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2.9  Elektrische Eigenschaften der Materie

PIC Materialien
Folien zur Vorlesung vom 07. 05. 2009: PDF
Aufgabenblatt 04 für das Seminar vom 13. 05. 2009 (Ausgabedatum 07. 05. 2009): (HTML oder PDF)

Wir betrachten ein Modellatom bestehend aus einem Kern der Ladung Ze und einer Elektronenwolke der Ladung -Ze. Ohne äusseres Feld liegen die Ladungsschwerpunkte übereinander.

PIC

Schematisches Bild eines Atoms mit seiner Elektronenhülle.

Auf den positiven Kern wirkt die Kraft

F + =  ZeE
(2.1)

Auf die negative Elektronenwolke wirkt

F - =  - ZeE
(2.2)

Die Federkraft wirkt auf die positive Ladung wie

F +,Feder = - kx
(2.3)

Auf die negative Ladung wirkt die Federkraft

F -,Feder = - k (- x)
(2.4)

Das Kräftegleichgewicht für die positive Ladung lautet:

F + + F +,Feder = 0 = ZeE  - kx  ⇒  ZeE  =  kx
(2.5)

Alternativ kann das Kräftegleichgewicht für die negative Ladung angegeben werden:

F - + F - ,Feder = 0 = - ZeE  - k (- x) ⇒  ZeE  = kx
(2.6)

Das induzierte Dipolmoment ist

pind = Zex
(2.7)

und damit

       (Ze )2
pind = ------·E  =  αE
         k
(2.8)

Dabei ist α die atomare Polarisierbarkeit (Einheit [α] = Fm2 = Cm2/V = Asm2/V).



Atom oder Molekül α∕(         2)
 10 -40AsVm--


He 0.2
Li+ 0.03
Ne 0.4
K+ 0.9
Xe 3.5
O-- 3.5
CCL4 10
CL- 4
I- 7


Gefüllte Elektronenschale



Atom oder Molekül α∕(   -40Asm2)
 10     V


H 0.7
Li 13
K 38
Cs 46


Nicht gefüllte Elektronenschale

Die potentielle Energie des induzierten Dipols im homogenen Feld E ist

                2
       α-  2   pind   1-
Epot = 2 E  =   2α  = 2 Epind
(2.9)

da

                                                p-
ΔEpot  = W  (p,p + Δp ) = QE  · Δx  = E · Δp  = α · Δp
(2.10)

und damit

       ∫p         2
E    =   p-dp =  p--
  pot     α       2α
       0
(2.11)

2.9.1  Dielektrika

PIC Versuch zur Vorlesung: Plattenkondensator mit Dielektrikum (Versuchskarte ES-3)

Bis jetzt haben wir angenommen, dass das elektrische Feld im Vakuum gemessen wurde. Dann gilt

D  = ε0E
(2.12)

PIC

Isolatoren in einem Kondensatoren

Die Beziehung zwischen angelegter Spannung und dem elektrischen Feld ist

     U-
E  =  d
(2.13)

unabhängig von den Eigenschaften des Isolationsmaterials.

Andererseits ist

            ε0U-    ε0Q--   ε0Q--   Q-
D  = ε0E  =   d  =  Cd  =  ε0Ad =  A
                             d
(2.14)

abhängig von der gespeicherten Ladung. Am Kondensator können D und E unabhängig bestimmt werden.

In vielen Fällen sind D und E linear voneinander abhängig.

D  = εε0E  = (1 + χe)ε0E
(2.15)

mit ε 1 und χe 0

ε heisst die Permittivität, χe die dielektrische Suszeptibilität.

Im Allgemeinen sind ε und χe Tensoren.




Material ε α∕(10-40 Asm2V-1)



Vakuum 1 0
Luft 1.0006 2.00332
Paraffin 2.1 38.7601
Diamant 5.6 0.912181
Glas 5-9 5.71864 - 7.27827
Silizium 11.9 4.16924
Wasser (291K,0Hz  ) 81 7.65901
Wasser (291K,1P  Hz ) 1.77 1.62297
Rutil () 90 7.9997
Rutil () 170 8.12512



Einige relative Permittivitäten

Alle Formeln der Elektrostatik können auf isotrope und homogene Dielektrika angewandt werden, indem ε0 durch εε0 ersetzt wird.

2.9.1.1. Woher rührt ε > 1?

Wenn ein Material ortsfeste permanente elektrische Dipole besitzt, dann werden diese im extremen Feld ausgerichtet. Die Ladungen im Inneren des Materials kompensieren sich. An der Oberfläche treten Ladungen auf, die das äussere Feld schwächen.

PIC

Anordnung permanenter Dipole ohne und mit elektrischem Feld.

Dabei werden die positiven Ladungen an der Oberfläche angereichert, in die das elektrische Feld zeigt. Die negativen Ladungen werden auf der Gegenseite angereichert. Diese Polarisation heisst Orientierungspolarisation.

PIC

Links: unpolares Medium ohne äusseres elektrisches Feld. Rechts: mit einem nach links gerichteten elektrischen Feld.

Ein unpolares Medium wird durch das äussere Feld nach Gleichung (2.8) polarisiert. Die Ladungsschwerpunkte der Elektronen verschieben sich und wieder entsteht ein inneres elektrisches Feld, das dem äusseres Feld entgegen wirkt. Diese Polarisation ist die Verschiebungspolarisation.

2.9.1.2. Stetigkeitsbedingungen an der Grenze zweier Dielektrika

Wir verwenden das Gausssche Gesetz. Im ladungsfreien Raum gilt div D = 0 (siehe Gleichung (2.8) ). Da das elektrostatische Feld ein konservatives Feld ist, gilt auch rot E = 0. Wir betrachten eine Oberfläche A, die ein Stück ΔA der Grenzfläche umschliesst. Dann ist

∫
  D ·da  =  - D   ΔA  + D   ΔA  = 0
               1⊥         2⊥
A

und damit gilt für die dielektrische Verschiebung die folgende Stetigkeitsbedingung

D1 ⊥ = D2 ⊥
(2.16)

Wir verwenden weiter eine Schlaufe s, die die Grenzfläche zweimal durchdringt und erhalten

 ∫               ∮
    rot E ·da  =   E ·ds  = E1 ||s-- E2 ||s-= 0
                 s              2       2
A(s)

und damit gilt für das elektrisches Feld die folgende Stetigkeitsbedingung

E1|| = E2 ||
(2.17)


An der Grenzfläche zweier Dielektrika gilt
  • die Komponente der dielektrischen Verschiebung senkrecht zur Grenzfläche und
  • die Komponente des elektrischen Feldes parallel zur Grenzfläche

sind stetig.


Mit grad φ = -E = können diese Stetigkeitsbedingungen auch für das Potential φ umgeschrieben werden

    φ1  =  φ2
  ∂φ1         ∂φ2
ε1----  =  ε2 ----                         (2.18 )
   ∂n         ∂n

2.9.1.3. Das Gesetz von Clausius und Mosotti

In diesem Abschnitt wollen wir aus einer mikroskopische Betrachtung einen Zusammenhang zwischen der relativen Permittivität und der Polarisierbarkeit ableiten. Die Polarisation eines Atoms oder Moleküls hängt von der Polarisierbarkeit α sowie vom lokalen elektrischen Feld Elokal ab. Dieses lokale Feld ist die Summe aus dem externen Feld E sowie dem Feld aller anderen Dipole am Beobachtungsort, Ei.

Elokal = E + Ei
(2.19)

Die Polarisation hängt vom lokalen Feld Elokal wie folgt ab:

P  = N p    = N αElokal
         ind
(2.20)

wobei N die Dichte der induzierten Dipole ist.

PIC

Berechnung des Gesetzes von Clausius-Mosotti

Zur Berechnung von Ei und damit Elokal betrachten wir ein homogenes Dielektrikum mit ε, bei dem ein kugelförmiges kleines Volumen mit dem Radius R entfernt wurde. In diesem Volumen berechnen wir das lokale Feld[Som78, 68],[LL85]. das von einem externen Feld E in der x-Richtung hervorgerufen wird. Das Dielektrikum erzeugt an der Oberfläche des Hohlraums eine Ladungsdichte σ(Θ) = Pn = Px cos Θ, analog wie eine Ladungsdichte und ein elektrisches Feld mit E = σ∕ε0 zusammenhängt. Nach dem Coulombgesetz (Gleichung (2.5) ) ist der Beitrag von σda gegeben durch

          σda      Px cos Θ
dEi,r = 4π-ε-R2-=  4π-ε-R2-da
            0          0
(2.21)

gegeben. Die x-Komponente ist dann

              2
dE   =  Px-cos-Θ-da
   i,x    4πε0R2
(2.22)

Wir integrieren über die ganze Kugel und beachten, dass da = r2 sin ΘdΘist. Die Integration über φ (Faktor 2π) und diejenige über r (Faktor 1, da die Ladung an der Oberfläche konzentriert ist) sind sofort ausführbar, so dass wir mit cos 2(Θ) sin(Θ)dΘ = -1
3 cos 3(Θ)

        Px    ∫π                   1
Ei,x =  ----2π   cos2 Θ sin Θd Θ =  ---Px
       4πε0   0                   3ε0
(2.23)

erhalten. Da die x-zufällig gewählt wurde, gilt die Lorentz-Beziehung auch allgemein

      -1--
Ei =  3ε0P
(2.24)

Mit

P  = (ε - 1)ε0E  = χeε0E
(2.25)

wird aus der Kombination von Gleichung (2.20) und Gleichung (2.24) die Clausius-Mosotti-Beziehung

--χe---=  ε --1-= N-α-
χe + 3    ε + 2   3ε0
(2.26)

die die Polarisierbarkeit α mit der Dielektrizitätszahl ε verknüpft. N ist die Dichte der induzierten Dipole.

Die Rechnung verläuft folgendermassen

    P   =  (ε - 1)ε0E

    E   =   ---P-----
            (ε - 1)ε0
    P   =  N αElokal
            P
Elokal  =   ----
            N α
Elokal  =  E  + Ei
  -P--      ---P-----  -P--
  N α   =   (ε - 1)ε0 + 3ε0
   1           1        1
  ----  =   ---------+ ----
  N α       (ε -( 1)ε0   3ε0 )
            1      1      1
        =   --  -------+  --
            ε0( (ε - 1)  )3
            1-  3 +-ε --1
        =   ε   3(ε - 1)
             0(         )
            1-  -2-+-ε--
        =   ε0  3(ε - 1)

  N-α-  =   ε --1
  3ε0       ε + 2

2.9.1.4. Kondensator gefüllt mit Dielektrikum

PIC

Links: Kondensator ohne und rechts: mit Dielektrikum

Wir betrachten einen Kondensator, dessen Platten die konstante Ladung Q tragen. Das Feld im Inneren des Kondensators sei um den Faktor ε geringer als das Feld E0 ohne Dielektrikum

E =  E0-
      ε
(2.27)

Bei einem Plattenkondensator mit dem Abstand d ist

U  = Ed  = E0d- = U0-
             ε     ε
(2.28)

Die Kapazität ist

     Q    Q      Q
C =  --=  U0-= ε ---= εC0
     U     ε     U0
(2.29)

Also ist beim Plattenkondensator

        A-
C =  εε0d
(2.30)

Die dielektrische Verschiebung ist im obigen Falle konstant

D  = Q-
     A
(2.31)

Hält man die Spannung fest, wenn ein Dielektrikum in den Kondensator eingebracht wird ist,

Q  = εQ0
(2.32)

2.9.2  Elektrische Phänomene

PIC Versuch zur Vorlesung: Steighöhe im Kondensator (Versuchskarte ES-12)

Die Energiedichte im Kondensator ist

w   = 1-D ·E
  el   2
(2.33)

PIC

Links eine dielektrische Flüssigkeit im Kondensator ohne angelegtes Feld. Rechts mit angelegtem Feld.

Wenn wir das obige Experiment durchführen, steigt die dielektrische Flüssigkeit. Dabei erhöht sich die im elektrischen Feld gespeicherte Energie und auch die potentielle Energie.

Wie geht das?

PIC

Skizze der Änderungen beim Anlegen einer Spannung

Zur Berechnung müssen wir auch die Batterie oder Spannungsquelle mit betrachten [Kän78].

  1. Mechanische Arbeit:
    dWmech  = F dx

  2. Elektrostatische Energie im Volumen abdx: Die Spannung U wird konstant gehalten, und damit auch
         U-
E =  a

    Dabei nehmen wir ein homogenes Feld an

              (                 )
dW     =    1εε E2  - 1ε E2   abdx
   el       2  0      2 0
           1          U2
       =   -(ε - 1)ε0 -2 abdx
           2          a
       =   1(ε - 1)ε U 2b-dx                       (2.34)
           2        0   a
  3. Die Batterie liefert elektrische Energie, da die Ladungsmenge sich ändert. Die Kapazität ändert sich um
    dC   =   εε bdx-- ε  bdx-
           0 a      0 a
                  bdx-
     =   (ε - 1)ε0 a                          (2.35)
    Die Spannung U0 wird aufrecht erhalten und die Ladung dQ transportiert (Epot = qU )
    Also
    dW       =   UdQ                                (2.36)
    Batt
         =   U·U  dC
                       2 bdx-
         =   (ε - 1) ε0U  a
  4. Die Energiebilanz ist
    dW      + dW   =  dW
   mech      el      Batt
    (2.37)

           1             b                 b
Fdx +  -(ε - 1) ε0U2--dx = (ε - 1)ε0U 2--dx
       2            a                  a
    (2.38)

    und somit

         1          b
F  = --(ε - 1)ε0--U2
     2          a
    (2.39)

2.9.2.1. Dielektrische Flüssigkeit im Kondensator bei konstanter Ladung

Wenn der Kondensator von allen Spannungsquellen getrennt ist, bleibt die Ladung auf seinen Platten, Q, konstant. Die dielektrische Verschiebung D und nicht das elektrische Feld E bleiben konstant.

  1. Mechanische Arbeit:
    dWmech  = F dx

  2. Elektrostatische Energie im Volumen abdx: Die Ladung Q wird konstant gehalten, und damit auch
         Q
D =  --
     A

    Dabei nehmen wir ein homogenes Feld an

              (                 )
            -1--- 2   -1-- 2
dWel   =    2εε D   - 2ε D    abdx
               0  2     0
       =  1---ε Q--abdx
           2εε0 A2
          1 - ε  Q2
       =  ----- -2-2abdx
           2εε0 a b
          1---ε Q2-
       =   2εε0 ab dx                              (2.40)
    dWel ist negativ, da 1 - ε < 0 ist.
  3. Die Energiebilanz ist
    dW      + dW   =  0
   mech      el
    (2.41)

           1---ε Q2-
F dx +  2εε  ab dx = 0
           0
    (2.42)

    und somit

                   2
F =  1-(ε---1)-Q--
     2  εε0   ab
    (2.43)



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