Unterabschnitte

Das Faradaysche Induktionsgesetz

Eine bewegte Leiterschleife in einem stationären $ \vec{B}$-Feld





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{strom-017}
Induktion eines Stromes in einer in einer inhomogenen magnetischen Induktion bewegten Leiterschlaufe.




Wir bewegen eine Leiterschlaufe mit der Geschwindigkeit $ \vec{v}$ aus dem begrenzten Gebiet mit einer homogenen magnetischen Induktion heraus. Auf die beweglichen Ladungsträger, hier positiv angenommen, wirkt die Lorentzkraft $ \vec{F}_L$. Auf den horizontalen Teilen der Leiterschlaufe kennen wir den Effekt: eine Hallspannung auf. Im vertikalen Teil im Magnetfeld bewirkt die Hallspannung eine Beschleunigung der Ladungsträger. Nach der Definition der elektromotorischen Kraft haben wir

$\displaystyle U_{EMK}=\frac{1}{q_{0}} {\displaystyle\oint} \vec{F}\cdot d\vec{s...
...ds = \frac{1}{q_{0}} \left(q_0 \cdot v \cdot B\right) \cdot b = v\cdot B\cdot b$ (4.323)

Hat die Drahtschlaufe den Widerstand $ R$, so fliesst der Strom

$\displaystyle I = \frac{U_{EMK}}{R}$ (4.324)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Induktion (Versuchskarte EM025)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Induktion im Erdfeld (Versuchskarte EM027)

Der magnetische Fluss

(Siehe Leisi, Klassische Physik II [Lei98, pp. 138]) (Siehe Tipler, Physik [TM04, pp. 876])

Im Zusammenhang mit den elektrischen Feldern $ \vec{E}$ hatten wir den elektrischen Fluss $ \phi_E$ eingeführt. Hier bewegen wir die Leiterschlaufe mit der Geschwindigkeit $ \vec{v}$, wir ändern damit die vom Magnetfeld durchflossene Fläche $ A$ um die Grösse $ da = - d\ell \cdot b$. Da die Geschwindigkeit $ v = d\ell/dt$ ist, können wir auch schreiben

$\displaystyle U_{EMK} = v\cdot B\cdot b = \frac{d\ell}{dt} b \cdot B = - \frac{da}{dt}B = -\frac{B\cdot da}{dt}$ (4.325)

schreiben. Wir definieren den

magnetischen Fluss

$\displaystyle \phi_B = \iint\limits_{A(S)} \vec{B}\cdot d\vec{a}$ (4.326)

durch die von der geschlossenen Kurve $ S$ berandete Fläche $ A$

Damit ist die induzierte EMK

$\displaystyle U_{EMK} = -\frac{d\phi_B}{dt} = -\frac{d}{dt}\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\vec{B}\cdot d\vec{a}$ (4.327)

Sie wird durch den zeitlich sich ändernden Fluss erzeugt.

Die Einheit des magnetischen Flusses ist Weber.

$\displaystyle 1\;$Weber$\displaystyle \;= 1\; Wb = 1\;T\cdot m^2$ (4.328)

Das Minuszeichen in den Gleichungen für den magnetischen Fluss rührt daher, dass eine Geschwindigkeit in die positive $ x$-Richtung eine Verkleinerung der Fläche $ A$ bewirkt.

Das durch den Strom erzeugte Magnetfeld ist so gerichtet, dass die Bewegung der Spule gebremst wird. Dieses Verhalten wird in der Lenzschen Regel zusammengefasst:

Die Induktionsspannung und der Strom, den sie bewirkt, sind stets so gerichtet, dass sie der Ursache entgegenwirken.





\includegraphics[width=0.6\textwidth]{magnetismus-002}
Vergleich eines Stabmagneten mit einer Spule. Der magnetische Nordpol ist üblicherweise rot, der Südpol grün markiert.




Eine Spule erzeugt ein axiales Magnetfeld. Die Richtung des Magnetfeldes wird mit der Rechten Hand-Regel aus der Stromrichtung abgeleitet. Ein Stabmagnet erzeugt ein gleiches Magnetfeld wie eine Spule.

Die Nord- und Südpole der Magnete sind so definiert: Die $ \vec{B}$-Feldlinien laufen vom Nordpol zum Südpol. Der Nordpol ist rot markiert, der Südpol grün.





\includegraphics[width=0.6\textwidth]{magnetismus-003}
Induzierte Spannung




Bewegt man einen Magneten mit der Geschwindigkeit $ \vec{v}$ von einem Stabmagneten weg, so bewirkt die Lorentzkraft einen Strom $ I$, der ein Magnetfeld $ \vec{B}_{ind}$ induziert. Dieses Magnetfeld ist so gerichtet, dass es gleichsinnig wie das Magnetfeld des Stabes ist. Der Metallring wird also vom Stabmagneten angezogen und in seiner Bewegung nach rechts gebremst (Lenzsche Regel).





\includegraphics[width=0.9\textwidth]{magnetismus-001}
Vorzeichen des Magnetfeldes und der induzierten Spannung beim Ein- und Ausschalten.




Hier wird ein Magnetfeld eingeschaltet. Die Richtung der Feldlinien wird durch die Rechte-Hand-Regel bestimmt. Ein zeitlich zunehmendes Magnetfeld in der rechten Spule ist äquivalent zu einer Bewegung der rechten Spule im inhomogenen Feld (links intensiver als rechts) nach links. Dabei zeigt die relevante Feldkomponente nach aussen. Aus der Rechten Hand-Regel ergibt sich die angegebene Stromrichtung. Nach dem Ausschalten des erregenden Stromes nimmt die Intensität des Magnetfeldes ab. Dies ist äquivalent zu einer Bewegung der rechten Spule nach rechts, bei gleichbleibender Richtung des Magnetfeldes. Entsprechend dreht sich die Richtung des Stromes um.





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-004}
Selbstinduktion




Wenn eine Spule von einem Strom durchflossen ist, wird dadurch ein Magnetfeld erzeugt. Wenn nun der Strom durch die Spule geändert wird, wird eine Spannung induziert, die wie im vorigen Falle so gerichtet ist, dass sie der Änderung des Magnetfeldes entgegenwirkt, so also auch der Änderung des durch die Spule fliessenden Stromes. Im besonderen Falle, dass der Strom abgeschaltet wird, dass also der Widerstand im Stromkreis um viele Grössenordnungen steigt, bildet sich eine sehr hohe Spannung.

Anwendungen

Induktionsgesetz von Faraday, Integral- und Differentialform

Wir betrachten die Situation in der Abbildung 4.1 im Ruhesystem $ S'$ der Schleife. Im Laborsystem $ S$ ist das Magnetfeld

$\displaystyle \vec{B}= \left(0\text{,}\,0\text{,}\,B_z\right)$

in die $ z$-Richtung gerichtet. Die Geschwindigkeit zeigt in die $ y$-Richtung. Mit derLorentztransformation berechnen wir die Felder im System $ S'$. Wir erhalten
$\displaystyle \vec{B}'$ $\displaystyle = \left(0\text{,}\,0\text{,}\,B_z'\right) $ $\displaystyle =\left(0\text{,}\,0\text{,}\,\gamma(v_y)\cdot B_z\right) $ (4.329)
$\displaystyle \vec{E}'$ $\displaystyle = \left(E_x'\text{,}\,0\text{,}\,0\right) $ $\displaystyle = \left(v\cdot \gamma(v_y)\cdot B_z\text{,}\,0\text{,}\,0\right) $  
$\displaystyle $ $\displaystyle $ $\displaystyle = \left(v_y\cdot B_z'\text{,}\,0\text{,}\,0\right)
$  

Die Leiterschleife ist im System $ S'$ in Ruhe. Also muss die EMK durch das elektrische Feld erzeugt werden.

$\displaystyle U_{EMK}' = E_x'\cdot b = v_y\cdot B_z'\cdot b$ (4.330)

Die Flussänderung ist

$\displaystyle d\phi_B' = -B_z'\cdot v_y\cdot b\cdot dt'$ (4.331)

Somit lauten das Induktionsgesetz und das Ohmsche Gesetz
$\displaystyle U_{EMK}'$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{d\phi_B'}{d t'}$ (4.332)
$\displaystyle U_{EMK}'$ $\displaystyle =$ $\displaystyle R\cdot I'$  

Somit gilt für die EMK die Transformation

$\displaystyle U_{EMK}' = \gamma(v)U_{EMK}$ (4.333)

Die Gleichungen (4.12) gelten in jedem Falle. Wenn $ v\ll c$ ist, kann man die Unterschiede im Strom $ I$, in der EMK $ U_{EMK}$ und im Magnetfeld $ \vec{B}$ vernachlässigen.

Die Transformationseigenschaften zeigen, dass das Induktionsgesetz auch bei stationären Leiterschleifen und zeitlich ändernden Magnetfeldern gelten muss (wir begeben uns in das System $ S'$). Die Wirkungen der Felder $ \vec{B}$ und $ \vec{E}$ sind unabhängig von ihrer Entstehung.

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Magnetische Induktion (Versuchskarte EM051)

Für einen beliebig geformten ruhenden Leiter (gegeben durch die Kurve $ S$) in einem zeitlich ändernden Magnetfeld gilt für die EMK

$\displaystyle U_{EMK} = -\frac{d}{dt}\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\vec{B}\cdot d\vec{a}$ (4.334)

Da der Leiter in Ruhe ist, muss die EMK durch ein elektrisches Feld erzeugt sein.

$\displaystyle U_{EMK} = \oint\limits_S \vec{E}\cdot d\vec{s}$ (4.335)

Ist der Leiter nicht in Ruhe, dann ist mit Gleichung(C.40) und dem Satz von Stokes

$\displaystyle U_{EMK} = -\frac{d}{dt}\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\vec{B}...
...cdot d\vec{a}-\oint\limits_{S} \left(\vec{B}\times\vec{v}\right) \cdot d\vec{s}$ (4.336)

Bei einer bewegten Leiterschlaufe ist nur die EMK relevant die im mitbewegten Bezugssystem gemessen wird. Also ist dasuniverselle Induktionsgesetz von Faraday

$\displaystyle \oint\limits_S \vec{E}\cdot d\vec{s}=
-\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\frac{\partial}{\partial t}\vec{B}\cdot d\vec{a}$ (4.337)

Mit dem Satz von Stokes erhält man

$\displaystyle \oint\limits_{S(t)} \vec{E}\cdot d\vec{s}= \displaystyle\iint\lim...
...style\iint\limits_{A(S(t))}^{}\frac{\partial\vec{B}}{\partial t} \cdot d\vec{a}$ (4.338)

Für zeitunabhängige Berandungen $ A(S)$ kann man auch schreiben

$\displaystyle \oint\limits_{S} \vec{E}\cdot d\vec{s}= -\frac{d}{dt}\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\vec{B}\cdot d\vec{a}$    

Da diese Integralgleichung für beliebige Kurven $ S$ gelten muss, also auch für infinitesimal kleine, erhalten wir die differentielle Form des Faradayschen Induktionsgesetzes

$\displaystyle  {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} \vec{E}= - \frac{\partial \vec{B}}{\partial t}$ (4.339)

Wirbelströme

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Fallrohre (Versuchskarte EM057)





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-005}
Wirbelströme in Metallen




Wenn sich ein Metallstück in einem inhomogenen Magnetfeld befindet, dann muss für jede Bahnkurve $ S$ das Faradaysche Induktionsgesetz gelten. Da der Leiter einen spezifischen Widerstand $ \rho_{el}$ hat, fliesst bei einer Änderung des Flusses durch $ S$, zum Beispiel, indem man den Leiter bewegt, ein durch die induzierte Spannung getriebener Strom. Die Richtung des Stromes ist so, dass er sich einer Änderung des magnetischen Flusses widersetzt. Bei einem perfekten Leiter, müssten enorm grosse Kräfte aufgebracht werden, um das Metallstück mit einer minimalen Geschwindigkeit bewegen zu können. Durch die Dissipation im Ohmschen Leiter wird der induzierte Strom geschwächt, so dass die der Bewegung entgegengesetzte Kraft umso kleiner ist, je schlechter die Leitfähigkeit des Metalls ist.

Um die Grössenordnung des Wirbelstromes abzuschätzen betrachten wir lokal ein Stück Metall das mit der Geschwindigkeit $ v_y$ durch eine magnetische Induktion in die $ x$- Richtung, $ B_x$, gezogen wird. Wir betrachten die Felder im Ruhesystem der Platte. Aus den Lorentz-Transformationen erhalten wir

$\displaystyle E_z'$ $\displaystyle = \frac{- v_y B_x}{\sqrt{1-v_y^2/c^2}}$ $\displaystyle \approx$ $\displaystyle - v_y B_x$    
$\displaystyle B_x'$ $\displaystyle = \frac{B_x}{\sqrt{1-v_y^2/c^2}}$ $\displaystyle \approx$ $\displaystyle B_x$   (4.340)

da $ v^2/c^2 \ll 1$ ist. Lokal gilt der Zusammenhang

$\displaystyle \vec{i}= \sigma \vec{E}$ (4.341)

Weiter können wir aus $ P = I U$ mit $ i = I/A$ und $ E_z' = U/d$ und der Bezeichnung für das Volumen $ V=A  d$ schreiben

$\displaystyle \lim\limits_{V \rightarrow 0} \frac{P}{V} = P_V = \lim\limits_{V \rightarrow 0} \frac{i  A\cdot E_z'  d}{V} = i  E_z' = \sigma E_z'^2$ (4.342)

Andererseits hängt die dissipierte Leistung pro Volumen von der Volumenkraft $ F_V$ und der Geschwindigkeit $ v_y$ ab.

$\displaystyle P_V = F_V\cdot v_y = \sigma E_z'^2 = \sigma \left(v_y B_x'\right)^2 = \sigma \left(v_y B_x\right)^2$ (4.343)

Die Volumenkraft ist also

$\displaystyle F_V = \sigma v_y B_x^2$ (4.344)

Die Berechnung wurde anhand eines unendlich ausgedehnten Leiters in einem Magnetfeld gemacht. Endliche Leiter und endliche Magnetfelder bewirken, dass der Effekt nur an den Grenzen vorhanden ist.





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{magnetismus-005a}
Bewegung eines Leiters aus einem Magnetfeld.




Im Ruhesystem des Leiters bewirkt das elektrische Feld eine Bewegung der Ladungsträger an die Seiten des Leiters (analog wie beim Halleffekt). Dadurch wird ein Gegenfeld aufgebaut, bis die Bewegung der Ladungsträger zum Erliegen kommt (Siehe Abbildung 4.7, linke Seite). Wenn der Leiter den Bereich des Magnetfeldes verlässt (wir nehmen eine scharfe Grenze an, dann gleichen sich die Ladungen aus. Die Ströme erzeugen wegen der endlichen Leitfähigkeit $ \sigma$ eine Wärmeleistung, das heisst es gibt eine Gegenkraft. Kondensatoren werden exponentiell entladen, so dass die Wirkung des ändernden Feldes lokal begrenzt ist. Auf der anderen Seite des Magnetfeldes tauchen die gleichen Effekte auf, aber beim Laden des Kondensators. Auch dort nimmt der Strom exponentiell ab beim Entfernen von der Grenze. Warum heisst es dann doch Wirbelströme? Wir haben einen Stromkreis, bei dem die magnetische Induktion die elektromotorische Kraft bewirkt (wie beim van de Graaff-Generator). Während im Ruhesystem des Leiters die Effekte durch das elektrische Feld erklärt werden, müssen sie im Laborsystem mit Flussänderung und magnetischer Induktion beschrieben werden.

In Transformatoren ist die magnetische Induktion parallel zum Eisen, die Wirbelströme transversal dazu. Die Wirbelströme können vermindert werden, indem das Metall geschlitzt wird oder in Lagen mit Isolatoren dazwischen gebündelt wird.

Anwendungen

Unendlich lange Spule

Eine unendlich lange Spule kann man sich aus kreisförmigen Leitern zusammengesetzt denken.





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{magnetismus-006a}
Die magnetische Induktion am Punkt 0 auf der $ z$-Achse kann berechnet werden, indem mit Gleichung (3.150) die magnetische Induktion eines Rings mit der Stromdichte $ I\cdot n\cdot dz$ berechnet wird und dann über alle Ringströme addiert wird.




Wir berechnen zuerst die magnetische Induktion eines Kreisringes mit dem Radius $ r$ im Abstand $ z$ vom Nullpunkt ( $ \vec{r}' = (x,y,z)$) am Nullpunkt ( $ \vec{r}=(0,0,0)$). Ausgehend von Gleichung (3.150) schreiben wir für einen Kreisring auf der Position $ z$ mit dem Radius $ r$ für $ \vec{\rho}$.

$\displaystyle \vec{\rho}= \vec{r}-\vec{r}'=\left(-x\text{,}\,-y\text{,}\,-z\right)$

Da $ r$ konstant ist, schreiben wir $ x$ und $ y$ als Funktion des Winkels $ \phi$

$\displaystyle \vec{\rho}= \left(-r\cos(\phi)\text{,}\,-r\sin(\phi)\text{,}\,-z\right)$

Der Strom $ I$ soll im Gegenuhrzeigersinn umlaufen, also in positiver Richtung. Ein Längenelement entlang des Kreisringes ist

$\displaystyle d\vec{\ell}= \left(-y\text{,}\,x\text{,}\,0\right)\frac{d\ell}{r} = \left(-\sin(\phi)\text{,}\,\cos(\phi)\text{,}\,0\right)r d\phi$

Das Vektorprodukt $ d\vec{\ell}\times\vec{\rho}$ ergibt

$\displaystyle d\vec{\ell}\times\vec{\rho}= \left(-r\,z\cos(\phi)\text{,}\,-r\,z\sin(\phi)\text{,}\,r^2\right)d\phi$

Mit dem Strom pro Windung $ I$ wird die magnetische Induktion am Punkte $ \left(0\text{,} 0\text{,} 0\right)$

$\displaystyle \vec{B}= \frac{\mu_0 I}{4\pi} \oint\limits_{0}^{2\pi}\frac{d\vec{\ell}\times\vec{\rho}}{\rho^3}$    

Die $ x$- und die $ y$-Komponenten von $ d\vec{\ell}\times\vec{\rho}$ enthalten eine Winkelfunktion zur ersten Potenz und ergeben bei einer Integration von 0 nach $ 2\pi$ null. Die $ z$-Komponente der magnetischen Induktion ist

$\displaystyle B_z = \frac{\mu_0 I}{4\pi} \int\limits_{0}^{2\pi}\frac{r^2 d\phi}{\left(r^2+z^2\right)^{3/2}}= \frac{\mu_0 I r^2}{2 \left(r^2+z^2\right)^{3/2}}$ (4.345)

Die magnetische Induktion einer unendlich langen Spule bekommt man, indem wir den Strom $ I$ durch das Produkt aus Strom $ I$, der Windungszahl pro Länge (Windungsdichte) $ n$ und dem Längenelement $ dz$ ersetzen und integrieren.

$\displaystyle B_z(0) = \int\limits_{-\infty}^{\infty}\frac{\mu_0 I n r^2 dz}{2 \left(r^2+z^2\right)^{3/2}} = \mu_0 I n$ (4.346)

Wird die unendlich lange Spule bei $ z=0$ geteilt, tragen beide Spulenhälften gleichviel zur magnetischen Induktion bei $ z=0$ bei. Wird nun eine Hälfte entfernt, so ist die magnetische Induktion auf der Spulenachse

$\displaystyle B_z($Endfläche$\displaystyle ) = \frac{ B_z(0)}{2} = \frac{\mu_0 I n}{2}$ (4.347)

Endlich lange Spulen der Länge $ \ell \gg r$ verhalten sich wie unendlich lange Spulen. Wenn sich auf der Länge $ \ell$ $ N$ Windungen befinden, haben wir

$\displaystyle B_z($innen$\displaystyle ) = \frac{\mu_0 N}{\ell} I$ (4.348)

Transformator

Der magnetische Fluss in einer Spule entsteht durch Ströme in dieser Spule selber, oder in anderen Spulen. Nach dem Gesetz von Laplace oder Biot-Savart ist die magnetische Induktion proportional zum Strom. Somit ist auch der Fluss $ \phi_B$ proportional zum Strom. Diese Proportionalität wird mit

$\displaystyle \phi_B = L\cdot I$ (4.349)

ausgedrückt, wobei $ L$ die Selbstinduktivität der Spule ist.

Die Einheit der Induktivität ist

$\displaystyle 1~\henry = 1~\textrm{Henry} = 1~\weber\per\ampere= 1~\tesla\usk\metre\squared\per\ampere$

In den meisten Fällen ist es schwierig, die Selbstinduktivität einer Schaltung zu berechnen. Für eine lange, dicht gewickelte Spule ergibt Gleichung (4.27) die magnetische Induktion

$\displaystyle B = \mu_0 \frac{N}{\ell}I$ (4.350)

Dabei ist $ N= n\cdot \ell$ die Anzahl Windungen auf der Länge $ \ell$. Die magnetische Induktion $ B$ hängt von der Dichte der Windungen ab, nicht aber von der Länge der Spule. Hat die Spule den Querschnitt $ A$, so ist der Fluss

$\displaystyle \phi_B = N\cdot B\cdot A = \mu_0 \frac{N^2}{\ell}I\cdot A = \mu_0 n^2 A\ell I$ (4.351)

Damit ist die Induktivität der Spule

$\displaystyle L = \frac{\phi_B}{I} = \mu_0 \frac{N^2}{\ell} A = \mu_0 n^2 A\ell$ (4.352)

Die magnetische Permeabilität $ \mu_0$ kann also auch als

$\displaystyle \mu_0 = 10^{-7} \frac{\text{Henry}}{\text{m}}$ (4.353)

Die Änderung der Stromstärke bedingt eine Änderung des magnetischen Flusses.

$\displaystyle \frac{d\phi_B}{dt}=\frac{d(LI)}{dt} = L\frac{dI}{dt}$ (4.354)

Somit wird mit Gleichung (4.6)

$\displaystyle U = -\frac{d\phi_B}{dt} = -L\frac{dI}{dt}$ (4.355)

Mit dieser Gleichung wird die Funktionsweise des Funkeninduktors klar.

\includegraphics[height=8mm]{icon-mat} Materialien

Folien zur Vorlesung vom 19. 06. 2008: PDF

Seminar vom 19. 06. 2008. Aufgabenblatt 10

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Funkeninduktor (Versuchskarte EM017)





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{magnetismus-006}
Zwei gekoppelte Stromkreise




Der magnetische Fluss am Punkt $ P_2$ hängt sowohl vom Strom $ I_2$ wie auch vom Strom $ I_1$ ab:

$\displaystyle \phi_B(P_2) = L_2\cdot I_2 + M_{12}\cdot I_1$ (4.356)

Ebenso hängt der magnetische Fluss am Punkt $ P_1$ von beiden Strömen ab

$\displaystyle \phi_B(P_1) = L_1\cdot I_1 + M_{21}\cdot I_2$ (4.357)

Neben der Selbstinduktivität $ L_i$ müssen bei realen Systemen auch die Gegeninduktivitäten $ M_{ij}$ berücksichtigt werden. Wie bei den Induktivitäten hängt auch bei den Gegeninduktivitäten die Grösse allein von der Geometrie ab.





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{magnetismus-007}
Symbolische Darstellung eines Transformators




Im allgemeinen ist es schwierig, die Gegeninduktivitäten zu berechnen. Bei zwei ineinander gewickelten Spulen, einem Beispiel für einen Transformator, gelingt dies. Wir wollen das Beispiel verwenden, um zu zeigen, dass $ M_{12}=M_{21}$ ist. Durch die Spule $ 1$ (Länge $ \ell$, Radius $ r_1$, Windungsdichte $ n_1 =
N_1/\ell$) fliesst der Strom $ I_1$, durch die zweite Spule $ 2$ (Länge $ \ell$, Radius $ r_2$, Windungsdichte $ n_2 = N_2/\ell$) soll der Strom $ I_2$ fliessen. Da wir lange Spulen betrachten, ist das Magnetfeld im Inneren der Spulen homogen. Also ist

$\displaystyle B_1 = \mu_0 n_1 I_1$ (4.358)

Ausserhalb der Spule $ 1$ ist das Magnetfeld $ B_1 = 0$ (Annahme einer langen Spule). Deshalb ist der Fluss durch den Strom $ I_1$ für die Spule $ 2$ gegeben durch

$\displaystyle \phi_{B_2} = N_2 \cdot B_1 (\pi r_1^2) = n_2\ell B_1 (\pi r_1^2)=\mu_0 n_1 n_2 \ell (\pi r_1^2) I_1$ (4.359)

Die Gegeninduktivität $ M_{12}$ ist also

$\displaystyle M_{12} = \frac{\phi_{B_2}}{I_1}= \mu_0 n_1 n_2 \ell (\pi r_1^2)$ (4.360)

Im entgegengesetzten Falle beginnen wir mit

$\displaystyle B_2 = \mu_0 n_2 I_2$ (4.361)

Der für die Spule $ 1$ relevante Fluss ist durch die von der Spule $ 1$ umschlossene Fläche, also $ N_1(\pi
r_1^2)$ gegeben.

$\displaystyle \phi_{B_1}= N_1 \cdot B_2 (\pi r_1^2)=n_1 \ell \mu_0 n_2 I_2 (\pi r_1^2) = \mu_0 n_1 n_2 \ell (\pi r_1^2) I_2$ (4.362)

Damit wird die Gegeninduktivität

$\displaystyle M_{21} = \frac{\phi_{B_1}}{I_2}=\mu_0 n_1 n_2 \ell (\pi r_1^2)= M_{12}$ (4.363)

Diese Beziehung, die an einem Spezialfall gezeigt wurde, gilt auch allgemein (ohne Beweis).





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{magnetismus-008}
Schematischer Aufbau eines Transformators




Die in einem Transformator induzierte Spannung kann wie folgt berechnet werden. In der Spule $ 1$ fällt die Spannung

$\displaystyle U_{L,1} = N_1 \frac{d\phi_B}{dt}$ (4.364)

ab. Diese Spannung muss durch die Wechselspannungsquelle $ U$ erzeugt werden, so das

$\displaystyle U = U_{L,1} = N_1 \frac{d\phi_B}{dt}$ (4.365)

ist. Durch die Anordnung des Eisens wird erreicht, dass der gesamte durch die erste Spule erzeugte magnetische Fluss durch die zweite Spule fliesst. Dort haben wir die induzierte Spannung

$\displaystyle U_2 = -N_2\frac{d\phi_B}{dt}$ (4.366)

und somit

$\displaystyle U_2 = - \frac{N_2}{N_1}U_1$ (4.367)

$ N_2/N_1$ heisst der Übersetzungsfaktor des Transformators.

Wird der Ausgang des Transformators mit dem Ohmschen Widerstand $ R$ belastet, fliesst der Strom $ I_2$, der zu $ U_2$ in Phase ist. Dieser Strom erzeugt einen magnetischen Fluss $ \phi_B'\propto N_2 I_2$, der den ursprünglichen Fluss $ \phi_B$ durch die Spule $ 2$ schwächt. Da durch beide Spulen der gleiche magnetische Fluss fliesst, muss auch der Fluss durch die erste Spule geschwächt werden. Da die Spannung durch die Spannungsquelle $ U$ vorgegeben ist, muss der Strom $ I_1$ auf der Primärseite zusätzlich fliessen, so dass $ \phi_B'\propto N_1 I_1$ gilt. Da die Proportionalitätsfaktoren bis auf das Vorzeichen gleich sind, gilt dann auch

$\displaystyle I_2 = -\frac{N_1}{N_2} I_1$ (4.368)

Wenn wir die Effektivwerte betrachten haben wir damit

$\displaystyle U_2I_2 =\left[- \frac{N_2}{N_1}U_1\right]\left[-\frac{N_1}{N_2} I_1\right] = U_1I_1$ (4.369)

sofern man Verluste vernachlässigt. Ideale Transformatoren übertragen also verlustfrei Leistung.

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Hochspannungsleitung (Versuchskarte EM161)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Transformatorenversuche (Versuchskarte EM066)

Kirchhoffsche Gesetze





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{magnetismus-014}
Kirchhoffsche Gesetze: links die Maschenregel, rechts die Knotenregel.




In einer komplizierten elektrischen Schaltung betrachtet man eine einzelne Masche. Nach der Definition der EMK muss eine Probeladung langsam um die Masche herumgeführt werden. Dies führt auf die Maschenregel

$\displaystyle \sum\limits_{\forall k\; \textrm{\small Quellen}} U_k = \sum\limits_{\forall j\; \textrm{\small Verbraucher}}U_j$ (4.370)

wobei die Vorzeichen entsprechend dem Umlaufsinn einzusetzen sind. In unserem Beispiel bedeutet dies:

$\displaystyle U_1-U_2 = U_R + U_L$

Die Knotenregel ist ein Ausdruck für die Ladungserhaltung. Wenn wir zum Beispiel alle zufliessenden Ströme positiv und alle wegfliessenden Ströme negativ zählen (oder umgekehrt), gilt an jedem Knoten

$\displaystyle \sum\limits_{\forall k \;\textrm{\small eines Knotens}} I_k = 0$ (4.371)

Mit diesen beiden Regeln sowie der Kenntnis der Charakteristika der Bauelemente kann jede statische oder quasistatische elektronische Schaltung berechnet werden.

Wechselstromkreise, Impedanzen

In diesem Abschnitt betrachten wir die Wirkung von cosinusförmigen Wechselspannungen

$\displaystyle U \equiv U(t) = U_0 \cos\left(\omega t - \varphi\right)$ (4.372)

Die Zeitskala für die Wechselspannung wird so gewählt, dass $ \varphi=0$ ist. Weiter setzen wir voraus, dass die zeitliche Änderung aller Grössen so gering sind, dass wir wie im stationären Falle rechnen können. Wir dies den quasistationären Fall.





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-009}
Definition von Strömen und Spannungen bei Wechselspannungen




Da bei Wechselspannungen a priori keine Stromrichtung vorgegeben ist, definiert man, zum Beispiel wie in der Abbildung oben, die Stromrichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier für $ t=0$. Zu jedem Zeitpunkt muss die Spannung im Stromkreis insgesamt null sein. Also ist

$\displaystyle U-U_R = 0$ (4.373)

und mit dem Ohmschen Gesetz

$\displaystyle U_0\cos(\omega t)-I\cdot R=0$ (4.374)

oder

$\displaystyle I(t) = \frac{U_0}{R}\cos(\omega t)=I_0\cos(\omega t)$ (4.375)

Der Strom und die Spannung erreichen immer dann einen Extremwert, wenn $ \omega t$ ein ganzzahliges Vielfaches von $ \pi$ ist. Der durch einen Widerstand fliessende Strom ist in Phase mit der Spannung.

Die momentane Leistung am Widerstand ist

$\displaystyle P(t) = U(t)\cdot I(t) = U_0\cos(\omega t) \cdot \frac{U_0}{R}\cos(\omega t) = \frac{U_0^2}{R}\cos^2(\omega t)=I_0^2R\cos^2(\omega t)$ (4.376)

Der Mittelwert der Leistung ist ( $ \left<\cos^2\omega t\right>_t=1/2$)

$\displaystyle \left<P(t)\right>= \frac{1}{2}\frac{U_0^2}{R}=\frac{1}{2}I^2R$ (4.377)

Unter dem Effektivwert der Spannung (des Stromes) versteht man diejenige Gleichspannung, die an einem Ohmschen Widerstand die gleiche Verlustleistung erzeugt. Also ist für sinusförmige Spannungen

$\displaystyle U_{eff} = \frac{1}{\sqrt{2}}U_0$ (4.378)

beziehungsweise

$\displaystyle I_{eff}=\frac{1}{\sqrt{2}}I_0$ (4.379)

Für beliebige Spannungsverläufe (Stromverläufe) ist der Effektivwert (auch rms-Wert von ''Root Mean Square'')

$\displaystyle U_{eff}=U_{rms}=\sqrt{\frac{1}{T}\int\limits_t^{t+T} U^2(\tau)d\tau}$ (4.380)

wobei $ T$ eine Zeit ist, die bei periodischen Signalen der Periodendauer entspricht und bei zufälligen Signalen lang gegenüber der charakteristischen Zeitdauer der Schwankungen sein muss. Für Ströme gilt die analoge Formel

$\displaystyle I_{eff}=I_{rms}=\sqrt{\frac{1}{T}\int\limits_t^{t+T} I^2(\tau)d\tau}$ (4.381)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Wechselstromwiderstand (Versuchskarte EM053)





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-010}
Spule mit Wechselspannung




Wir verwenden Gleichung (4.34) um die Spannung über der Spule zu berechnen. Die induzierte Spannung ist der Flussänderung entgegengesetzt. Sie wirkt so, dass die Zunahme des Stromes bei zunehmender Anregungsspannung gebremst wird. Deshalb ist

$\displaystyle U-U_L = 0 = U-L\frac{dI}{dt}$ (4.382)

Setzen wir $ U= U_0\cos(\omega t)$ ein, erhalten wir

$\displaystyle \frac{dI}{dt} = \frac{U_0}{L}\cos(\omega t)$ (4.383)

und damit

$\displaystyle I(t) = \frac{U_0}{L}\int\limits_0^t\cos(\omega\tau)d\tau = \frac{U_0}{L\omega}\sin(\omega t) = \frac{U_0}{L\omega}\cos(\omega t-\frac{\pi}{2})$ (4.384)

Der Strom hat also den Scheitelwert

$\displaystyle I = \frac{U_0}{\omega L} = \frac{U_0}{X_L}$ (4.385)

wobei $ X_L = \omega L$ die Impedanz oder der induktive Widerstand der Spule ist. Die Einheit der Impedanz ist gleich wie die Einheit des Widerstandes, das Ohm. Der Strom folgt der Spannung mit einer Phasenverschiebung von $ -\pi/2$. Für die Effektivwerte gilt $ I_{eff}= U_{eff}/X_L$, da für sinusförmige Spannungen und Ströme der gleiche Faktor zur Umrechnung von Scheitelwerten zu Effektivwerten verwendet werden muss.

Die momentan dissipierte Leistung an einer Spule ist

$\displaystyle P(t) = U(t)\cdot I(t) = U_0\cos(\omega t) \cdot \frac{U_0}{\omega...
...os(\omega t-\frac{\pi}{2})= \frac{U_0^2}{\omega L} \cos(\omega t)\sin(\omega t)$ (4.386)

Die dissipierte Leistung kann sowohl positiv wie auch negativ sein. Die mittlere dissipierte Leistung ist

$\displaystyle \left<P\right>_t= \frac{U_0^2}{\omega L} \left<\cos(\omega t)\sin(\omega t)\right>_t = 0$ (4.387)

Im Mittel wird also keine Leistung an einer Spule dissipiert.





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-011}
Kondensator mit Wechselspannung




Beim Kondensator ist $ U_C = q/C$. Diese Spannung muss gleich der treibenden Spannung sein.

$\displaystyle U-U_C = 0 = U-\frac{q}{C}$ (4.388)

Wir setzen $ U$ ein und erhalten

$\displaystyle q = C\cdot U_0 \cos(\omega t)$ (4.389)

Der Strom ist dann

$\displaystyle I = \frac{dq}{dt} = \frac{d}{dt}C\cdot U_0 \cos(\omega t)=-C\omega\cdot U_0 \sin(\omega t)=C\omega\cdot U_0 \cos(\omega t+\frac{\pi}{2})$ (4.390)

Wir nennen

$\displaystyle X_C = \frac{1}{\omega C}$ (4.391)

die Impedanz des Kondensators. Der Scheitelwert des Stromes ist

$\displaystyle I_0 = \omega C U_0$ (4.392)

Analog wie bei der Spule gilt die Gleichung $ I_{eff} = U_{eff}/X_C$ mit der gleichen Begründung auch für Kondensatoren. Die momentan dissipierte Leistung ist

$\displaystyle P(t) = \omega C U_0^2 \cos(\omega t)\sin(\omega t)$ (4.393)

Sie ist, analog wie bei der Spule, positiv oder negativ. Deshalb ist die mittlere dissipierte Leistung

$\displaystyle \left<P(t)\right>_t = \omega C U_0^2 \left<\cos(\omega t)\sin(\omega t)\right>_t = 0$ (4.394)

\includegraphics[height=8mm]{icon-mat} Materialien

Folien zur Vorlesung vom 23. 06. 2008: PDF


\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Elektrischer Schwingkreis (Versuchskarte Em056)





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-012}
Schwingkreis




Der Kondensator soll zur Zeit $ t=0$ auf die Spannung $ U_{C,0}$aufgeladen sein. Zur Zeit $ t=0$ wird der Schalter geschlossen. Die Differentialgleichung dieser Schaltung lautet:

$\displaystyle L\frac{dI}{dt} + \frac{Q}{C}=0$ (4.395)

Wir differenzieren einmal und bekommen

$\displaystyle \frac{d^2I}{dt^2}+\frac{1}{LC}I = 0$ (4.396)

Dies ist die aus der Mechanik bekannte Schwingungsdifferentialgleichung. Durch Analogieschluss sieht man, dass die Resonanzfrequenz

$\displaystyle \omega_0 = \sqrt{\frac{1}{LC}}$ (4.397)

ist.





\includegraphics[width=0.3\textwidth]{magnetismus-013}
Schwingkreis mit Widerstand




Der gedämpfte Schwingkreis enthält neben dem Kondensator und der Spule auch einen Widerstand. Die Differentialgleichung des gedämpften Schwingkreises ist

$\displaystyle L\frac{dI}{dt} + R\cdot I +\frac{Q}{C}=0$ (4.398)

Wir differenzieren einmal und bekommen

$\displaystyle \frac{d^2I}{dt^2}+\frac{R}{L}\frac{dI}{dt}+\frac{1}{LC}I = 0$ (4.399)

Analog zur Mechanik ist die $ \frac{R}{L}$ der Dämpfungsterm. Das in der Mechanik berechnete Verhalten eines schwingungsfähigen Systems gilt auch für den elektrischen Schwingkreis.

Wenn der elektrische Schwingkreis von einer Wechselspannungsquelle getrieben wird, ergeben sich die gleichen Phänomene wie bei einem getriebenen Pendel, also auch eine Resonanz.

Anwendungen

Elektromotoren





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{strom-063} \includegraphics[width=0.4\textwidth]{strom-064}
Bestandteile eines Elektromotors. Links der Stator, rechts der Rotor mit dem Kommutator.




Ein Elektromotor besteht aus zwei teilen, dem Stator, der das Magnetfeld $ \vec{H}$ erzeugt und dem Rotor, der in diesem Magnetfeld rotiert. Die Richtung des Stromflusses im Rotor wird durch den Kommutator gesteuert.

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Elektromotor und -generator (Versuchskarte EM101)





\includegraphics[width=0.4\textwidth]{strom-065}
Dieses Bild zeigt einen aufgebauten Elektromotor.




Wir betrachten zuerst den Elektromotor als Generator. Der Fluss durch die Leiterschlaufe mit $ N$ Windungen und einer Fläche $ A$ ist

$\displaystyle \phi_B = NBA\cos\Theta$ (4.400)

wobei $ \Theta$ der Winkel zwischen der Normalen der Fläche der Leiterschlaufe und der Richtung des Magnetfeldes ist. Mit $ \Theta = \omega t +\delta$ wird der zeitabhängige Fluss durch eine sich mit $ \omega$ drehende Leiterschlaufe

$\displaystyle \phi_B(t)=NBA\cos(\omega t+\delta)$ (4.401)

Durch Ableiten erhält man die Induktionsspannung

$\displaystyle U = -\frac{d\phi_B(t)}{dt} = -NBA\frac{d}{dt}\cos(\omega t+\delta) = NBA\omega\sin(\omega t+\delta)$ (4.402)

Die induzierte effektive Spannung ist

$\displaystyle U_{eff,i} = \frac{NBA\omega}{\sqrt{2}}$ (4.403)

Wenn die Leiterschlaufe mit Spannung versorgt wird, arbeitet sie als Motor. Durch den Strom $ I$ wird nach Gleichung (3.123) ein Drehmoment

$\displaystyle T = N\,A\,B\cdot I\cdot \sin(\omega t+\delta)$ (4.404)

erzeugt13. Das mittlere Drehmoment bei einem Motor, bei dem der Kommutator immer bei dem Winkel, bei dem das Drehmoment null wird, das Vorzeichen ändert, ist

$\displaystyle T_{eff} = \frac{NAB}{\sqrt{2}}I = NABI_{eff}$ (4.405)

Wenn der Widerstand des Ankers, der rotierenden Spule, $ R$ ist, kann man den mittleren Strom berechnen

$\displaystyle I_{eff} =\frac{U-U_{eff,i}}{R}= \frac{U}{R}- \frac{NBA}{R\sqrt{2}}\omega$ (4.406)

Die angelegte Spannung $ U$ ist eine Gleichspannung, deshalb darf kein Effektivwert genommen werden. Damit hängt das Drehmoment von der Drehzahl ab

$\displaystyle T_{eff}(\omega) =NAB\left(\frac{U}{R}- \frac{NBA}{R\sqrt{2}}\omega\right)= \frac{NABU}{R}-\frac{N^2A^2B^2}{\sqrt{2}R}\omega$ (4.407)

Das Drehmoment des ruhenden Motors ist also

$\displaystyle T_{eff}(0)=T_{max} = \frac{NABU}{R}$ (4.408)

und die maximale Drehzahl (da wo $ M_{eff}=0)$ ist

$\displaystyle \omega_{max} = \frac{\sqrt{2}U}{NAB}$ (4.409)

Diese Charakteristik (Nebenschlussmotor) hat man immer dann, wenn das erregende Feld $ B$ unabhängig von der Drehzahl ist, bei Permanentmagneten oder wenn die Spule für die Erregerwicklung parallel zum Anker angeschlossen ist. Will man die Drehzahl erhöhen, muss man das Feld $ B$ schwächer machen.





\includegraphics[width=0.45\textwidth]{strom-066} \includegraphics[width=0.45\textwidth]{strom-067}
Links ist die Schaltung des Nebenschlussmotors, rechts die des Hauptschlussmotors gezeigt.




Ist wie beim Hauptschlussmotor die Erregerwicklung in Serie zur Ankerwicklung geschaltet, gibt es keine maximale Drehzahl. Eine lange Zylinderspule (Länge $ \ell$, Windungszahl $ N$) hat das Magnetfeld

$\displaystyle B_Z = \mu_0 \frac{N}{\ell} I$ (4.410)

Für andere Geometrien gilt das gleiche Gesetz, aber mit einem geometrieabhängigen Vorfaktor $ K'$. Im statischen Falle ist der Strom nur vom Gleichstromwiderstand $ R_E$ der Erregerspule abhängig. Wenn $ U_E$ der Spannungsabfall an der Erregerspule ist, ist

$\displaystyle B(U_E) = K' \mu_0 \frac{N_E}{\ell_E} \frac{U_E}{R_E} = K' \mu_0 \frac{N_E}{\ell_E} I_E = K\,I_E$ (4.411)

wobei alle Vorfaktoren in den Faktor $ K$ zusammengezogen wurden. Der durch den Anker fliessende Strom ist mit $ U_{eff,i}=N\,B(U_E)\, A\omega/\sqrt{2}$ durch

$\displaystyle I_{eff} =\frac{U-U_E-U_{eff,i}}{R}= \frac{U}{R}- \frac{U_E}{R}-\frac{N\,B(U_E)\,A}{R\sqrt{2}}\omega$ (4.412)

gegeben.

Da $ I_{eff}=I_E$ und $ U_E=R_E\cdot I_E$ sind, gilt

$\displaystyle I_{eff} = \frac{U}{R}- \frac{R_E}{R}I_{eff}- \frac{K\cdot N\cdot A}{R\sqrt{2}}I_{eff}\,\omega$ (4.413)

oder

$\displaystyle I_{eff}=\frac{U}{R+R_E+\frac{ K\cdot N\cdot A}{\sqrt{2}}\,\omega} = \frac{\sqrt{2}\,U}{\sqrt{2}\,R+\sqrt{2}\,R_E+{ K\cdot N\cdot A}\,\omega}$ (4.414)

Damit wird das Drehmoment

$\displaystyle T_{eff}(\omega) = NAB(I_{eff})I_{eff} = N\,A K\, I_{eff}^2$ (4.415)

Eingesetzt bekommt man

$\displaystyle T_{eff}(\omega) = \frac{2\,N\,A\,K\, U^2}{ \left[\sqrt{2}\,R+\sqrt{2}\,R_E+{ K\cdot N\cdot A}\,\omega\right]^2}$ (4.416)

$ T_{eff}(\omega)$ ist für alle $ \omega$ grösser als null. Dieser Motor hätte, ohne Lagerreibung, eine unendlich grosse maximale Drehzahl. Das Startdrehmoment für $ \omega=0$ ist

$\displaystyle T_{eff}(0)= T_{max} = \frac{N\,A\,K\, U^2}{ \left[R+R_E\right]^2}$ (4.417)





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{strom-060}
Kennlinien von Nebenschluss- und Hauptschlussmotoren. Die Kurven wurden mit $ N=1000$, $ A=0.001~\metre\squared$, $ U=5~\volt$, $ R=0.1~\ohm$ und $ B=0.1~\tesla$. Die beiden Motoren sind so berechnet, dass sie das gleiche Startdrehmoment und dass$ R_E=R/2$ ist (eine vernünftige Annahme).




\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Linearmotor (Versuchskarte EM113)

Betatron

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Betatron (Versuchskarte EM167)

Die Idee hinter der Konstruktion des Betatrons ist, dass bei einem zeitabhängigen $ \vec{B}$-Feld nach $  {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} 
\vec{E}= -\partial \vec{B}/\partial t$ auch ein zeitabhängiges $ \vec{E}$-Feld existiert.





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{magnetismus-016}
Skizze eines Betatrons




Nach dem Induktionsgesetz $  {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} 
\vec{E}= -\partial \vec{B}/\partial t$ hat das durch ein in die $ z$-Richtung zeigende Magnetfeld induzierte elektrische Feld keine $ z$-Komponente. Nehmen wir an, dass das $ \vec{E}$-Feld eine Radialkomponente hätte. Sie könnte zum Beispiel in die $ y$-Richtung zeigen. Rotieren wir die ganze Anordnung um $ \pi$ um die $ y$-Achse und kehren die Richtung des $ \vec{B}$-Feldes um, haben wir wieder die Ausgangsanordnung. Mit der Richtungsumkehr von $ \vec{B}$ hat aber auch $ \vec{E}$ die Richtung geändert (Induktionsgesetz). Dies ist aber im Widerspruch zur Ausgangssituation. Deshalb kann es kein radiales $ \vec{E}$-Feld geben: das $ \vec{E}$-Feld ist tangential und beschleunigt die geladenen Teilchen. Damit die Teilchen auf der Kreisbahn bleiben, muss

$\displaystyle m\frac{v^2}{R} = e\cdot v \cdot B(t)$ (4.418)

oder

$\displaystyle m v(t) = p(t)= e \cdot B \cdot R$ (4.419)

Das zweite Newtonsche Axiom in tangentialer Richtung angewandt bedeutet

$\displaystyle \frac{dp(t)}{dt} = e E(t)$ (4.420)

Mit der Integralform des Induktionsgesetzes erhält man mit einer stationären Kreisbahn $ S(R)$ mit dem Radius $ R$

$\displaystyle \oint\limits_{S(R)} \vec{E}(t) \cdot d\vec{s}= E(t) \cdot 2\pi R=...
...\limits_{A(R)}^{}\vec{B}(t) \cdot d\vec{a}= \frac{d\bar{B}(t)}{dt}\cdot \pi R^2$ (4.421)

wobei $ \bar{B}$ das über die Fläche des Kreises gemittelte $ \vec{B}$-Feld ist. Durch Kombination der obigen Gleichungen und unter Berücksichtigung der Vorzeichen erhalten wir

$\displaystyle \frac{dp(t)}{dt}= \frac{e\cdot R}{2}\cdot \frac{d\bar{B}}{dt}$ (4.422)

Die Integration mit den Anfangsbedingungen $ p(0)=0$ und $ B(0)=0$ liefert

$\displaystyle p(t) = \frac{e\cdot R}{2}\cdot \bar{B}(t)$ (4.423)

Der Vergleich mit der Bedingung für die Zentripetalkraft liefert die Wideroe-Bedingung

$\displaystyle \bar{B}(t) =2\cdot B(t)$ (4.424)

Diese Bedingung kann durch eine geeignete Wahl der Form der Polschuhe erreicht werden.

Skin-Effekt





\includegraphics[width=0.8\textwidth]{magnetismus-017}
Berechnung des Skin-Effektes




Bei Gleichstrom in einem zylindrischen Leiter ist das elektrische Feld konstant über dem Querschnitt. Nach dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz ist das Magnetfeld proportional zum Abstand.

Für den Fall eines Wechselstroms mit niedriger Frequenz müssen wir das Induktionsgesetz berücksichtigen. Nach dem Induktionsgesetz gilt für die zeitunabhängige Kurve $ S$, die auf einer Ebene, in der auch die Zylinderachse liegt, liegt

$\displaystyle \oint\limits_S \vec{E}\cdot d\vec{s}= -\frac{d}{dt}\displaystyle\iint\limits_{A(S)}^{}\vec{B}\cdot d\vec{a}$ (4.425)

Für die eingezeichnete Schlaufe gilt ($ d\vec{a}$ ist antiparallel zu $ \vec{B}$)

$\displaystyle h\left[E(r)-E(r-\Delta r) \right]=\frac{d(-\bar B)}{dt}\cdot \left(-h\cdot \Delta r\right)$ (4.426)

wobei wieder $ \bar B$ das über die Fläche $ \Delta r\cdot h$ gemittelte Magnetfeld ist. Als Zwischenresultat bekommen wir:

$\displaystyle \frac{\left[E(r)-E(r-\Delta r)\right]}{\Delta r}
= \frac{d(\bar B)}{dt}
$

Da der Strom zeitabhängig ist, muss auch das $ \vec{E}$-Feld ortsabhängig sein. Eine homogene Stromverteilung bei Wechselstrom ist bei einem Ohmschen Leiter nicht vereinbar mit dem Induktionsgesetz. Die Taylorentwicklung von Gleichung (4.104) liefert die betragsmässige Bedingung

$\displaystyle \frac{\partial E\left(r\text{,} t\right)}{\partial r} = \frac{\partial B\left(r\text{,} t\right)}{\partial t}$ (4.427)

Das elektrische Feld muss also bei Wechselstrom mit zunehmendem Abstand vom Radius zunehmen. Da der Gesamtstrom gegeben ist, ist die Stromdichte an der Oberfläche konzentriert. Dies ist der Skin-Effekt.

Anwendung

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm