldots \int dg_{1}\ldots dg_{f}dp_{1}\ldots dp_{f}$    

und damit

$\displaystyle S =k\ln\left( \int\ldots \int dg_{1}\ldots dg_{f}dp_{1}\ldots dp_{f}\right)  -kf\ln h_{0}$    

Das heisst, dass bei klassischer Betrachtung $ S$ nicht eindeutig definiert ist. Erst die Quantenmechanik mit dem von Planck gefundenen Phasenraumvolumen macht die Betrachtung eindeutig, also $ h_{0}=\hbar$!

Verhalten der Entropie bei $ E \rightarrow E_{0}$

Wir nehmen nun an, dass der niedrigste mögliche Energiegehalt eines Systems $ E_{0}$ sei. Diese niedrigste Energie entspricht der Nullpunktsenergie in der Quantenmechanik. Für die folgende Betrachtung ist nicht wichtig, woher $ E_{0}$ rührt, sondern dass sie existiert. Für $ E \rightarrow E_{0}$ gilt

$\displaystyle \Omega\leq f$    

Damit muss

$\displaystyle k\ln\Omega\approx k\ln f\ll kf$    

sein für Energien $ E$ in der Nähe der Grundzustandsenergie $ E_{0}$. Wir erhalten also für $ E \rightarrow E_{0}$. Damit wird die Entropie bei kleinen Energien $ S = k\ln\Omega \approx k\ln f$ viel kleiner als die Entropie bei hohen Energien $ S = k\ln \Omega \approx k  f  ln E$. Damit haben wir also

$\displaystyle S\rightarrow0$   für$\displaystyle \hspace{5mm} E\rightarrow E_{0}$ (4.467)

Weiter wissen wir aus der Definition von $ \lambda$ in der Gleichung (4.159) und dem Vorzeichen aus Gleichung (4.165) dass

$\displaystyle \frac{\partial\beta}{\partial E} \leq 0$    

ist. Damit ist aber

$\displaystyle 0\geq \frac{\partial \beta}{\partial E} = \frac{\partial \beta}{\...
...T} \frac{\partial T}{\partial E} = -\frac{1}{kT^2}\frac{\partial T}{\partial E}$    

Also muss auch

$\displaystyle \frac{\partial T}{\partial E} \geq 0$ (4.468)

Dies bedeutet, dass die Energie mit der Temperatur zunehmen muss. Umgekehrt heisst das natürlich, dass die Temperatur mit abnehmender Energie abnehmen muss. Damit ist auch

$\displaystyle E\rightarrow E_0$   wenn$\displaystyle \hspace{5mm}T\rightarrow 0$ (4.469)

3. Hauptsatz (strenge Form)
Wenn $ T$ gegen 0 geht, verschwindet die Entropie, also ist $ \lim\limits_{T\rightarrow 0}S=0$
Max Planck

Es gibt nun Systeme (zum Beispiel Gläser), die bei $ T=0$ in metastabile Zustände mit praktisch unendlicher Lebensdauer geraten. Diese metastabilen Systeme sind nicht im Grundzustand, deshalb ist $ \lim_{T\rightarrow 0}>0$.

3. Hauptsatz (engere Form)
Für $ T\rightarrow0$ gilt, dass $ \lim\limits_{T\rightarrow 0}\Delta S =0$ ist. Alternativ bedeutet das, dass $ \lim\limits_{T\rightarrow 0} S = S_{0}$, wobei $ S_{0}$ unabhängig von allen Parametern des betreffenden Systems ist.

Wärmekapazitäten in der Nähe des Temperaturnullpunktes

Die Wärmekapazitäten von Stoffen hängen mit der Entropie zusammen. Aus

$\displaystyle dU = n c_{mol}dT = TdS$    

folgt

$\displaystyle dS = n c_{mol}\frac{dT}{T}$    

und nach der Integration

$\displaystyle S\left( T,V\right) =\int\limits_{0}^{T}n c_{V\text{,} mol}\left( T,V\right) \frac {dT}{T}$    

und

$\displaystyle S\left( T,p\right) =\int\limits_{0}^{T}n c_{p\text{,} mol}\left( p,T\right) \frac{dT}{T}$    

Also sind die Grenzwerte für die Wärmekapazitäten

$\displaystyle \lim_{T\rightarrow0}c_{V\text{,} mol}=\lim_{T\rightarrow0} c_{p\...
...mol}=\lim_{T\rightarrow0}\left( c_{p\text{,} mol}-c_{V\text{,} mol}\right) =0$ (4.470)

Insbesondere verschwindet die Differenz von $ c_{p\text{,} mol}$ und $ c_{V\text{,} mol}$ wenn die Temperatur gegen den absoluten Nullpunkt geht. Unser früheres Resultat für das ideale Gas $ c_{p\text{,} mol}=c_{V\text{,} mol}+R$ gilt also nur für hohe Temperaturen. In anderen Worten: in der Nähe des Temperaturnullpunktes gibt es keine idealen Gase.

Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen in der Nähe des Temperaturnullpunktes

Dieser Stoff wurde am 25. 06. 2007 behandelt

\includegraphics[height=8mm]{icon-mat} Materialien

Folien zur Vorlesung am 25. 06. 2007 PDF


Wir hatten früher den Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen abgeleitet:

$\displaystyle \eta=\frac{\delta W}{\delta Q}=\frac{T_{1}-T_{2}}{T_{1}}$   für$\displaystyle \hspace{2mm} T_{1}>T_{2}$ (4.471)

Analog gilt für Kältemaschinen:

$\displaystyle \frac{\delta W}{\delta Q_{\text{entfernt}}}=\frac{T_{1}-T_{2}}{T_{2}}$ (4.472)

Kann man den Temperaturnullpunkt mit einer Kältemaschine erreichen? Für $ T_{2}\rightarrow 0$ gilt

$\displaystyle \frac{\delta W}{\delta Q_{\text{entfernt}}} \rightarrow\infty$    

Das heisst, es muss immer mehr mechanische Energie in ein System gesteckt werden, um die Temperatur weiter zu erniedrigen. Da diese Energie divergiert, muss

$\displaystyle E > E_0$    

sein. Das bedeutet:

Mit einer Kältemaschine ist der absolute Temperaturnullpunkt nicht erreichbar.

Dies ist eine alternative Fassung des dritten Hauptsatzes.


Bemerkung:
Es gilt auch

$\displaystyle p\propto\Omega\propto E^f = E^{\frac{S}{k}}$    

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm