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2.2  Kinetische Gastheorie

Die kinetische Gastheorie berechnet für System ausser in Stössen nicht wechselwirkender Teilchen thermodynamische Grössen aus den Bewegungseigenschaften. Wir nehmen an, dass Gase aus einzelnen sich ungeordnet bewegenden Teilchen bestehen.

Die Orte der Teilchen sind weniger relevant. Deshalb konzentrieren wir uns auf die Geschwindigkeiten. Ein einzelnes Teilchen hat die vektorielle Geschwindigkeit

v = (vx,vy,vz)
(2.1)

wobei

v2 = v2+ v2 + v2
      x    y   z
(2.2)

Dabei bedeutet zum Beispiel vx die Geschwindigkeitskomponente entlang der x-Koordinate (die durch den Einheitsvektor ex repräsentiert wird.

vx = v·ex

Jedes Atom (oder Molekül) hat seine eigene Geschwindigkeit vx, die auch mit der Zeit variieren kann. Charakterisiert wird die Geschwindigkeitsverteilung, das heisst, die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Geschwindigkeit zu finden, durch statistische Kennzahlen wie den Mittelwert, den Mittelwert des Geschwindigkeitsbetrages und den Mittelwert des Geschwindigkeitsquadrates

       1  N∑               1 ∑N             ⟨  ⟩    1 ∑N
⟨vx⟩ = ---   vx,i, ⟨|vx|⟩ =---  |vx,i| und    v2x  = ---   v2x,i
       N  i=1              N i=1                   N  i=1

Da die Koordinaten x, y und z gleichwertig sind, gilt

⟨ 2⟩    ⟨ 2⟩   ⟨ 2⟩
 vx  =   vy  =  vz
(2.3)

Aus Gleichung (2.2) folgt auch, dass die entsprechenden Mittelwerte summiert werden, um den Mittelwert   2
⟨v ⟩ zu bekommen.

⟨  2⟩     ⟨ 2⟩     ⟨ 2⟩     ⟨ 2⟩
 v   =  3 vx  =  3 vy  = 3  vz
(2.4)

Nach Känzig[Kän78] muss man berücksichtigen, dass der Betrag der Geschwindigkeit |vx| durch die Wahrscheinlichkeitsverteilung w(|vx|) beschrieben wird, wobei 0w(|vx|)d|vx| = 1 ist.

Stösst nun ein Atom (oder Molekül) elastisch mit der Wand, die bei x = 0 senkrecht zu ex steht, so ist nach Newton die Kraft dieses Stosses aus dem Gesetz für Kraftstösse für ein Teilchen der Masse m, das mit vx sich auf die Wand zu bewegt

 tnach∫Stoss          tnac∫hStoss           px(t)|t∫nachStoss
        F (t)dt =        dpx-(t)dt =             dp  (t)
         x                 dt                      x
tvorStoss           tvorStoss             px(t)|tvorStoss
           =  px(t)|       -  px(t)|
                   tnachStoss        tvorStoss
         = mvx (t)|tnachStoss - mvx (t)|tvorStoss = - 2mvx
(2.5)

PIC

Berechnung des Impulsübertrages auf die Wand

Welche Teilchen können mit der Wand stossen? Die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen im Intervall der Geschwindigkeitsbeträge [vx,vx + dvx] zu finden, ist w(|vx|)d|vx|. Diese Teilchen stossen im Zeitintervall dt mit der Wand, wenn sie in einer Schicht der Dicke |v |
  xdt vor der Wand liegen. Da wir mit Geschwindigkeitsbeträgen gerechnet haben, trifft nur die Hälfte der Teilchen die Wand. Um die auf der Fläche A in der Zeit auftretende Anzahl dΥ der Teilchen zu berechnen, benötigen wir noch die Teilchendichte n.

       1-
d Υ =  2nw (|vx|)d |vx|A |vx|dτ

Die Mittelung über alle Kraftstösse ergibt die gemittelte Kraft

||   ⟨               ⟩||
||     tnach∫ Stoss        ||
||dΥ          Fx(t)dt || = ⟨Fx⟩ dτ
|    tvorStoss         |
(2.6)

Aus (2.5) wissen wir aber auch, dass

|                     |
||   ⟨ tnac∫hStoss      ⟩ ||
||dΥ          Fx (t)dt  ||= 2d Υm  ⟨|vx|⟩ = 2nw (|vx|)d |vx|A |vx |dτm ⟨|vx|⟩
||     t               ||                 2
      vorStoss
               =  nmw  (|vx|)d|vx|A |vx|2 dτ = ⟨Fx⟩ dτ
(2.7)

ist. Die Teilchen im Intervall der Geschwindigkeitsbeträge [vx,vx + dvx] tragen

      ⟨Fx⟩-                2
dp =   A   = nmw  (|vx|) |vx| d |vx|
(2.8)

zum Druck bei. Dabei ist w(|vx|) die Gewichtsfunktion. Der Druck wird

    ∫       ∞∫                            ∞∫
p =   dp =    nmw  (|vx|)|vx|2d|vx| = nm    w(|vx|)|vx|2 d|vx|
            0                            0
(2.9)

Nun ist aber nach der Definition gewichteter Mittelwerte

 ∞
∫            2        ⟨    2⟩
   w(|vx|)|vx| d|vx| =  |vx|
 0
(2.10)

Aus (2.9), (2.10) und (2.4) erhalten wir

        ⟨  ⟩         ⟨  ⟩
p = nm   v2x  =  1nm   v2
                3
(2.11)

Dabei haben wir verwendet, dass für reelle Zahlen |vx|2 = v x2 ist. Gleichung (2.11) ist bekannt unter dem Namen Grundgleichung von D. Bernoulli.

Wir wissen, wie das zeitliche Mittel   2
⟨v ⟩ t mit der kinetischen Energie zusammenhängt.

          1- ⟨  2⟩    3-
⟨Ekin⟩t = 2m   v  t = 2kT

Mit dieser Gleichung wird Gleichung (2.11)

p = nkT
(2.12)


Schreiben wir die Teilchendichte n = N-
V aus, bekommen wir
pV =  N kT
(2.13)

die Zustandsgleichung des idealen Gases.


Bitte beachten Sie, dass wir in der Herleitung die folgenden Annahmen gemacht hatten:

In der Wärmelehre ist es auch üblich, die ideale Gaskonstante

                      -1  -1
R =  NAk  = 8.31 Jmol   K
(2.14)

zu verwenden. Gleichung (2.13) lautet dann

pV =  νRT
(2.15)

wobei ν die Anzahl Mole, auch Molzahl genannt, ist.

Aus dem Gesetz für das ideale Gas, Gleichung (2.13) bekommt man drei weitere Gesetze

Gesetz von Boyle-Mariotte p 1-
V (T = const.) (2.16)
Gesetz von Gay-Lussac p T (V = const.) (2.17)
Gesetz von Charles V T (p = const.) (2.18)

Diese drei Gesetze sind älter als das ideale Gasgesetz Gleichung (2.13). deshalb werden sie häufig vor diesem behandelt. Es ist jedoch müssig, diese Gesetze zu lernen, sie sind einfache Folgerungen aus dem idealen Gasgesetz.



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