Aus der Gleichung für das van der Waals-Gas folgt, dass es einen Koexistenzbereich von Flüssigkeit und Gas gibt.
Wenn die Moleküle sich wie ein Gas verhalten, ist dies der gasförmige Aggregatszustand. Die van der Waals-Gleichung gibt eine makroskopische Erklärung der Phasen. Wie könnte eine mikroskopische Erklärung aussehen?
Oberflächenspannung und potentielle Energie
Die Oberflächenspannung bewirkt eine von der Oberfläche nach innen gerichtete Kraft, die dann zu einer potentiellen Energie führt
Welche Moleküle haben genügend Energie W zum Verlassen der Flüssigkeit? Um diese Frage zu beantworten, muss die Energieverteilung der Moleküle in der Flüssigkeit betrachtet werden. Die hohen Energien sind auf jeden Fall Boltzmann-verteilt.
| (2.1) |
Diese Gleichung beschreibt den Dampfdruck pD. W ist die Verdampfungsenergie pro Molekül.
In diesem Diagramm gibt es zwei ausgezeichnete Temperaturen, den kritischen Punkt mit der kritischen Temperatur Tk und den Tripelpunkt mit der Temperatur TTr.
Bemerkung:
Die Existenz des kritischen Punktes kann verwendet werden, um fragile Objekte durch Umrunden von Tk aus der Flüssigkeit zu entfernt. Auf diese Weise wird Flüssigkeit zu Gas, ohne zu verdampfen.
Um die Steigung der Dampfdruckkurve zu verstehen, betrachten wir eine Carnot-Maschine, di mit einer verdampfenden (oder kondensierenden ) Flüssigkeit arbeitet.
Carnot-Prozess mit verdampfender Flüssigkeit
Der Prozess läuft folgendermassen ab
1 → 2 | Die Flüssigkeit | verdampft isobar und isotherm |
2 → 3 | Der Dampf | expandiert adiabatisch |
3 → 4 | Der Dampf | kondensiert isobar und isotherm |
4 → 1 | Die Flüssigkeit | wird erwärmt |
Wenn dT genügend klein ist sind die Prozesse 1 → 4 und 2 → 3 isochor.
Diese Carnot-Maschine leistet die mechanische Arbeit
ΔW3→4 | = p | ||
ΔW1→2 | = - | ||
ΔW | = -dp | (2.2) |
Der Wirkungsgrad wird damit
η | = | = | dp | ||||
= | ≈ | (2.3) |
Hier ist λ die spezifische Verdampfungsenergie (Energie pro Masse). Ebenso sind vD = V D∕mD und vfl = V fl∕mfl die spezifischen Volumina. Der Wirkungsgrad dieser Carnot-Maschine aus Gleichung (2.3) ist der gleiche wie für die klassischen Carnot-Prozesse. Durch Umstellen von Gleichung (2.3) erhalten wir die Clausius-Clapeyron-Gleichung.
Die Einheit der spezifischen Verdampfungswärme ist
|
Wir möchten den Dampfdruck pD als Funktion der Temperatur berechnen. Wir betrachten den Fall, dass das spezifische Volumen der Flüssigkeitviel kleiner als das spezifische Volumen des Gases ist, also vfl « vGas = vD. Diese Ungleichung ist meistens sehr gut erfüllt (bei Wasser ist vGas = 1244vfl. Dann kann in der Clausius-Clapeyron-Gleichung (2.4) vD - vfl ≈ vD gesetzt werden. Wir schreiben für die ideale Gasgleichung
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Mit der Molmasse M = m∕ν bekommen wir
|
und, umgestellt,
|
Eingesetzt in die Clausius-Clapeyron-Gleichung (2.4) erhalten wir
| (2.5) |
Wir separieren T und p und erhalten
| (2.6) |
Nach Ausführen der Integration findet man
| (2.7) |
oder
| (2.8) |
Der Druck hängt also exponentiell von der inversen Temperatur ab. Eine Darstellung von ln pD gegen 1∕T ermöglicht die Bestimmung der Steigung -λM∕R und damit der spezifischen Verdampfungswärme λ. Abbildung 2.23.2 zeigt einige Dampfdruckkurven in der Arrhenius-Darstellung.
Arrhenius-Darstellung des Dampfdrucks verschiedener Substanzen (nach [WA80, D-195]
Der Übergang vom Festkörper zur Flüssigkeit heisst Schmelzen. Der umgekehrte Vorgang wird Erstarren oder, bei Wasser, Gefrieren, genannt.
Für die Schmelzwärme gilt eine zur Clausius-Clapeyron-Gleichung analoge Gleichung
| (2.9) |
Die Einheit der spezifischen Schmelzwärme λ′ ist
|
Wenn vfest < vfl ist, dann ist λ′ > 0. Dies bedeutet, dass unter Druck die Materie bevorzugt in der festen Phase ist. Bei Wasser ist die Situation umgekehrt (vfest > vfl). Damit schmilzt Eis bei hohem Druck. Durch diesen Effekt werden Gletscher und Schlittschuhe geschmiert.
Wir betrachten ein System mit einer Teilchensorte (eine Komponente). Für dieses System finden wir die folgende Anzahl von Freiheitsgraden:
1 Phase | ⇒ | 2 Freiheitsgrade | p | ||
2 Phasen | ⇒ | Schmelz-(Dampf-)druckkurve | ⇒ | 1 Freiheitsgrad | p V |
3 Phasen | ⇒ | 0 Freiheitsgrade | pTp, TTp, V Tp | ||
Je mehr Phasen wir also haben, desto bestimmter ist das System. Bei einer Komponente und drei Phasen gibt es keine Freiheitsgrade mehr. Die Gibbsche Phasenregel gibt eine Beziehung für die Anzahl Freiheitsgrade f, wenn das System aus k Komponenten mit p Phasen besteht.
Aus der Gibbschen Phasenregel folgt, dass der Tripelpunkt von Wasser eindeutig definiert ist.