©2001-2015 Ulm University, Othmar Marti, PIC
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2.13  Anzahl Zustände und externe Parameter

(Siehe Reif, Statistical and Thermal Physics [Rei65, pp. 112])

Wir lassen nun einen externen Parameter x zu. x könnte zum Beispiel das Volumen V sein. Die Anzahl Zustände Ω(E,x ) zwischen E und E + δE hängt nun von x ab. Sei x im Intervall x x + dx.

Wenn x sich um dx ändert, ändert sich die Energie des Mikrozustandes Ei(x) um den Wert ∂Ei
∂xdx. Die Änderung ∂Ei
 ∂x ist für jeden Zustand anders.

Wir nennen Ωy(E,x) die Anzahl Zustände zwischen E und E + δE deren Ableitungen ∂E∂x zwischen Y und Y + δY liegen.

          ∑
Ω (E,x ) =    ΩY  (E,x )
           Y
(2.1)

Wenn wir x um dx ändern, wie viele Zustände wechseln dann von einer Energie kleiner E zu einer Energie grösser als E?

σ  (E ) = ΩY--(E,x-)Y dx
  Y          δE
(2.2)

Die Summe über alle Zustände ist

         ∑           ∑   ΩY (E,x )       Ω (E,x )
σ (E ) =    σY (E) =     ---------Ydx  = --------⟨Y ⟩dx
         Y            Y     δE             δE
(2.3)

mit dem Mittelwert

          1    ∑
⟨Y ⟩ = --------   ΩY  (E,x) Y
       Ω (E,x ) Y

.

Wenn die Energie

Ei =  Ei(x1...xn )

eine Funktion von x1xn ist gilt für die Änderung der Energie des Zustandes i.

       ∑  ∂E
dEi  =    ---idxj
        j ∂xj


In der Physik heisst die Grösse
∂E
---i = - Xj,i
∂xj

die zur Variablen xj konjugierte „verallgemeinerte Kraft“.


Zum Beispiel gilt dU = δQ - pdV und damit

dU-
dV =  - p

p ist also die zum Volumen konjugierte verallgemeinerte Kraft.

Analog erhalten wir mit Y = ∂Ei
∂x die Beziehung

       ⟨     ⟩
         ∂Ei-
⟨Y ⟩ =   ∂x    = - ⟨X ⟩
(2.4)

Die dazugehörige Arbeit δWi ist allgemein so definiert (Gleichung für totale Differentiale):

               ∑
δW  ≡ - dEi =     X α,ixα
               α
(2.5)

Variable verallgemeinerte Kraft


die Distanz x die normale Kraft F
das Volumen V der Druck p
die Oberfläche A die Oberflächenspannung σS


Beispiele für verallgemeinerte Kräfte

Wie ändert sich nun Ω(E,x ) wenn x nach x + δx ändert? σ(E) ist nach der Definition in Gleichung (2.2) die Zahl der Moleküle von unterhalb E nach oberhalb E wechselt. Die Grösse ∂Ω(E,x)
--∂x---dx nimmt zu, weil σ(E) Zustände hinzukommen und σ(E + δE) Zustände wegfallen. Die Bilanz ist (wir verwenden die Definition der Ableitung)

∂Ω-(E,x-)dx = σ (E ) - σ (E + δE ) = - ∂-σδE
   ∂x                                 ∂E
(2.6)

Aus Gleichung (2.3) bekommt man

d σ   ∂ Ω (E,x)
--- = --------- ⟨Y⟩
dx       δE

und damit

∂ Ω (E,x )
---------
   ∂xdx = -∂σ
----
∂EδE
= -∂---
∂E[               ]
  Ω-(E,x-)-⟨Y⟩ dx
    δEδE
= -∂
----
∂E[Ω (E,x) ⟨Y⟩] dx
dx kommt auf beiden Seiten der Gleichung vor und kann deshalb gekürzt werden.
∂Ω (E,x )
---------
   ∂x = - ∂
----
∂E[Ω (E,x )⟨Y ⟩]
= -∂Ω-(E,x-)
   ∂E⟨Y ⟩- Ω(E,x) ∂-⟨Y-⟩-
 ∂E

Wir teilen beide Seiten durch Ω(E,x ) und bekommen

    1   ∂ Ω (E,x)        1    ∂ Ω (E,x )       ∂ ⟨Y ⟩
----------------- = - ----------------- ⟨Y ⟩ - ------
Ω (E,x )   ∂x         Ω (E,x )   ∂E            ∂E

Diese Gleichung ist äquivalent zu

∂ ln-Ω-(E,x)-= - ∂-lnΩ-(E,x-)⟨Y ⟩ - ∂-⟨Y-⟩
    ∂x              ∂E              ∂E
(2.7)

Wenn Ω Ef ist, ist der erste Summand ∂ln∂EΩ--⟨Y ⟩fE-⟨Y ⟩. Den zweiten Summanden kann man abschätzen, wenn man die Ableitung ∂⟨Y⟩-
∂E durch die Steigung der Gerade zum Nullpunkt ⟨Y⟩
-E- ersetzt. Dann ist der erste Summand auf der rechten Seite der Gleichung für grosse Systeme (f 1) um den Faktor f grösser als der zweite Summand. Der zweite Summand ∂⟨Y⟩
 ∂E kann deshalb vernachlässigt werden. Mit β(E) = ∂Ω-
∂E und Gleichung (2.4) bekommt man

∂-lnΩ-     ∂-ln-Ω-
  ∂x   = -  ∂E   ⟨Y ⟩ = - β ⟨Y ⟩ = β ⟨X ⟩
(2.8)

Diese formale Beziehung soll nun anhand von Beispielen erläutert werden.

Wir setzen x = V
∂-ln-Ω-=  ∂-ln-Ω-=  ∂Ω-∂-lnU- = β ⟨p⟩ = ⟨p⟩
 ∂x       ∂V      ∂U   ∂V             kT
(2.9)

da ja nach dem 1. Hauptsatz für die innere Energie gilt dU = δQ - pdV und damit ∂U-
∂V = -p. Gemittelt bekommen wir also ⟨Y ⟩ = ⟨∂U ⟩
 ∂V- und ⟨X ⟩ = ⟨p⟩.

Bei mehreren externen Parametern modifiziert sich Gleichung (2.8) zu

∂ lnΩ
------ = β ⟨X α⟩
 ∂x α

2.13.1  Gleichgewicht zwischen zwei Systemen mit veränderbarem Teilvolumen

Wir betrachten ein isoliertes System A0 = A + A, das aus zwei Teilsystemen besteht. Das Volumen V ist vom Volumen V durch einen beweglichen Kolben getrennt. Die Gesamtenergie sei konstant: E0 = E + E= const, wie auch das Gesamtvolumen V 0 = V + V = const. Die beiden Systeme tauschen Wärme und mechanische Arbeit aus.

PIC

Skizze eines gekoppelten Systems, das durch einen Kolben getrennt ist.

Wir betrachten eine infinitesimale Änderung des Zustandes mit den externen Parametern xα und verwenden Gleichung (2.8) (verallgemeinerte Kräfte)

d ln Ω = ∂ lnΩ
------
 ∂Ed⟨E ⟩ + α=1n∂ ln Ω
------
 ∂xαd⟨xα⟩
= β(                      )
         ∑
  d⟨E ⟩ + α  ⟨X α⟩ d⟨xα ⟩ (2.10)

In unserem Falle ist xα = V und E = U die innere Energie. Somit erhalten wir mit δW = -pdV für unseren infinitesimalen Prozess

d lnΩ =  β (d⟨U ⟩ + pdV ) = β (d ⟨U ⟩ - δW ) = β δQ
(2.11)

was nichts anderes als der erste Hauptsatz ist.

Wir können für infinitesimale Prozesse auch schreiben

δQ =  TdS =  d⟨U ⟩ - δW
(2.12)

Bei einem adiabatischen Prozess ist δQ = 0 und damit dS = 0. Somit ändert sich auch Ω bei einem adiabatischen Prozess nicht!

Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn die Wahrscheinlichkeit

p(E0)   maximal

ist.

Die Anzahl Zustände des Gesamtsystems sind

Ω0(E0) = Ω(E,V ) Ω   ′  ′
(E ,V  )
ln Ω0 = ln Ω + ln Ω
(2.13)
Damit ist, mit der Definition der Entropie, auch
S0 = S + S (2.14)

Das Maximum der Wahrscheinlichkeit, der Anzahl Zustände Ω und damit der Entropie S wird erreicht, wenn

                      ′
d ln Ω0 = d (ln Ω + ln Ω ) = 0
(2.15)

ist. Andererseits kann man für Änderungen der Anzahl Zustände als Funktion kleiner Änderungen dE oder dV auch schreiben

d ln Ω = ∂-ln-Ω-
 ∂EdE + ∂ ln-Ω
 ∂VdV
= βdE + β⟨p ⟩dV (2.16)

Analog erhält man für das zweite Teilsystem A

     ′    ′   ′   ′  ′    ′      ′      ′  ′
dln Ω =  β dE  + β ⟨p ⟩dV  =  - β dE - β ⟨p ⟩dV
(2.17)

Wir haben dabei wegen der Energieerhaltung dE = -dE und wegen der Volumenerhaltung dV = -dV geschrieben. Die Summe der Gleichungen 2.16 und 2.17 ergibt

(β - β′)dE +  (β ⟨p⟩ - β′⟨p′⟩)dV = 0
(2.18)

Dies muss für beliebige dE und dV gelten. Darum haben wir

β - β = 0 β = β T = T (2.19)
β⟨p⟩- β⟨p′⟩ = 0 ⟨p⟩ = ⟨p′⟩ (2.20)

Dies sind die erwarteten Gleichgewichtsbedingungen, aber nun mit statistischen Argumenten hergeleitet.



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