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Der Satz von Larmor

Dieser Stoff wurde am 10. 2. 2005 behandelt

(Siehe Leisi, Klassische Physik II [Lei98, pp. 162])


\includegraphics[width=0.7\textwidth]{magnetismus-021}
Illustration zum Satz von Larmor


Wir hatten postuliert, dass das Verhalten der Materie in einem Gradienten eines Magnetfeldes durch atomare Kreisströme gegeben ist. Wenn wir ein Modell (nach der Quantenphysik nicht realistisch) eines Atoms betrachten, bei dem ein einzelnes Elektron auf einer Bahn mit dem Radius $ r$ sich um den positiv geladenen Kern bewegt, ist der resultierende Strom

$\displaystyle I = -e \frac{v}{2\pi r}$ (4.405)

Der Betrag des magnetischen Momentes ist dann

$\displaystyle \left\vert\vec{m}\right\vert = \pi r^2 I = \frac{1}{2} e\cdot v\cdot r$ (4.406)

Die Wirkung eines äusseren Magnetfeldes wird berechnet, indem man betrachtet, wie ein einzelnes Atom auf ein von null anwachsendes äusseres Feld reagiert.


\includegraphics[width=0.9\textwidth]{magnetismus-022}
Langsames Einschalten eines Magnetfeldes für ein Elektron in einem Atom. Im linken Schaubild sind die positiven Richtungen definiert.


Im Ausgangszustand ist die Zentripetalkraft $ \vec{F}_0 = -m_ev^2/r$ die Coulombanziehung zwischen dem Elektron und dem Kern sowie durch die gemittelte Coulombabstossung durch die anderen Elektronen gegeben. Das anwachsende Magnetfeld hat die gleiche Wirkung wie beim Betatron: es entsteht ein tangentiales $ \vec{E}$-Feld, das das Elektron beschleunigt. Wir setzen die $ z$-Achse nach oben an. In einem rechtshändigen System ist dann

Wir setzen diese Grössen ein, um vorzeichenrichtig zu rechnen. Aus dem Induktionsgesetz folgt

$\displaystyle \oint\limits_{S(r)} \vec{E}\cdot d\vec{r}= 2\pi\cdot r\cdot E(t) ...
...\pi r^2 \cdot \frac{d \left(-B(t)\right)}{dt} = \pi r^2 \cdot \frac{d B(t)}{dt}$ (4.407)

Dabei ist $\phi_B = (-B)\cdot A$ Wir erhalten also

$\displaystyle E(t) =\frac{r}{2} \cdot \frac{d B(t)}{dt}$ (4.408)

Die Beschleunigung des Elektrons (nicht-relativistisch) ist durch das zweite Newtonsche Axiom gegeben

$\displaystyle m_e \frac{dv}{dt} = -e\cdot E = -\frac{e \cdot r}{2} \cdot \frac{d B(t)}{dt}$ (4.409)

Hier ist $m_E$ die Ruhemasse des Elektrons. Die Geschwindigkeitsänderung hängt also mit der Magnetfeldänderung wie folgt zusammen

$\displaystyle dv = -\frac{e \cdot r}{2m_e} \cdot d B$ (4.410)

Der gesamte Geschwindigkeitszuwachs des Elektrons ist also

$\displaystyle \Delta v = -\frac{e \cdot r}{2m_e} \cdot B$ (4.411)

wenn $ B$ das Feld im Endzustand ist. Der Betrag der Geschwindigkeit hat also zugenommen. Nun bewirkt das äussere $ \vec{B}$-Feld die Lorentzkraft

$\displaystyle \vec{F}_L = -e \cdot (-v) \cdot (-B)$ (4.412)

die, nach der rechten Hand-Regel zum Kreiszentrum zeigt. Die Zentripetalkraft ist im Endzustand durch

$\displaystyle F = -m\frac{\left(-v+\Delta v\right)^2}{r}$ (4.413)

Da $v\gg \Delta v$ ist, können wir nach Taylor entwickeln
$\displaystyle F$ $\displaystyle \approx$ $\displaystyle -\frac{m_e}{r}\left(v^2-2 v\cdot \Delta v\right)$ (4.414)
$\displaystyle $ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{m_e}{r}\left(v^2+2 v\cdot \frac{e \cdot r}{2m_e} \cdot B\right)$  
$\displaystyle $ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{m_e}{r}v^2 - e\cdot v\cdot B$  
$\displaystyle $ $\displaystyle =$ $\displaystyle F_0 + F_L$  

Die Lorentz-Kraft bewirkt also, dass die Elektronenbahnen für kleine Geschwindigkeitsänderungen sich nicht ändern. Die Larmorwinkelgeschwindigkeit ist

$\displaystyle \Omega \equiv \frac{\Delta v}{r} = \frac{e\cdot B}{2m_e}$ (4.415)

und vektoriell geschrieben

Larmorwinkelgeschwindigkeit

$\displaystyle \vec{\Omega}= \frac{e}{2 m_e}\vec{B}$ (4.416)

In einem mit der Winkelgeschwindigkeit $ \vec{\Omega}$ rotierenden System sind die Elektronenbahnen im Atom unverändert.

Der Satz von Larmor gilt allgemein, auch bei beliebiger Orientierung von Magnetfeld und Bahnebene des Elektrons. Der Satz von Larmor bildet die Grundlage des Verständnisses des Diamagnetismus


\includegraphics[width=0.5\textwidth]{magnetismus-023}
Berechnung der Larmorfrequenz mit einem Kreisel


Man kann den Satz von Larmor aus der Kreiseltheorie ableiten. Das Elektron ist, bei einer Bahn mit konstantem Radius, ein starrer Körper. Dieser Kreisel hat den Drehimpuls

$\displaystyle \vec{\ell}= m \cdot \left(\vec{r}\times \vec{v}\right)$ (4.417)

Das magnetische Moment des Kreisstromes ist nach Gleichung (4.110)

$\displaystyle \vec{m}= -\frac{e}{2m}\vec{\ell}$ (4.418)

Der Kreisel erfährt ein mechanisches Drehmoment

$\displaystyle \vec{M}= \vec{m}\times \vec{B}$ (4.419)

Der Drehimpulssatz bedeutet, dass

$\displaystyle \frac{d\vec\ell}{dt}=\vec{M}=-\frac{e}{2m}\vec\ell \times \vec{B}= \frac{e}{2m}\vec{B}\times \vec{\ell}$ (4.420)

Wir erhalten also eine Präzessionsbewegung des Drehimpuslvektors $ \vec{\ell}$ um $ \vec{B}$ mit der Winkelgeschwindigkeit $ \vec\Omega$

$\displaystyle \frac{d\vec\ell}{dt}=\vec{\Omega}\times \vec{\ell}$ (4.421)

Wir erhalten die

vektorielle Schreibweise der Larmorfrequenz

$\displaystyle \vec\Omega = \frac{e}{2m}\vec{B}$ (4.422)


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Marti 2011-10-13