Einführung
Bei der Messung physikalischer Grössen treten immer Fehler
auf. Eine genaue, absolut präzise Messung ist nur beim Abzählen von
Datenwerten möglich (und da auch nicht immer).
Eine physikalische Messung ohne Genauigkeitsangabe ist
wertlos. |
Grundsätzlich müssen in jedem Praktikumsbericht neben den
Resultaten auch Angaben zu den Fehlern vorhanden sein.
Man unterscheidet drei Fehlerarten: grobe Fehler,
systematische Fehler und statistische Fehler. Grobe Fehler entstehen, wenn die
Experimentatoren ihr Handwerk nicht verstehen (Experimentelle Physik ist in
erster Linie Handwerk). Grobe Fehler lassen sich durch Literaturstudium,
Kontrollmessungen und durch Abschätzungen vor dem Experiment über die zu
erwartenden Grössen vermeiden. Systematische Fehler treten bei jeder
Durchführung eines Versuches in der gleichen Art und Weise auf. Statistische
Fehler sind zufällig. Ihr Auftreten liegt in der Natur des Messprozesses und
kann nur durch Wiederholung der Messungen minimiert werden.
Dieser kleine Text will Ihnen eine Zusammenfassung der für
die Fehlerrechnung und Fehlerbehandlung benötigten Methoden geben.
Systematische Fehler
Systematische Fehler sind durch die Unvollkommenheit der
Messgeräte sowie durch nicht steuerbare äussere Einflüsse bestimmt.
Systematische Fehler können in vielen Fällen durch ergänzende Messungen
korrigiert werden (zum Beispiel die Totzeitkorrektur bei Zählrohren).
Systematische Fehler können durch eine eingehende Analyse der verwendeten
Messgeräte und der Messverfahren erkannt werden. Typische systematische Fehler
sind:
Umwelteinflüsse
- Bei der ultrapräzisen Wägung von Substanzen muss der Auftrieb der Luft
berücksichtigt werden. Dieser Fehler kann, wenn alle relevanten Grössen
aufgezeichnet wurden, sehr leicht rechnerisch kompensiert werden.
- Dazu muss die Umgebungstemperatur im Laborbuch vermerkt werden.
- Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst ebenfalls die Dichte der Luft (Warum?)
- Viele elektrische Messgeräte haben eine von der Temperatur des Messwerkes
abhängige Empfindlichkeit.
- Bei der Druckmessung mit Quecksilberbarometern muss die Kapilardepression
berücksichtigt werden.
- Bei der Druckmessung mit kapazitiven Drucksensoren beeinflusst die
Temperatur die Empfindlichkeit und die Nullpunktslage.
- Adsorbierte Gasschichten auf Metallspiegeln verfälschen den
Reflexionskoeffizienten.
- Adsorbierte Wasserschichten beeinflussen in dramatischer Art und Weise die
gemessenen Kräfte in der Rasterkraftmikroskopie.
- Wenn die Temperatur während eines Versuchs nicht konstant gehalten wird,
können die Messwerte vom Anfang und vom Ende der Messzeit nicht verglichen
werden. Ursachen für einen Temperaturgang können zum Beispiel
Wetterumschläge oder die Körpertemperatur der Experimentatoren sein. Also:
immer den Temperaturgang aufzeichenen bei Präzisionsmessungen.
- Bei gewissen Experimenten muss auf den Mondstand (Gravitation) geachtet
werden.
- Wenn die Umwelteinflüsse nicht überwacht werden, können
meistens nur qualitative Ergebnisse erwartet werden.
- Eine weitere Kategorie systematischer Fehler ist die
Rückwirkung des Messgerätes auf das gemessene System.
- Bestimmung der Spannung oder des Stromes mit den üblichen Messgeräten (Þ
Grundpraktikumsversuch)
- Veränderung des Widerstandes durch den Messstrom.
- Temperaturmessung: die Wärmekapazität der Messsonde entzieht der Probe
Wärme und verfälscht so das Messresultat.
- Falsche Impedanzen oder ungeeignete Abschlusswiderstände können
elektrische Messungen zum Glücksspiel werden lassen.
- Bei Rastertunnelmikroskopen ist die Sonde (Tunnelspitze) prinzipbedingt
eng an die Probe gekoppelt.
Eine weitere Quelle systematischer Fehler sind unvollkommene
Messgeräte.
- Viele Geräte haben nichtlineare Kennlinien, die die Messresultate
verfälschen.
- Eichfehler und Alterungserscheinungen gehören zu den systematischen
Fehlern.
- Induzierte Ladungen, zum Beispiel durch die Bewegung des Experimentators
in trockener Luft, können bei höchstempfindlichen Messungen.
- Der Eigenverbrauch von Messgeräten zählt zu den systematischen Fehlern.
- Lageabhängigkeit der Messung
- Äussere Magnetfelder
- Reibung
Messungen sind sehr viel präziser, wenn nicht ein Wert
gemessen wird, sondern der Messwert mit einer Referenz (eventuell abgleichbar)
verglichen wird. Hat man eine gute Theorie des Messgerätes und des
Messprozesses zur Hand, können diese systematischen Fehler herausgerechnet
werden.
Eine weitere, nicht zu unterschätzende Quelle
systematischer Fehler sind die Experimentatoren. Dazu gehört insbesondere
"Bias", mangelnde Objektivität. Die meisten falschen
Messresultate sind dadurch zustande gekommen, dass der Experimentator das
Resultat aus unzureichenden Daten herausgelesen hat, das er haben wollte. |
Systematische Fehler können entdeckt werden, indem
- Theorien nach ungewollten Effekten untersucht werden (Mehr als nur die
erste Näherung betrachten).
- Die Messbedingungen verändert werden. (andere Messgeräte, andere
Messanordnung)
- Eine Grösse mit zwei grundsätzlich verschiedenen Messverfahren bestimmt
wird.
- Messverfahren die auf der Kompensationsmethode beruhen verwendet werden.
- Messverfahren mit minimalen systematischen Fehlern verwenden.
Vor einem Experiment müssen die folgenden Fragen
geklärt werden:
- Können im Experiment
nichterfasste Umwelteinflüsse die Messwerte beeinträchtigen?
- Entsprechen die abgelesenen
Messwerte wirklich den zu messenden physikalischen Grössen?
- Sind die zur Auswertung
verwendeten Gleichungen richtig oder werden unangebracht Annahmen
gemacht?
- Mittels einer Überschlagsrechnung
sind die Einheiten, die Grössenordnungen und die Vorzeichen zu
bestimmen.
- Sind die verwendeten
Messinstrumente in ihrer Eichung (noch) zuverlässig?
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Statistische Fehler
Die Forderung nach Reproduzierbarkeit ist nie streng
erfüllt. Auch wenn systematische Fehler ausgeschlossen werden können oder wenn
sie bekannt sind, verbleiben zufällige, statistische Fehler. Diese haben ihre
Ursache zum Beispiel in
- Physik des Phänomens (Radioaktivität)
- Rauschen des Messsignals
- Unkontrollierbare kleine Schwankungen des gemessenen Signals.
Die statistischen Fehler unterliegen, wie ihr Name sagt, den
Gesetzen der Stochastik. Im folgenden wollen wir diese Fehler näher
untersuchen.
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