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4.1  Das Faradaysche Induktionsgesetz

4.1.1  Eine bewegte Leiterschleife in einem stationären B-Feld

__________________________________________________________________________

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Induktion eines Stromes in einer in einer inhomogenen magnetischen Induktion bewegten Leiterschlaufe.

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Wir bewegen eine Leiterschlaufe mit der Geschwindigkeit v aus dem begrenzten Gebiet mit einer homogenen magnetischen Induktion heraus. Auf die beweglichen Ladungsträger, hier positiv angenommen, wirkt die Lorentzkraft FL. Auf den horizontalen Teilen der Leiterschlaufe kennen wir den Effekt: eine Hallspannung (Siehe Abschnitt 3.9) auf. Im vertikalen Teil im Magnetfeld bewirkt die Hallspannung eine Beschleunigung der Ladungsträger. Nach der Definition der elektromotorischen Kraft (Siehe Gleichung (3.9)) haben wir

           ∮             ∮             P∫2
         -1            1-            1-            1-
UEMK   = q0  F ·ds  =  q0  FL·ds  =  q0  FL·ds  =  q0 (q0·v ·B ) ·b = v·B ·b
                                      P1
(4.1)

Hat die Drahtschlaufe den Widerstand R, so fliesst der Strom

    UEMK
I = --R----
(4.2)



Versuch zur Vorlesung:
Induktion (Versuchskarte EM025)




Versuch zur Vorlesung:
Induktion im Erdfeld (Versuchskarte EM027)


4.1.2  Der magnetische Fluss

(Siehe Leisi, Klassische Physik II [?, pp. 138]) (Siehe Tipler, Physik [?, pp. 876])

Im Zusammenhang mit den elektrischen Feldern E hatten wir den elektrischen Fluss ϕE (Siehe Abschnitt 2.3) eingeführt. Hier bewegen wir die Leiterschlaufe mit der Geschwindigkeit v, wir ändern damit die vom Magnetfeld durchflossene Fläche A um die Grösse da = dℓ·b. Da die Geschwindigkeit v = dℓ∕dt ist, können wir auch schreiben

                    dℓ          da       B ·da
UEMK   = v ·B ·b  = dtb·B   = − dt-B = − --dt--
(4.3)

schreiben. Wir definieren den

magnetischen Fluss

     ∬

ϕB =      B ·da
     A(S)
(4.4)

durch die von der geschlossenen Kurve S berandete Fläche A

Damit ist die induzierte EMK

           dϕ        d ∬
UEMK   = − ---B = − --     B ·da
            dt      dt
                       A(S )
(4.5)

Sie wird durch den zeitlich sich ändernden Fluss erzeugt.

Die Einheit des magnetischen Flusses ist Weber.

                         2
1Weber  =  1 Wb  = 1 Tm
(4.6)

Das Minuszeichen in den Gleichungen für den magnetischen Fluss rührt daher, dass eine Geschwindigkeit in die positive x-Richtung eine Verkleinerung der Fläche A bewirkt.

Das durch den Strom erzeugte Magnetfeld ist so gerichtet, dass die Bewegung der Spule gebremst wird. Dieses Verhalten wird in der Lenzschen Regel zusammengefasst:

Die Induktionsspannung und der Strom, den sie bewirkt, sind stets so gerichtet, dass sie der Ursache entgegenwirken.

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Vergleich eines Stabmagneten mit einer Spule. Der magnetische Nordpol ist üblicherweise rot, der Südpol grün markiert.

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Eine Spule erzeugt ein axiales Magnetfeld. Die Richtung des Magnetfeldes wird mit der Rechten Hand-Regel aus der Stromrichtung abgeleitet. Ein Stabmagnet erzeugt ein gleiches Magnetfeld wie eine Spule.

Die Nord- und Südpole der Magnete sind so definiert: Die B-Feldlinien laufen vom Nordpol zum Südpol. Der Nordpol ist rot markiert, der Südpol grün.

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Induzierte Spannung

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Bewegt man einen Magneten mit der Geschwindigkeit v von einem Stabmagneten weg, so bewirkt die Lorentzkraft einen Strom I, der ein Magnetfeld Bind induziert. Dieses Magnetfeld ist so gerichtet, dass es gleichsinnig wie das Magnetfeld des Stabes ist. Der Metallring wird also vom Stabmagneten angezogen und in seiner Bewegung nach rechts gebremst (Lenzsche Regel).

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Vorzeichen des Magnetfeldes und der induzierten Spannung beim Ein- und Ausschalten.

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Hier wird ein Magnetfeld eingeschaltet. Die Richtung der Feldlinien wird durch die Rechte-Hand-Regel bestimmt. Ein zeitlich zunehmendes Magnetfeld in der rechten Spule ist äquivalent zu einer Bewegung der rechten Spule im inhomogenen Feld (links intensiver als rechts) nach links. Dabei zeigt die relevante Feldkomponente nach aussen. Aus der Rechten Hand-Regel ergibt sich die angegebene Stromrichtung. Nach dem Ausschalten des erregenden Stromes nimmt die Intensität des Magnetfeldes ab. Dies ist äquivalent zu einer Bewegung der rechten Spule nach rechts, bei gleichbleibender Richtung des Magnetfeldes. Entsprechend dreht sich die Richtung des Stromes um.

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Selbstinduktion

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Wenn eine Spule von einem Strom durchflossen ist, wird dadurch ein Magnetfeld erzeugt. Wenn nun der Strom durch die Spule geändert wird, wird eine Spannung induziert, die wie im vorigen Falle so gerichtet ist, dass sie der Änderung des Magnetfeldes entgegenwirkt, so also auch der Änderung des durch die Spule fliessenden Stromes. Im besonderen Falle, dass der Strom abgeschaltet wird, dass also der Widerstand im Stromkreis um viele Grössenordnungen steigt, bildet sich eine sehr hohe Spannung.

Anwendungen

4.1.3  Induktionsgesetz von Faraday, Integral- und Differentialform



Folien zur Vorlesung vom 18. 06. 2009: PDF
Aufgabenblatt 10 für das Seminar vom 24. 06. 2009 (Ausgabedatum 18. 06. 2009): (HTML oder PDF)


Wir betrachten die Situation in der Abbildung 4.1.1 im Ruhesystem Sder Schleife. Im Laborsystem S ist das Magnetfeld

B  =  (0,0,B  )
            z

in die z-Richtung gerichtet. Die Geschwindigkeit zeigt in die y-Richtung. Mit der Lorentztransformation (3.21) berechnen wir die Felder im System S. Wir erhalten

   ′          ′
B    = (0,0,Bz)  =  (0,0,γ(vy)·Bz )        (4.7)
 E ′ = (E ′,0,0)  =  (v ·γ (vy)·Bz,0,0 )
          x               ′
                 =  (vy·B  z,0,0)
Die Leiterschleife ist im System Sin Ruhe. Also muss die EMK durch das elektrische Feld erzeugt werden.
U′EMK  =  Ex′·b  = vy·B  ′z·b
(4.8)

Die Flussänderung ist

dϕ′B =  − B′z·vy ·b ·dt′
(4.9)

Somit lauten das Induktionsgesetz und das Ohmsche Gesetz

                ′
  ′           dϕB-
U EMK   =   − dt′              (4.10)
U ′     =   R·I ′
  EMK
Somit gilt für die EMK die Transformation
U ′EMK  = γ (v)UEMK
(4.11)

Die Gleichungen (4.11) gelten in jedem Falle. Wenn v « c ist, kann man die Unterschiede im Strom I, in der EMK UEMK und im Magnetfeld B vernachlässigen.

Die Transformationseigenschaften zeigen, dass das Induktionsgesetz auch bei stationären Leiterschleifen und zeitlich ändernden Magnetfeldern gelten muss (wir begeben uns in das System S). Die Wirkungen der Felder B und E sind unabhängig von ihrer Entstehung.



Versuch zur Vorlesung:
Magnetische Induktion (Versuchskarte EM051)


Für einen beliebig geformten ruhenden Leiter (gegeben durch die Kurve S) in einem zeitlich ändernden Magnetfeld gilt für die EMK

             ∬
U     =  − d-     B ·da
 EMK       dt
             A(S)
(4.12)

Da der Leiter in Ruhe ist, muss die EMK durch ein elektrisches Feld erzeugt sein.

         ∮
UEMK   =    E ·ds
         S
(4.13)

und damit

∮               ∬
  E ·ds  = − d-     B ·da
S            dt
               A(S)
(4.14)

Bei einer bewegten Leiterschlaufe kann der magnetische Fluss sich ändern,

  1. weil sich der Fluss mit der Zeit ändert und/oder
  2. weil sich die Berandung bewegt, sich ihr Ort also ändert.

Für eine bewegte Leiterschlaufe muss das elektrische Feld Eim bewegten Bezugssystem und die magnetische Induktion B im Laborsystem berechnet werden[?, p. 210]. dsist das Linienelement im Ruhesystem, in dem Egemessen wird. Wir erhalten

∮   ′    ′     d ∬
  E  ·ds  =  − --    B ·da
S              dtA(S)
(4.15)

Mit der Gleichung(C.44) für die Beziehung zwischen zeitlichen Ableitungen in Ruhesystemen und mitgeführten Systemen und dem Satz von Stokes (Siehe Gleichung (C.1)) erhalten wir

         ∮             d  ∬
U′EMK  =    E ′·ds  ′ = −--     B ·da
         S             dt
     ∬   [               A (S) ]
           ∂--
=  −       ∂tB  + rot (B ×  v) ·da
    A (S)
     ∬   ∂           ∮
= −      --B ·da  −    (B ×  v)·ds ′
         ∂t          S
    A(S)
(4.16)

Dies kann auch so geschrieben werden:

∮                          ∬    ∂
  [E ′ + (B × v)]·ds ′ = −     ---B ·da
S                         A (S) ∂t
(4.17)

Wenn man sich nach Jackson [?, p. 212] alternativ vorstellt, dass der Weg S zu einem Zeitpunkt fix im Raum ist, gilt auch

∮            ∬
  E ·ds  = −      ∂-B ·da
                  ∂t
S            A(S)
(4.18)

Deshalb erhalten wir für das elektrische Feld E im Laborsystem

∮                        ∮
   [E ′ + (B  × v )]·ds ′ =  E ·ds
S                        S
(4.19)

Bei kleinen Geschwindigkeiten ist ds = ds.

Damit ist

  ′                      ′
E  + (B  × v ) = E = ⇒ E   = (v × B ) + E
(4.20)

Weiter kann man daraus die Lorentzkraft ablesen:

         ′      ′
F L ≈  F L = qE  = q (E + v ×  B )
(4.21)

Zurück zum Faradayschen Induktionsgesetz: Mit Gleichung (4.20) kann in Gleichung (4.17) Eeliminiert werden. Das universelle Induktionsgesetz von Faraday lautet

∮             ∬    ∂
   E ·ds  = −      --B ·da
S             A(S) ∂t
(4.22)

Mit dem Satz von Stokes (Siehe Gleichung (C.1)) erhält man

 ∮           ∬                     ∬    ∂B
   E ·ds  =       rot E ·da  =  −       ---·da
S(t)         A(S(t))               A (S(t)) ∂t
(4.23)

Für zeitunabhängige Berandungen A(S) darf man Ableitung und Integral nicht vertauschen. Das Induktionsgesetz lautet dann

∮            d  ∬
  E ·ds  = − --     B ·da
S            dt
               A(S)

Da diese Integralgleichung für beliebige Kurven S gelten muss, also auch für infinitesimal kleine, erhalten wir die differentielle Form des Faradayschen Induktionsgesetzes

           ∂B
rot E =  − ----
           ∂t
(4.24)

Bei der Ableitung des Faradayschen Induktionsgesetzes haben wir von der Kleinheit der Geschwindigkeiten Gebrauch gemacht, explizit und implizit. Eine relativistisch korrekte Rechnung führt auf die gleichen Ergebnisse.

4.1.4  Wirbelströme



Versuch zur Vorlesung:
Fallrohre (Versuchskarte EM057)


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Wirbelströme in Metallen

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Wenn sich ein Metallstück in einem inhomogenen Magnetfeld befindet, dann muss für jede Bahnkurve S das Faradaysche Induktionsgesetz gelten. Da der Leiter einen spezifischen Widerstand ρel hat, fliesst bei einer Änderung des Flusses durch S, zum Beispiel, indem man den Leiter bewegt, ein durch die induzierte Spannung getriebener Strom. Die Richtung des Stromes ist so, dass er sich einer Änderung des magnetischen Flusses widersetzt. Bei einem perfekten Leiter, müssten enorm grosse Kräfte aufgebracht werden, um das Metallstück mit einer minimalen Geschwindigkeit bewegen zu können. Durch die Dissipation im Ohmschen Leiter wird der induzierte Strom geschwächt, so dass die der Bewegung entgegengesetzte Kraft umso kleiner ist, je schlechter die Leitfähigkeit des Metalls ist.

Um die Grössenordnung des Wirbelstromes abzuschätzen betrachten wir lokal ein Stück Metall das mit der Geschwindigkeit vy durch eine magnetische Induktion in die x- Richtung, Bx, gezogen wird. Wir betrachten die Felder im Ruhesystem der Platte. Aus den Lorentz-Transformationen erhalten wir

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da v2∕c2 « 1 ist. Lokal gilt der Zusammenhang

i = σE
(4.26)

Weiter können wir aus P = IU mit i = I∕A und Ez= U∕d und der Bezeichnung für das Volumen V = Ad schreiben

                          ′
     P-             iA·E--zd-     ′      ′2
lVi→m0  V =  PV = Vlim→0    V     = iEz = σE z
(4.27)

Andererseits hängt die dissipierte Leistung pro Volumen von der Volumenkraft FV und der Geschwindigkeit vy ab.

                  ′2         ′ 2           2
PV =  FV ·vy = σE z =  σ (vyB x)  = σ (vyBx)
(4.28)

Die Volumenkraft ist also

F  =  σv B2
 V      y  x
(4.29)

Die Berechnung wurde anhand eines unendlich ausgedehnten Leiters in einem Magnetfeld gemacht. Endliche Leiter und endliche Magnetfelder bewirken, dass der Effekt nur an den Grenzen vorhanden ist.

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Bewegung eines Leiters aus einem Magnetfeld.

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Im Ruhesystem des Leiters bewirkt das elektrische Feld eine Bewegung der Ladungsträger an die Seiten des Leiters (analog wie beim Halleffekt). Dadurch wird ein Gegenfeld aufgebaut, bis die Bewegung der Ladungsträger zum Erliegen kommt (Siehe Abbildung 4.1.4, linke Seite). Wenn der Leiter den Bereich des Magnetfeldes verlässt (wir nehmen eine scharfe Grenze an, dann gleichen sich die Ladungen aus. Die Ströme erzeugen wegen der endlichen Leitfähigkeit σ eine Wärmeleistung, das heisst es gibt eine Gegenkraft. Kondensatoren werden exponentiell entladen, so dass die Wirkung des ändernden Feldes lokal begrenzt ist. Auf der anderen Seite des Magnetfeldes tauchen die gleichen Effekte auf, aber beim Laden des Kondensators. Auch dort nimmt der Strom exponentiell ab beim Entfernen von der Grenze. Warum heisst es dann doch Wirbelströme? Wir haben einen Stromkreis, bei dem die magnetische Induktion die elektromotorische Kraft bewirkt (wie beim van de Graaff-Generator). Während im Ruhesystem des Leiters die Effekte durch das elektrische Feld erklärt werden, müssen sie im Laborsystem mit Flussänderung und magnetischer Induktion beschrieben werden.

In Transformatoren ist die magnetische Induktion parallel zum Eisen, die Wirbelströme transversal dazu. Die Wirbelströme können vermindert werden, indem das Metall geschlitzt wird oder in Lagen mit Isolatoren dazwischen gebündelt wird.

Anwendungen

Beispielswerte

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Cu
Al
Fe
Ti
Gd
B∕T 0.1 1 0.1 1 0.1 1 0.1 1 0.1 1
v∕m











0.01 5.8·105 5.8·103 3.7·105 3.7·103 0.00001 0.001 2.56·106 0.000256 7.40·107 0.000074











0.1 5.8·104 5.8·102 3.7·104 3.7·102 0.0001 0.01 0.0000256 0.00256 7.40·106 0.00074











1 5.8·103 5.8·101 3.7·103 0.37 0.001 0.1 0.000256 0.0256 0.000074 0.0074











10 5.8·102 5.8 3.7·102 3.7 0.01 1. 0.00256 0.256 0.00074 0.074











Wirbelstromkräfte von Magneten mit 0.1 T und 1 T auf Platten mit der Geschwindigkeit v ausverschiedenen Materialien.

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4.1.5  Unendlich lange Spule

Eine unendlich lange Spule kann man sich aus kreisförmigen Leitern zusammengesetzt denken.

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Die magnetische Induktion am Punkt 0 auf der z-Achse kann berechnet werden, indem mit Gleichung (3.54) die magnetische Induktion eines Rings mit der Stromdichte I·n·dz berechnet wird und dann über alle Ringströme addiert wird.

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Wir berechnen zuerst die magnetische Induktion eines Kreisringes mit dem Radius r im Abstand z vom Nullpunkt (r= (x,y,z)) am Nullpunkt (r = (0, 0, 0)). Ausgehend von Gleichung (3.54) schreiben wir für einen Kreisring auf der Position z mit dem Radius r für ρ.

ρ =  r − r′ = (− x, − y, − z)

Da r konstant ist, schreiben wir x und y als Funktion des Winkels ϕ

ρ = (− rcos(ϕ), − rsin(ϕ), − z)

Der Strom I soll im Gegenuhrzeigersinn umlaufen, also in positiver Richtung. Ein Längenelement entlang des Kreisringes ist

dℓ = (− y,x,0)· dℓ-= (− sin(ϕ),cos(ϕ),0)rdϕ
                 r

Das Vektorprodukt dℓ×ρ ergibt

          (                        2)
dℓ × ρ =   − rzcos(ϕ), − rzsin(ϕ),r  dϕ

Mit dem Strom pro Windung I wird die magnetische Induktion am Punkte (0,0,0)

         ∮2π
     μ0I-   dℓ ×-ρ-
B =  4 π      ρ3
         0

Die x- und die y-Komponenten von dℓ×ρ enthalten eine Winkelfunktion zur ersten Potenz und ergeben bei einer Integration von 0 nach 2π null. Die z-Komponente der magnetischen Induktion ist

      μ0I 2∫π    r2dϕ           μ0Ir2
Bz =  ----   -2----2-3∕2 = ---2----2-3∕2
      4 π 0  (r  + z )      2 (r  + z )
(4.30)

Die magnetische Induktion einer unendlich langen Spule bekommt man, indem wir den Strom I durch das Produkt aus Strom I, der Windungszahl pro Länge (Windungsdichte) n und dem Längenelement dz ersetzen und integrieren.

         ∞∫   μ  Inr2dz
Bz(0) =     ---0------3∕2-= μ0In
        −∞  2(r2 + z2)
(4.31)

Wird die unendlich lange Spule bei z = 0 geteilt, tragen beide Spulenhälften gleichviel zur magnetischen Induktion bei z = 0 bei. Wird nun eine Hälfte entfernt, so ist die magnetische Induktion auf der Spulenachse

                 B  (0)   μ nI    μ  N I
Bz (End fl äche) = --z---=  -0--- = --0---
                   2        2       2ℓ
(4.32)

Endlich lange Spulen der Länge » r verhalten sich wie unendlich lange Spulen. Wenn sich auf der Länge ℓ N Windungen befinden, haben wir

             μ0N
Bz(innen ) = -ℓ--I = μ0nI
(4.33)

4.1.6  Transformator

Der magnetische Fluss in einer Spule entsteht durch Ströme in dieser Spule selber, oder in anderen Spulen. Nach dem Gesetz von Laplace oder Biot-Savart (Siehe Gleichung (3.54)) ist die magnetische Induktion proportional zum Strom. Somit ist auch der Fluss ϕB proportional zum Strom. Diese Proportionalität wird mit

ϕ  =  L·I
 B
(4.34)

ausgedrückt, wobei L die Selbstinduktivität der Spule ist.

Die Einheit der Induktivität ist

1 H =  1 Henry =  1 Wb/A  =  1 Tm2/A



Folien zur Vorlesung vom 22. 06. 2009: PDF


In den meisten Fällen ist es schwierig, die Selbstinduktivität einer Schaltung zu berechnen. Für eine lange, dicht gewickelte Spule ergibt Gleichung (4.33) die magnetische Induktion

       N
B = μ0 --I
       ℓ
(4.35)

Dabei ist N = n·die Anzahl Windungen auf der Länge . Die magnetische Induktion B hängt von der Dichte der Windungen ab, nicht aber von der Länge der Spule. Hat die Spule den Querschnitt A, so ist der Fluss

                     N-2           2
ϕB  = N ·B  ·A  = μ0  ℓ I·A  = μ0n  AℓI
(4.36)

Damit ist die Induktivität der Spule

     ϕB      N 2         2
L =  I--=  μ0-ℓ-A  = μ0n A ℓ
(4.37)

Die magnetische Permeabilität μ0 kann also auch als

              Henry
μ0 = 4π ·10 −7------
                m
(4.38)

Die Änderung der Stromstärke bedingt eine Änderung des magnetischen Flusses.

dϕB    d(LI )     dI
-dt- = --dt-- = L dt-
(4.39)

Somit wird mit Gleichung (4.5)

       dϕ        dI
U =  − --B-=  − L---
        dt        dt
(4.40)

Mit dieser Gleichung wird die Funktionsweise des Funkeninduktors klar.



Versuch zur Vorlesung:
Funkeninduktor (Versuchskarte EM017)


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Zwei gekoppelte Stromkreise

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Der magnetische Fluss am Punkt P2 hängt sowohl vom Strom I2 wie auch vom Strom I1 ab:

ϕB (P2 ) = L2·I2 +  M12·I1
(4.41)

Ebenso hängt der magnetische Fluss am Punkt P1 von beiden Strömen ab

ϕB (P1 ) = L1·I1 +  M21·I2
(4.42)

Neben der Selbstinduktivität Li müssen bei realen Systemen auch die Gegeninduktivitäten Mij berücksichtigt werden. Wie bei den Induktivitäten hängt auch bei den Gegeninduktivitäten die Grösse allein von der Geometrie ab.

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pict

Symbolische Darstellung eines Transformators

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Im allgemeinen ist es schwierig, die Gegeninduktivitäten zu berechnen. Bei zwei ineinander gewickelten Spulen, einem Beispiel für einen Transformator, gelingt dies. Wir wollen das Beispiel verwenden, um zu zeigen, dass M12 = M21 ist. Durch die Spule 1 (Länge , Radius r1, Windungsdichte n1 = N1∕ℓ) fliesst der Strom I1, durch die zweite Spule 2 (Länge , Radius r2, Windungsdichte n2 = N2∕ℓ) soll der Strom I2 fliessen. Da wir lange Spulen betrachten, ist das Magnetfeld im Inneren der Spulen homogen. Also ist

B1 =  μ0n1I1
(4.43)

Ausserhalb der Spule 1 ist das Magnetfeld B1 = 0 (Annahme einer langen Spule). Deshalb ist der Fluss durch den Strom I1 für die Spule 2 gegeben durch

                 2             2              2
ϕB2 = N2 ·B1 (πr 1) = n2 ℓB1(πr1) = μ0n1n2 ℓ(πr1)I1
(4.44)

Die Gegeninduktivität M12 ist also

       ϕB2-             2
M12 =   I1 = μ0n1n2 ℓ(πr1)
(4.45)

Im entgegengesetzten Falle beginnen wir mit

B2 =  μ0n2I2
(4.46)

Der für die Spule 1 relevante Fluss ist durch die von der Spule 1 umschlossene Fläche, also N1(πr12) gegeben.

ϕB1 = N1 ·B2  (πr21) = n1ℓμ0n2I2(πr21) = μ0n1n2 ℓ(πr21)I2
(4.47)

Damit wird die Gegeninduktivität

       ϕB1
M21  = ---- = μ0n1n2 ℓ(πr21) = M12
        I2
(4.48)

Diese Beziehung, die an einem Spezialfall gezeigt wurde, gilt auch allgemein (ohne Beweis).

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Schematischer Aufbau eines Transformators

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Die in einem Transformator induzierte Spannung kann wie folgt berechnet werden. In der Spule 1 fällt die Spannung

U    = N  dϕB-
 L,1     1 dt
(4.49)

ab. Diese Spannung muss durch die Wechselspannungsquelle U erzeugt werden, so das

              dϕB
U = UL,1 = N1 ----
               dt
(4.50)

ist. Durch die Anordnung des Eisens wird erreicht, dass der gesamte durch die erste Spule erzeugte magnetische Fluss durch die zweite Spule fliesst. Dort haben wir die induzierte Spannung

          dϕB
U2 = − N2 -dt-
(4.51)

und somit

       N2-
U2 = − N1 U1
(4.52)

N2∕N1 heisst der Übersetzungsfaktor des Transformators.

Wird der Ausgang des Transformators mit dem Ohmschen Widerstand R belastet, fliesst der Strom I2, der zu U2 in Phase ist. Dieser Strom erzeugt einen magnetischen Fluss ϕB′ ∝ N2I2, der den ursprünglichen Fluss ϕB durch die Spule 2 schwächt. Da durch beide Spulen der gleiche magnetische Fluss fliesst, muss auch der Fluss durch die erste Spule geschwächt werden. Da die Spannung durch die Spannungsquelle U vorgegeben ist, muss der Strom I1 auf der Primärseite zusätzlich fliessen, so dass ϕB′∝ N1I1 gilt. Da die Proportionalitätsfaktoren bis auf das Vorzeichen gleich sind, gilt dann auch

I2 = − N1-I1
       N2
(4.53)

Wenn wir die Effektivwerte betrachten haben wir damit

        [  N2   ][  N1   ]
U2I2 =   − N--U1  − N--I1  = U1I1
            1         2
(4.54)

sofern man Verluste vernachlässigt. Ideale Transformatoren übertragen also verlustfrei Leistung.



Versuch zur Vorlesung:
Hochspannungsleitung (Versuchskarte EM161)




Versuch zur Vorlesung:
Transformatorenversuche (Versuchskarte EM066)


4.1.7  Kirchhoffsche Gesetze

__________________________________________________________________________

pict

Kirchhoffsche Gesetze: links die Maschenregel, rechts die Knotenregel.

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In einer komplizierten elektrischen Schaltung betrachtet man eine einzelne Masche. Nach der Definition der EMK muss eine Probeladung langsam um die Masche herumgeführt werden. Dies führt auf die Maschenregel

   ∑                 ∑
          Uk =                Uj
∀kQuellen       ∀jVerbraucher
(4.55)

wobei die Vorzeichen entsprechend dem Umlaufsinn einzusetzen sind. In unserem Beispiel bedeutet dies:

U1 −  U2 = UR +  UL

Die Knotenregel ist ein Ausdruck für die Ladungserhaltung. Wenn wir zum Beispiel alle zufliessenden Ströme positiv und alle wegfliessenden Ströme negativ zählen (oder umgekehrt), gilt an jedem Knoten

      ∑
                Ik = 0
∀keines Knotens
(4.56)

Mit diesen beiden Regeln sowie der Kenntnis der Charakteristika der Bauelemente kann jede statische oder quasistatische elektronische Schaltung berechnet werden.

4.1.8  Wechselstromkreise, Impedanzen

In diesem Abschnitt betrachten wir die Wirkung von cosinusförmigen Wechselspannungen

U ≡ U (t) = U0 cos(ωt − φ)
(4.57)

Die Zeitskala für die Wechselspannung wird so gewählt, dass φ = 0 ist. Weiter setzen wir voraus, dass die zeitliche Änderung aller Grössen so gering sind, dass wir wie im stationären Falle rechnen können. Wir dies den quasistationären Fall.

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pict

Definition von Strömen und Spannungen bei Wechselspannungen

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Da bei Wechselspannungen a priori keine Stromrichtung vorgegeben ist, definiert man, zum Beispiel wie in der Abbildung oben, die Stromrichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier für t = 0. Zu jedem Zeitpunkt muss die Spannung im Stromkreis insgesamt null sein. Also ist

U −  UR =  0
(4.58)

und mit dem Ohmschen Gesetz

U0 cos(ωt) − I·R  =  0
(4.59)

oder

I(t) = U0-cos(ωt) = I0 cos(ωt )
        R
(4.60)

Der Strom und die Spannung erreichen immer dann einen Extremwert, wenn ωt ein ganzzahliges Vielfaches von π ist. Der durch einen Widerstand fliessende Strom ist in Phase mit der Spannung.

Die momentane Leistung am Widerstand ist

                                               2
P (t) = U (t)·I (t) = U  cos(ωt)· U0-cos(ωt) = U-0cos2(ωt) = I2R cos2(ωt)
                     0          R             R             0
(4.61)

Der Mittelwert der Leistung ist (⟨cos2ωt⟩ t = 12)

         1-U02   1-2
⟨P (t)⟩ = 2 R  =  2I R
(4.62)

Unter dem Effektivwert der Spannung (des Stromes) versteht man diejenige Gleichspannung, die an einem Ohmschen Widerstand die gleiche Verlustleistung erzeugt. Also ist für sinusförmige Spannungen

U    =  √1-U
  eff      2  0
(4.63)

beziehungsweise

       -1--
Ieff =  √ 2I0
(4.64)

Für beliebige Spannungsverläufe (Stromverläufe) ist der Effektivwert (auch rms-Wert von ”Root Mean Square”)

                  --------------
                ┌││    t+∫T
                │∘ 1-     2
Ueff =  Urms =    T    U  (τ)dτ
                     t
(4.65)

wobei T eine Zeit ist, die bei periodischen Signalen der Periodendauer entspricht und bei zufälligen Signalen lang gegenüber der charakteristischen Zeitdauer der Schwankungen sein muss. Für Ströme gilt die analoge Formel

              ┌│ --------------
              ││  1 t∫+T
Ieff = Irms = ∘  --   I2(τ)dτ
                 T  t
(4.66)



Versuch zur Vorlesung:
Wechselstromwiderstand (Versuchskarte EM053)




Folien zur Vorlesung vom 25. 06. 2009: PDF
Aufgabenblatt 11 für das Seminar vom 01. 07. 2009 (Ausgabedatum 25. 06. 2009): (HTML oder PDF)


_______________________________________________

pict

Spule mit Wechselspannung

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Wir verwenden Gleichung (4.40) um die Spannung über der Spule zu berechnen. Die induzierte Spannung ist der Flussänderung entgegengesetzt. Sie wirkt so, dass die Zunahme des Stromes bei zunehmender Anregungsspannung gebremst wird. Deshalb ist

                     dI-
U  − UL =  0 = U − L dt
(4.67)

Setzen wir U = U0 cos(ωt) ein, erhalten wir

dI    U
---=  -0-cos(ωt)
dt    L
(4.68)

und damit

           t
       U0-∫              U0-           U0-          π-
I(t) = L    cos(ωτ )dτ = L ω sin (ωt ) = Lω cos(ωt −  2)
          0
(4.69)

Der Strom hat also den Scheitelwert

     U     U
I = --0 =  --0-
    ωL     XL
(4.70)

wobei XL = ωL die Impedanz oder der induktive Widerstand der Spule ist. Die Einheit der Impedanz ist gleich wie die Einheit des Widerstandes, das Ohm. Der Strom folgt der Spannung mit einer Phasenverschiebung von π∕2. Für die Effektivwerte gilt Ieff = Ueff∕XL, da für sinusförmige Spannungen und Ströme der gleiche Faktor zur Umrechnung von Scheitelwerten zu Effektivwerten verwendet werden muss.

Die momentan dissipierte Leistung an einer Spule ist

                                                   2
P (t) = U (t)·I (t) = U  cos(ωt)· U0-cos(ωt − π) = U-0 cos(ωt)sin(ωt)
                     0          ωL          2    ωL
(4.71)

Die dissipierte Leistung kann sowohl positiv wie auch negativ sein. Die mittlere dissipierte Leistung ist

        U20
⟨P ⟩t =--- ⟨cos(ωt)sin(ωt)⟩t = 0
       ωL
(4.72)

Im Mittel wird also keine Leistung an einer Spule dissipiert.

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pict

Kondensator mit Wechselspannung

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Beim Kondensator ist UC = q∕C. Diese Spannung muss gleich der treibenden Spannung sein.

U  − U  =  0 = U −  q-
      C             C
(4.73)

Wir setzen U ein und erhalten

q = C ·U0  cos(ωt )
(4.74)

Der Strom ist dann

    dq    d                                                     π
I = dt-=  dtC ·U0 cos(ωt ) = − C ω ·U0 sin(ωt) = C ω·U0 cos(ωt+ 2)
(4.75)

Wir nennen

      -1--
XC  = ωC
(4.76)

die Impedanz des Kondensators. Der Scheitelwert des Stromes ist

I0 = ωCU0
(4.77)

Analog wie bei der Spule gilt die Gleichung Ieff = Ueff∕XC mit der gleichen Begründung auch für Kondensatoren. Die momentan dissipierte Leistung ist

            2
P (t) = ωCU  0 cos(ωt)sin(ωt)
(4.78)

Sie ist, analog wie bei der Spule, positiv oder negativ. Deshalb ist die mittlere dissipierte Leistung

⟨P (t)⟩t = ωCU 20 ⟨cos(ωt )sin (ωt)⟩t = 0
(4.79)



Versuch zur Vorlesung:
Elektrischer Schwingkreis (Versuchskarte Em056)


_______________________________________________

pict

Schwingkreis

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Der Kondensator soll zur Zeit t = 0 auf die Spannung UC,0aufgeladen sein. Zur Zeit t = 0 wird der Schalter geschlossen. Die Differentialgleichung dieser Schaltung lautet:

  dI-   Q-
L dt +  C =  0
(4.80)

Wir differenzieren einmal und bekommen

d2I     1
---2 + ---I =  0
 dt    LC
(4.81)

Dies ist die aus der Mechanik bekannte Schwingungsdifferentialgleichung. Durch Analogieschluss sieht man, dass die Resonanzfrequenz

      ∘ ----
         1
ω0 =    ----
        LC
(4.82)

ist.

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pict

Schwingkreis mit Widerstand

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Der gedämpfte Schwingkreis enthält neben dem Kondensator und der Spule auch einen Widerstand. Die Differentialgleichung des gedämpften Schwingkreises ist

 dI-          Q-
Ldt +  R·I  + C  = 0
(4.83)

Wir differenzieren einmal und bekommen

d2I   R dI     1
----+ -----+  ---I = 0
dt2   L dt    LC
(4.84)

Analog zur Mechanik ist die R-
L der Dämpfungsterm. Das in der Mechanik berechnete Verhalten eines schwingungsfähigen Systems gilt auch für den elektrischen Schwingkreis.

Wenn der elektrische Schwingkreis von einer Wechselspannungsquelle getrieben wird, ergeben sich die gleichen Phänomene wie bei einem getriebenen Pendel, also auch eine Resonanz.

Anwendungen

4.1.9  Elektromotoren

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pict pict

Bestandteile eines Elektromotors. Links der Stator, rechts der Rotor mit dem Kommutator.

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Ein Elektromotor besteht aus zwei teilen, dem Stator, der das Magnetfeld H erzeugt und dem Rotor, der in diesem Magnetfeld rotiert. Die Richtung des Stromflusses im Rotor wird durch den Kommutator gesteuert.



Versuch zur Vorlesung:
Elektromotor und -generator (Versuchskarte EM101)


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pict

Dieses Bild zeigt einen aufgebauten Elektromotor.

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Wir betrachten zuerst den Elektromotor als Generator. Der Fluss durch die Leiterschlaufe mit N Windungen und einer Fläche A ist

ϕB = N BA  cos Θ
(4.85)

wobei Θ der Winkel zwischen der Normalen der Fläche der Leiterschlaufe und der Richtung des Magnetfeldes ist. Mit Θ = ωt + δ wird der zeitabhängige Fluss durch eine sich mit ω drehende Leiterschlaufe

ϕB (t) = N BA  cos(ωt +  δ)
(4.86)

Durch Ableiten erhält man die Induktionsspannung

       dϕB (t)           d
U =  − -------= − N BA  --cos(ωt+ δ) = N BA  ω sin(ωt+ δ)
         dt             dt
(4.87)

Die induzierte effektive Spannung ist

         N-B√A-ω-
Ueff,i =     2
(4.88)

Wenn die Leiterschlaufe mit Spannung versorgt wird, arbeitet sie als Motor. Durch den Strom I wird nach Gleichung (3.24) ein Drehmoment

T =  N AB ·I · sin(ωt + δ)
(4.89)

erzeugt1 . Das mittlere Drehmoment bei einem Motor, bei dem der Kommutator immer bei dem Winkel, bei dem das Drehmoment null wird, das Vorzeichen ändert, ist

       N√AB--
Teff =    2  I = N ABIeff
(4.90)

Wenn der Widerstand des Ankers, der rotierenden Spule, R ist, kann man den mittleren Strom berechnen

       U-−-Ueff,i   U-   N-BA--
Ieff =      R     =  R −  R √2--ω
(4.91)

Die angelegte Spannung U ist eine Gleichspannung, deshalb darf kein Effektivwert genommen werden. Damit hängt das Drehmoment von der Drehzahl ab

                (             )
                  U    N BA        N ABU      N 2A2B2
Teff(ω ) = N AB   -- − --√---ω   = --------−  --√-----ω
                  R    R   2          R           2R
(4.92)

Das Drehmoment des ruhenden Motors ist also

                  N-ABU---
Teff(0) = Tmax =     R
(4.93)

und die maximale Drehzahl (da wo Meff = 0) ist

         √ --
ωmax =  ---2U-
        N AB
(4.94)

Diese Charakteristik (Nebenschlussmotor) hat man immer dann, wenn das erregende Feld B unabhängig von der Drehzahl ist, bei Permanentmagneten oder wenn die Spule für die Erregerwicklung parallel zum Anker angeschlossen ist. Will man die Drehzahl erhöhen, muss man das Feld B schwächer machen.

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pict pict

Links ist die Schaltung des Nebenschlussmotors, rechts die des Hauptschlussmotors gezeigt.

_____________________________________________________________________

Ist wie beim Hauptschlussmotor die Erregerwicklung in Serie zur Ankerwicklung geschaltet, gibt es keine maximale Drehzahl. Eine lange Zylinderspule (Länge , Windungszahl N) hat das Magnetfeld

        N--
BZ  = μ0 ℓ I
(4.95)

Für andere Geometrien gilt das gleiche Gesetz, aber mit einem geometrieabhängigen Vorfaktor K. Im statischen Falle ist der Strom nur vom Gleichstromwiderstand RE der Erregerspule abhängig. Wenn UE der Spannungsabfall an der Erregerspule ist, ist

           ′  NE--UE--    ′  NE--
B(UE ) = K  μ0 ℓ  R   = K  μ0 ℓ  IE = KIE
               E   E          E
(4.96)

wobei alle Vorfaktoren in den Faktor K zusammengezogen wurden. Der durch den Anker fliessende Strom ist mit Ueff,i = NB(UE)Aω∕√ --
  2 durch

      U--−-UE-−--Ueff,i   U-   UE-    N-B(UE-)A--
Ieff =        R         = R  −  R  −    R √2--  ω
(4.97)

gegeben.

Da Ieff = IE und UE = RE·IE sind, gilt

I   =  U-−  RE-I   −  K-·N√·A--I   ω
 eff    R    R   eff     R   2   eff
(4.98)

oder

                                          √ --
                U                           2U
Ieff = ----------K-·N-·A--- = -√------√-------------------
       R + RE  +    √2-  ω      2R  +   2RE  + K ·N  ·A  ω
(4.99)

Damit wird das Drehmoment

T   (ω ) = N AB (I   )I    = N AKI2
  eff              eff eff          eff
(4.100)



Folien zur Vorlesung vom 29. 06. 2009: PDF


Eingesetzt bekommt man

                              2
Teff(ω ) = [√-------√2N-AKU-------------]2-
              2R +    2RE  + K ·N  ·A ω
(4.101)

Teff(ω) ist für alle ω grösser als null. Dieser Motor hätte, ohne Lagerreibung, eine unendlich grosse maximale Drehzahl. Das Startdrehmoment für ω = 0 ist

                          2
T   (0) = T    =  N--AKU----
 eff       max    [R  + RE ]2
(4.102)

__________________________________________________________________________

pict

Kennlinien von Nebenschluss- und Hauptschlussmotoren. Die Kurven wurden mit N = 1000, A = 0.001 m2, U = 5 V, R = 0.1 Ω und B = 0.1 T. Die beiden Motoren sind so berechnet, dass sie das gleiche Startdrehmoment und dassRE = R∕2 ist (eine vernünftige Annahme).

_____________________________________________________________________



Versuch zur Vorlesung:
Linearmotor (Versuchskarte EM113)


4.1.10  Betatron



Versuch zur Vorlesung:
Betatron (Versuchskarte EM167)


Die Idee hinter der Konstruktion des Betatrons ist, dass bei einem zeitabhängigen B-Feld nach rot E = B∕∂t auch ein zeitabhängiges E-Feld existiert.

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pict

Skizze eines Betatrons

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Nach dem Induktionsgesetz rot E = B∕∂t hat das durch ein in die z-Richtung zeigende Magnetfeld induzierte elektrische Feld keine z-Komponente. Nehmen wir an, dass das E-Feld eine Radialkomponente hätte. Sie könnte zum Beispiel in die y-Richtung zeigen. Rotieren wir die ganze Anordnung um π um die y-Achse und kehren die Richtung des B-Feldes um, haben wir wieder die Ausgangsanordnung. Mit der Richtungsumkehr von B hat aber auch E die Richtung geändert (Induktionsgesetz). Dies ist aber im Widerspruch zur Ausgangssituation. Deshalb kann es kein radiales E-Feld geben: das E-Feld ist tangential und beschleunigt die geladenen Teilchen. Damit die Teilchen auf der Kreisbahn bleiben, muss

  v2
m ---=  e·v ·B (t)
   R
(4.103)

oder

mv (t) = p(t) = e·B ·R
(4.104)

Das zweite Newtonsche Axiom in tangentialer Richtung angewandt bedeutet

dp-(t)
  dt  = eE (t)
(4.105)

Mit der Integralform des Induktionsgesetzes erhält man mit einer stationären Kreisbahn S(R) mit dem Radius R

  ∮                               ∬
                                d-                 dB¯(t)-    2
     E (t)·ds  = E (t)·2 πR =  − dt     B (t)·da  =    dt  ·πR
S (R)                              A(R)
(4.106)

wobei B das über die Fläche des Kreises gemittelte B-Feld ist. Durch Kombination der obigen Gleichungen und unter Berücksichtigung der Vorzeichen erhalten wir

                 ¯
dp(t) = e·R--· dB-
 dt       2    dt
(4.107)

Die Integration mit den Anfangsbedingungen p(0) = 0 und B(0) = 0 liefert

p(t) = e·R--·B¯(t)
         2
(4.108)

Der Vergleich mit der Bedingung für die Zentripetalkraft liefert die Wideroe-Bedingung

¯
B(t) = 2·B  (t)
(4.109)

Diese Bedingung kann durch eine geeignete Wahl der Form der Polschuhe erreicht werden.

4.1.11  Skin-Effekt

__________________________________________________________________________

pict

Berechnung des Skin-Effektes

_____________________________________________________________________

Bei Gleichstrom in einem zylindrischen Leiter ist das elektrische Feld konstant über dem Querschnitt. Nach dem Ampèreschen Durchflutungsgesetz (Siehe Gleichung (3.32)) ist das Magnetfeld proportional zum Abstand.

Für den Fall eines Wechselstroms mit niedriger Frequenz müssen wir das Induktionsgesetz berücksichtigen. Nach dem Induktionsgesetz gilt für die zeitunabhängige Kurve S, die auf einer Ebene, in der auch die Zylinderachse liegt, liegt

∮               ∬
  E ·ds  = − d-     B ·da
             dt
S              A(S)
(4.110)

Für die eingezeichnete Schlaufe gilt (da ist antiparallel zu B)

                        d(− ¯B)
h [E (r) − E(r − Δr )] = ------·  (− h ·Δr )
                          dt
(4.111)

wobei wieder B das über die Fläche Δr·h gemittelte Magnetfeld ist. Als Zwischenresultat bekommen wir:

[E (r) − E (r − Δr )]  d( ¯B )
------------------- =  -----
        Δr              dt

Da der Strom zeitabhängig ist, muss auch das E-Feld ortsabhängig sein. Eine homogene Stromverteilung bei Wechselstrom ist bei einem Ohmschen Leiter nicht vereinbar mit dem Induktionsgesetz. Die Taylorentwicklung von Gleichung (4.110) liefert die betragsmässige Bedingung

∂E--(r,t) =  ∂B-(r,t)
   ∂r         ∂t
(4.112)

Das elektrische Feld muss also bei Wechselstrom mit zunehmendem Abstand vom Radius zunehmen. Da der Gesamtstrom gegeben ist, ist die Stromdichte an der Oberfläche konzentriert. Dies ist der Skin-Effekt.

Anwendung

Die Berechnung der Skintiefe kann nach Jackson [?, pp. 334-338]2 aus dem Ampèreschen Gesetz Gleichung (3.32), dem Faraday’schen Gesetz Gleichung (4.24) und dem mikroskopischen Ohm’schen Gesetz (3.2) abgeleitet werden.

Wir beginnen mit den drei Gleichungen

pict

Wir nehmen mit Jackson eine harmonische Welle an, also B = B0 exp (iωt) und E = E0 exp (iωt). Damit können die obigen Gleichungen umgeschrieben werden

pict

Wenn n der nach aussen zeigende Normalenvektor auf die Grenzfläche Vakuum-Metall ist und ξ die nach innen zeigende Koordinate ist, kann in der Nähe der Oberfläche der Nabla-Operator als

         -∂-
∇  ≃ − n ∂ξ
(4.119)

geschrieben werden. Gleichungen (4.117) und (4.118) lauten dann

pict

Um die beiden Gleichungen zu kombinieren, multiplizieren wir von links mit n∂∂ξ und verwenden weiter, dass nach (C.7) a ×(b × c) = (a·c ) b(a·b ) c ist.

pict

Diese Gleichung kann durch die folgenden zwei Gleichungen ersetzt werden

pict

Zum Lösen von Gleichung (4.123) machen wir den Ansatz B0(ξ) = B0,0 exp (aξ) und setzen

                      ∘-------
2i = iμμ σ ω =⇒  δ =    --2----
δ2      0               μμ0σ ω
(4.125)

und erhalten über

∂2       2i
---B0  + --B0  = 0
∂ξ2      δ2
(4.126)

die charakteristische Gleichung

 2   2i
a  + δ2 =  0
(4.127)

die Lösungen

      √ --
      --2i-    i-−-1
a = ±  δ   = ±   δ
(4.128)

Das Vorzeichen + ist physikalisch sinnvoll (es gibt keine zunehmende Amplitude). Damit ist besteht die Lösung aus einem exponentiellen Abfall mit der Abfalllänge δ und einem örtlich oszillierenden Teil, also

                  (    )    (  (       ) )
B (ξ,t) = B0,0 exp − ξ-  exp  i  ωt − ξ-
                     δ                δ
(4.129)

Damit ist

    ∘ ---2---        1
δ =   ------- = -√--------
      μ μ0σω      π μμ0σ ν
(4.130)

die Skintiefe bei der Frequenz ω eines Metalls mit der relativen Permeabilität μ und der Leitfähigkeit σ. Aus Gleichung (4.130) kann abgelesen werden, dass

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1 Hz 16.67 Hz 50 Hz 100 Hz 1 kHz 10 kHz 100 kHz 1 MHz









Kupfer 66 m m 16 m m 9.3 m m 6.6 m m 2.1 m m 660 μ m 21 μ m 66 μ m
Aluminium 83 mm 20 mm 12 mm 8.3 mm 2.6 mm 830 μm 26 μm 83 μm
Eisen (μ = 104) 1.6 mm 390 μm 230 μm 160 μm 50 μm 16 μm 5.0 μm 1.6 μm
Edelstahl (μ = 300) 25 mm 6.0 mm 3.5 mm 2.5 mm 780 μm 250 μm 78 μm 25 μm
Meerwasser 230 m 55 m 32 m 23 m 7.1 m 2.3 m 710 mm 23 mm
Leitungswasser 7.1 k m 1.7 k m 1.0 k m 712 m 230 m 71 m 23 m 7.1 m









Skintiefen verschiedener Materialien (nach [?, ?])

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