Unterabschnitte

Erhaltungssätze und Erhaltungsgrössen


Stoss in einer Dimension

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Impulserhaltung beim Stoss (Versuchskarte M-205)

Wir betrachten den Stoss zweier Massen $ m_1$ und $ m_2$ auf einer reibungsarmen Luftkissenbahn. Der Stoss soll dabei so vonstatten gehen, dass die beiden Massen nicht verändert werden. Ebenso wollen wir keine Annahme machen über das Massenverhältnis und die Anfangsgeschwindigkeiten.





\includegraphics[width=0.99\textwidth]{mechanik-072}
Situation der beiden Massen vor dem Stoss (oben) und nach dem Stoss (unten).




Viele Experimente könnten die Messgrössen in Tabelle 3.2ergeben.



$ m_1/kg$ $ v_1/(m/s)$ $ m_2/kg$ $ v_2/m/s)$ $ v_1'/(m/s)$ $ v_2'/(m/s)$
$ 0.5$ $ 0.104$ $ 0.5$ $ 0.001$ $ 0.005$ $ 0.108$
$ 0.5$ $ 0.200$ $ 0.5$ $ 0.002$ $ 0.002$ $ 0.202$
$ 1$ $ 0.097$ $ 0.5$ $ 0.004$ $ 0.039$ $ 0.124$
$ 1$ $ 0.201$ $ 0.5$ $ -0.002$ $ 0.066$ $ 0.270$
$ 1$ $ 0.001$ $ 0.5$ $ 0.103$ $ 0.071$ $ -0.036$
$ 0.5$ $ 0.100$ $ 0.5$ $ -0.101$ $ -0.104$ $ 0.100$
$ 0.5$ $ 0.097$ $ 0.5$ $ -0.198$ $ -0.203$ $ 0.097$
$ 1$ $ 0.098$ $ 0.5$ $ -0.002$ $ 0.035$ $ 0.136$
$ 0.5$ $ 0.196$ $ 0.5$ $ 0.096$ $ 0.093$ $ 0.192$
$ 2$ $ 0.096$ $ 0.5$ $ -0.103$ $ 0.017$ $ 0.215$
$ 5$ $ 0.101$ $ 0.5$ $ -0.104$ $ 0.065$ $ 0.266$
$ 5$ $ 0.999$ $ 0.5$ $ -0.100$ $ 0.802$ $ 1.896$
Simulierte Messwerte für einen Stoss auf einer Gerade.


Wir suchen nun nach Erhaltungsgrössen. Die nicht erfolgreichen Versuch sind nicht gezeigt.

Impulserhaltung



$ \frac{m_1\cdot v_1}{(kgm/s)}$ $ \frac{m_2 \cdot v_2}{(kgm/s)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1+m_2\cdot v_2}{(kgm/s)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1'}{(kgm/s)}$ $ \frac{m_2\cdot v2'}{(kgm/s)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1'+m_2\cdot v_2'}{(kgm/s)}$
$ 0.0522$ $ 0.0009$ $ 0.0532$ $ 0.0026$ $ 0.0540$ $ 0.0566$
$ 0.1002$ $ 0.0010$ $ 0.1012$ $ 0.0012$ $ 0.1014$ $ 0.1027$
$ 0.0974$ $ 0.0024$ $ 0.0998$ $ 0.0397$ $ 0.0622$ $ 0.102$
$ 0.2016$ $ -0.0011$ $ 0.2005$ $ 0.0660$ $ 0.1351$ $ 0.2012$
$ 0.0011$ $ 0.0516$ $ 0.0528$ $ 0.0719$ $ -0.0184$ $ 0.0535$
$ 0.0502$ $ -0.0509$ $ -0.0007$ $ -0.0521$ $ 0.0501$ $ -0.0019$
$ 0.0488$ $ -0.0993$ $ -0.0504$ $ -0.1016$ $ 0.0485$ $ -0.0531$
$ 0.0983$ $ -0.0011$ $ 0.0971$ $ 0.0356$ $ 0.0684$ $ 0.1040$
$ 0.0981$ $ 0.0482$ $ 0.1464$ $ 0.0466$ $ 0.0964$ $ 0.1430$
$ 0.1934$ $ -0.0515$ $ 0.1418$ $ 0.0356$ $ 0.1078$ $ 0.1435$
$ 0.5055$ $ -0.0520$ $ 0.4534$ $ 0.3274$ $ 0.1331$ $ 0.4605$
$ 4.999$ $ -0.0502$ $ 4.9487$ $ 4.0146$ $ 0.9484$ $ 4.9631$
Grösse $ m_i\cdot v_i$ aus den Messdaten.


Wir finden zuerst, dass

$\displaystyle m_1\cdot v_1 + m_2 \cdot v_2 = m_1\cdot v_1' + m_2 \cdot v_2'$ (3.118)

Wir nennen die Grösse

$\displaystyle p_i = m_i\cdot v_i$

Impuls.

Allgemein gilt

$\displaystyle \sum\limits_{i=1}^n m_i\cdot v_i = \sum\limits_{i=1}^n m_i\cdot v_i'$ (3.119)

Das heisst:

In einem abgeschlossenen System ist der Gesamtimpuls eine Erhaltungsgrösse.

Im Detail besprechen wir die Konsequenzen der Impulserhaltung im Abschnitt 3.4.

Energieerhaltung



$ \frac{m_1\cdot v_1^2}{(kgm^2/s^2)}$ $ \frac{m_2\cdot v_2^2}{(kgm^2/s^2)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1^2+m_2\cdot v_2^2}{(kgm^2/s^2)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1'^2}{(kgm^2/s^2)}$ $ \frac{m_2\cdot v_2'^2}{(kgm^2/s^2)}$ $ \frac{m_1\cdot v_1'^2+m_2\cdot v_2'^2}{(kgm^2/s^2)}$
$ 0.0054$ $ 1.901\cdot 10^{-6}$ $ 0.0054$ $ 0.00001$ $ 0.0058$ $ 0.0058$
$ 0.0200$ $ 2.101\cdot 10^{-6}$ $ 0.0200$ $ 3.251\cdot 10^{-6}$ $ 0.0205$ $ 0.0205$
$ 0.0094$ $ 0.00001$ $ 0.0094$ $ 0.0015$ $ 0.0077$ $ 0.0093 $
$ 0.0406$ $ 0.000002$ $ 0.0406$ $ 0.0043$ $ 0.0365$ $ 0.0409 $
$ 1.322\cdot 10^{-6}$ $ 0.0053$ $ 0.0053$ $ 0.0051$ $ 0.0006$ $ 0.0058$
$ 0.0050$ $ 0.0051$ $ 0.0102$ $ 0.0054$ $ 0.0050$ $ 0.01046 $
$ 0.0047$ $ 0.0197$ $ 0.0245$ $ 0.0206$ $ 0.0047$ $ 0.0253 $
$ 0.0096$ $ 2.761\cdot 10^{-6}$ $ 0.0096$ $ 0.0012$ $ 0.0093 $ $ 0.0106 $
$ 0.0192$ $ 0.0046$ $ 0.0239$ $ 0.0043$ $ 0.0185$ $ 0.0229 $
$ 0.0187$ $ 0.0053$ $ 0.0240$ $ 0.0006$ $ 0.0232$ $ 0.0239$
$ 0.0511$ $ 0.0054$ $ 0.0565$ $ 0.0214$ $ 0.0354$ $ 0.0568 $
$ 4.9980$ $ 0.0050$ $ 5.0030$ $ 3.223$ $ 1.7991$ $ 5.0227 $
Grösse $ m_i\cdot v_i^2$ aus den Messdaten.


Wir finden dann, dass

$\displaystyle m_1\cdot v_1^2 + m_2 \cdot v_2^2 = m_1\cdot v_1'^2 + m_2 \cdot v_2'^2$ (3.120)

Wir nennen die Grösse

$\displaystyle E_{kin\text{,} i} = \frac{1}{2}m_i\cdot v_i^2$

kinetische Energie.

Den Faktor $ \frac{1}{2}$ begründen wir später.

Allgemein gilt

$\displaystyle \sum\limits_{i=1}^n \frac{1}{2}m_i\cdot v_i^2 = \sum\limits_{i=1}^n \frac{1}{2}m_i\cdot v_i'^2$ (3.121)

Das heisst:

In einem abgeschlossenen System ist die Gesamtenergie eine Erhaltungsgrösse.

Die Gesamtenergie besteht nicht nur aus der kinetischen Energie, sondern auch aus anderen Energien.

Für mechanische System ist dies die innere Energie $ E_i$ und die Lageenergie oder potentielle Energie $ E_{pot}$. Die innere Energie ist eine Grösse, die den Energieinhalt im Teilchen angibt. Dies kann die chemische Energie sein, aber auch die relativistische Masseenergie. Wir haben also

$\displaystyle E = E_{kin}+E_{pot}+E_{innen}=konstant$ (3.122)

Energieerhaltung gilt für alle Energieformen.


Beschleunigungsarbeit oder kinetische Energie

Wir fragen uns nun: Was ist der Aufwand, um eine Masse $ m$ vom Impuls $ p=0$ auf den Impuls $ p$ zu bringen. Der Aufwand muss mit den folgenden Grössen korrelieren:

Die Beschleunigungsarbeit muss also differentiell vom Produkt $ \dot{p}ds$ abhängen. Wir schreiben:

$\displaystyle W = \int\limits_0^p \dot{p}  ds$ (3.123)

Aus dem Experiment wissen wir, dass $ p=mv$ oder $ v = p/m$ ist. Nun ist aber auch

$\displaystyle \frac{ds}{dt} = v$

und deshalb

$\displaystyle ds = v dt \frac{p  dt}{m}$

Gleichzeitig wechseln die Integrationsgrenzen von $ [0$,$  \ell]$ zu $ [0$,$  t]$. Wir haben also

$\displaystyle W = \int\limits_0^t \frac{\dot{p}p}{m}dt'= \int\limits_0^t \left(...
...2m}\right) dt = \frac{1}{2m}\int\limits_0^p d\left(p'^2\right) = \frac{p^2}{2m}$ (3.124)

das heisst, die Arbeit, um eine Masse von 0 auf den Impuls $ p$ zu bringen ist $ W$. Diese Arbeit muss als kinetische Energie betrachtet werden. Sie steckt in der Bewegung der Masse $ m$.

kinetische Energie

$\displaystyle E_{kin} = \frac{p^2}{2m}$ (3.125)

Potentielle Energie

Unter potentieller Energie verstehen wir die Möglichkeit, Arbeit zu leisten, wobei wir die Energie, die in der Bewegung ist, ausklammern. Arbeit im physikalischen Sinne ist

$\displaystyle dW = \vec{F}_{ext}\cdot d\vec{s}$ (3.126)

Wir betrachten also nur die Komponente der Kraft $ \vec{F}_{ext}$, die entlang des Wegelementes $ d\vec{s}$ liegt.

Nun ist die Kraft, die das System aufbringt, die Kraft, gegen die wir arbeiten müssen, $ \vec{F}=-\vec{F}_{ext}$. Die im System gespeicherte Energie ist deshalb

$\displaystyle dW = \vec{F}_{ext}\cdot d\vec{s}= -\vec{F}\cdot d\vec{s}$ (3.127)

Damit ist die potentielle Energie definiert durch

$\displaystyle E_{pot}= -\int\limits_{s_1}^{s_2} \vec{F}\cdot d\vec{s}$ (3.128)

Einheit der potentiellen Energie : $ 1Joule=1Nm$

Kraftfelder

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\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Energieerhaltung (Versuchskarte M-093)

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Link zur Vorlesung:(Bahn eines geworfenen Balles)

Definition eines Kraftfelds:
Ein Kraftfeld ist ein Gebiet $ G$, in dem die Kraft $ \vec{F}$ existiert. $ \vec{F}$ hängt dabei eindeutig vom Ort $ \vec{r}$ ab.

$\displaystyle \vec{F}=\vec{F}\left( \vec{r}\right)$ (3.129)

Beispiel: Gravitation, Magnetfeld, Feder

Kraftfelder können zeitabhängig sein.

Feldlinien

Feldlinien $ \vec{r}_{Fl}\left( s\right) $ sind Kurven, die in jedem Punkt parallel zu $ \vec{F}\left(
\vec{r}\left( s\right) \right) $sind.





\includegraphics[width=0.5\textwidth]{mechanik-031}
Feldlinien




$\displaystyle \vec{F}\left( \vec{r}_{Fl}\left( s\right) \right)$ $\displaystyle = F\left( \vec{r}_{Fl}\left( s\right) \right) \cdot\vec{\tau }_{Fl}\left( s\right)$    
$\displaystyle \vec{\tau}_{Fl}$ $\displaystyle =\frac{d\vec{r}_{Fl}}{ds}$ (3.130)

Beispiel Gummiband
Die Länge sei $ l_{0}$
Das Feldlinienbild ergibt sich aus $ F=k\left(
l-l_{0}\right) $






\includegraphics[width=0.5\textwidth]{mechanik-032}
Gummiband als Kraftfeldquelle




Konservative Kraftfelder

  • Arbeit verschwindet auf jedem geschlossenen Weg
  • Arbeit ist unabhängig vom Weg
  • Das Kraftfeld ist wirbelfrei
  • Es existiert eine potentielle Energie
$ \left\} \begin{array}{c}
\\  \\  \\
\\  \\  \\
\\
\end{array} \text{äquivalent}\right. $


Arbeit auf einem geschlossenen Weg

Definition: Sei $ \vec{F}\left( \vec{r}\right) $ statisch, das Gebiet $ G$ sei einfach zusammenhängend





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{mechanik-033}
Berechnung der potentiellen Energie auf einer geschlossenen Bahn $ b$ in einem einfach-zusammenhängenden Gebiet $ G$.




$ \vec{F}\left( \vec{r}\right) $ ist konservativ, wenn

$\displaystyle W\left( A,A,b\right) =W\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{1},b\right) =-\oint\limits_{\vec{r}_{1}\text{auf Bahn }b}\vec{F}\left( \vec{r}\right) d\vec{r=0}$ (3.131)

unabhängig von $ b$ gleich null ist


Unabhängigkeit der Arbeit vom Weg





\includegraphics[scale=0.75]{mechanik-034}
Unabhängigkeit der potentiellen Energie vom Weg.




$\displaystyle W\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{2},b_{1}\right) -W\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{2},b_{2}\right)$ $\displaystyle =$    
$\displaystyle W\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{2},b_{1}\right) +W\left( \vec{r}_{2},\vec{r}_{1},b_{2}\right)$ $\displaystyle =$    
$\displaystyle W\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{1},b_{1}+b_{2}\right)$ $\displaystyle = 0$ (3.132)

wegen der Tatsache, dass in einem konservativen Kraftfeld die Arbeit auf jedem geschlossenen Weg null ist.

Wirbelfreiheit konservativer Kraftfelder





\includegraphics[scale=0.5]{mechanik-035}
Wirbelfreiheit konservativer Felder.




Ein Kraftfeld ist konservativ, wenn

$\displaystyle  {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} \vec{F}\left( \vec{r}\right) =0$ (3.133)

Nach Stokes gilt

$\displaystyle \oint\limits_{\vec{r}_{1},b}\vec{F}\left( \vec{r}\right) d\vec{r=...
...s} {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} \vec{F}\left( \vec{r}\right) \cdot\vec{n}da=0$ (3.134)

da $ b$ beliebig ist und auf einer beliebigen Bahn $ b$ das Linienintegral entlang eines geschlossenen Weges verschwindet, muss $  {}\boldsymbol{\mathrm{rot}}{} \vec{F}=0$ gelten.

Potentielle Energie und Arbeitsvermögen

Die potentielle Energie ist eindeutig definiert, da in einem konservativen Kraftfeld $ W$ unabhängig von $ b$ ist.

Potentielle Energie und Arbeit der Feldkraft $ \vec{F}_{sys}$

$\displaystyle \overline{W}\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{2},b\right) =E_{pot}\left( \vec{r}_{1}\right) -E_{pot}\left( \vec{r}_{2}\right)$ (3.135)

$ E_{pot}$ ist das Arbeitsvermögen der Feldkraft.





\includegraphics[width=0.7\textwidth]{mechanik-036}
Berechnung des Arbeitsvermögens der Feldkraft.




Beweis:

$ E_{pot}$ sei bezüglich $ \vec{r}_{0}$ definiert. Das heisst, dass

$\displaystyle E_{pot}(\vec{r}) =
-\int\limits_{\vec{r}_0}^{\vec{r}} \vec{F}_{sys} \cdot d\vec{s}$

ist. Die Arbeit, die das System leistet (nicht die Arbeit gegen die Feldkraft!) ist

$\displaystyle \overline{W}\left( \vec{r}_{1},\vec{r}_{2},b\right)$ $\displaystyle =\int \limits_{\vec{r}_{1},b}^{\vec{r}_{2}}\vec{F}_{sys}\left( \vec{r}\right) d\vec{r}$    
  $\displaystyle =\int\limits_{\vec{r}_{1},b_{1}}^{\vec{r}_{0}}\vec{F}_{sys}\left(...
...s_{\vec{r}_{0},b_{2}} ^{\vec{r}_{2}}\vec{F}_{sys}\left( \vec{r}\right) d\vec{r}$    
  $\displaystyle =-\int\limits_{\vec{r}_{0},b_{1}}^{\vec{r}_{1}}\vec{F}_{sys}\left...
...s_{\vec{r}_{0},b_{2}} ^{\vec{r}_{2}}\vec{F}_{sys}\left( \vec{r}\right) d\vec{r}$    
  $\displaystyle =E_{pot}\left( \vec{r}_{1}\right) -E_{pot}\left( \vec{r}_{2}\right)$ (3.136)

Beispiel: Die Gravitation in Erdnähe wird durch das Kraftgesetz

$\displaystyle \vec{F}=m\vec{g}=const$ (3.137)

beschrieben.





\includegraphics{mechanik-037}
Koordinatensystem zur Berechnung der Arbeit des Gravitationsfeldes




Die dazugehörige potentielle Energie ist

$\displaystyle E_{pot}=-\int\limits_{0}^{z}Fdz=-\int\limits_{0}^{z}-mgdz=-Fz=mgz$ (3.138)

$ mgh$ ist nicht die Definition der potentiellen Energie, sondern ein Spezialfall.

Energieerhaltung mechanischer Systeme

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Energieerhaltung (Versuchskarte M-093)

Wir betrachten ein System, dessen Energie konstant ist.

$\displaystyle E_{tot} = E_{kin} + E_{pot} + E_{innen} = konstant$ (3.139)

Dabei ist $ E_{innen}$ die noch unspezifizierte innere Energie eines Teilchens. Für Massenpunkte ist $ E_{innen}=0$.

Die Konstanz der gesamten Energie $ E_{tot}$ bedeutet, dass deren zeitliche Ableitung null sein muss

$\displaystyle \frac{d E_{tot}}{dt} = 0$ (3.140)

Diese Gleichung ist ein Ausdruck des Hamiltonschen Prinzips, dass die Gesamtenergie konstant sei. Im Einzelnen hat man

$\displaystyle 0 = \frac{d E_{kin}}{dt}+\frac{dE_{pot}}{dt}+\frac{dE_{innen}}{dt}$ (3.141)

Nehmen wir nun an, dass die innere Energie konstant sei (z.B. Massenpunkte). Dann ist

$\displaystyle 0 = \frac{d E_{kin}}{dt}+\frac{dE_{pot}}{dt}$ (3.142)

Die Bewegungsgleichung für einen Massenpunkt. Als Beispiel nehmen wir an, dass

$\displaystyle E_{pot} = E_0\left(1-e^{-\vec{r}^2/r_0^2}\right)=E_0\left(1-e^{-\left(r_x(t)^2+r_y(t)^2+r_z(t)^2\right)/r_0^2}\right)$

sei. Die kinetische Energie ist entsprechend

$\displaystyle E_{kin} = \frac{1}{2}m\left(\frac{\partial \vec{r}(t)}{\partial t...
...{\partial t}\right)^2+
\left(\frac{\partial r_z(t)}{\partial t}\right)^2\right]$

Aus dem Hamiltonschen Prinzip erhält man dann

\begin{multline}0 = \frac{1}{2}m \left[ 2  \left( {\frac {d}{dt}}{ r_x} \left( ...
...r_z} \left( t
\right) \right) ^{2}}{{{ r_0}}^{2}}}}}{{ r_0}^{2}}
\end{multline}

Diese Gleichung kann auch mit Vektoren geschrieben werden. Wir setzen

$\displaystyle \dot{\vec{r}}= \left(
\begin{array}{c}
\frac {d}{dt}{ r_x} \\
\...
...
\frac {d^2}{dt^2}{ r_y} \\
\frac {d^2}{dt^2}{ r_z} \\
\end{array}\right)$

und erhalten

$\displaystyle 0= m \dot{\vec{r}}\cdot\ddot{\vec{r}} +\frac{ 2E_0}{{ r_0}^{2}}\vec{r}\cdot\dot{\vec{r}} e
^{-{\frac { \vec{r}^2}{{{ r_0}}^{2}}}}
$

Für $ \dot{\vec{r}}\neq 0$ kann die Bewegungsgleichung als

$\displaystyle 0= m \ddot{\vec{r}} +\frac{ 2E_0}{{ r_0}^{2}}\vec{r}e^{-{\frac { \vec{r}^2}{{{ r_0}}^{2}}}}$ (3.143)

geschrieben werden.

Spezialfall: $ E_{pot}$ linear in $ x$

Wir betrachten ein eindimensionales Problem und nehmen an, dass

$\displaystyle E_{pot}=-F\cdot x$

sei. Dann ist die Bewegungsgleichung

$\displaystyle \frac{d}{dt}\left(E_{kin}+E_{pot}\right)=\frac{d}{dt}\left(\frac{1}{2m}{{p}}^2-Fx\right)=0$

oder (mit $ m=konst$)

$\displaystyle \frac{1}{2m} 2{p}\cdot\dot{{p}}-F\dot x = 0$

Umgeschrieben ist

$\displaystyle p\cdot\dot{p} = mF\dot{x} = Fp$

und mit $ p\neq 0$

$\displaystyle F = \dot{p}$ (3.144)

Diese Bewegungsgleichung ist auch als 2. Newtonsches Axiom oder als 2. Newtonsches Kraftgesetz bekannt. Die Herleitung zeigt jedoch, dass dieses Gesetz, so nützlich es manchmal sein mag, kein fundamentales Gesetz, sondern ein abgeleitetes Gesetz ist.


Arbeit und Leistung

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Arbeit an der schiefen Ebene (Versuchskarte M-094)

Beispiel Hebel



\includegraphics[height=0.15\textheight]{mechanik-029} \includegraphics[height=0.15\textheight]{mechanik-030}
$ \Delta y=\Delta x$ $ \Delta y=2\Delta x$
$ F_{0}=mg$ $ F_{0}=\frac{1}{2}mg$
$ \Delta y\cdot F_{0}=\Delta x\cdot mg$ $ \Delta y\cdot F_{0}=mg\cdot \Delta x$
Kräftegleichgewicht beim Hebel


Die Grösse $ Weg \times Kraft$, also die Arbeit, wird beim Hebel erhalten.

$\displaystyle dW$ $\displaystyle =\vec{F}\cdot d\vec{r}$ (3.145)
$\displaystyle W$ $\displaystyle =\int\limits_{s_{0}}^{s_{1}}\vec{F}d\vec{r}=W\left( s_{1}\right) ...
...}\vec{F}\left( \vec{r}\left( s\right) \right) \cdot\vec{\tau}\left( s\right) ds$ (3.146)

dabei ist $ ds$ der Weg entlang der Bahn!

also

$\displaystyle \vec{F}\parallel Weg\Rightarrow W$ $\displaystyle =F\cdot s$ (3.147)
$\displaystyle \vec{F}\perp Weg\vec{\Rightarrow}W$ $\displaystyle =0!$ (3.148)

Beispiel:

Kreisbahn $ \vec{a}_{zentripetal}\perp d\vec{r}\Rightarrow W=0$

Einheit der Arbeit $ 1\frac{m^{2}kg}{s^{2}}=1 Joule =1J=1Nm=\frac {1}{3600000}kWh$

Im allgemeinen hängt die Arbeit $ W$ von der durchlaufenden Bahn $ \vec{r}(s)$ ab.

Beispiel:

Luftwiderstand

$\displaystyle F$ $\displaystyle =bv^{2}$    
$\displaystyle v\left( s\right)$ $\displaystyle =\sqrt{2as}$    

dann ist

$\displaystyle W_{Luft}=\int\limits_{0}^{s_{0}}bv^{2}ds=\int\limits_{0}^{s_{0}}2as\cdot b ds=ab\cdot s^{2}
$

Gleitreibung

$\displaystyle \vec{F}_{G}$ $\displaystyle =-F_{G}\cdot\vec{\tau}\left( s\right)$    
$\displaystyle W\left( r_{1},r_{2},b\right)$ $\displaystyle =\int\limits_{s_{2}}^{s_{1}}\left( -\vec{F}_{G}\right) \vec{\tau}_{b}\left( s\right) ds$    
  $\displaystyle =F_{G}\int\limits_{s1}^{S_{2}}\vec{\tau}_{b}\cdot\vec{\tau}_{b}ds$    
  $\displaystyle =F_{G}\int\limits_{s2}^{S_{1}}ds$    
  $\displaystyle =F_{G}\left( s_{2}-s_{1}\right)$    

das heisst, die Arbeit ist, wie erwartet, proportional zur zurückgelegten Strecke.

Bei der Berechnung der Arbeit spielt Zeit keine Rolle. Wenn wir die Zeit, in der eine Arbeit geleistet wird, berücksichtigen wollen, sprechen wir von Leistung. Sie ist durch

$\displaystyle P=\frac{dW}{dt}$ (3.149)

oder

$\displaystyle P=\frac{dW}{dt}=\frac{\vec{F\cdot}d\vec{r}}{dt}=\vec{F\cdot}\frac{d\vec{r}}{dt}=\vec{F}\left( t\right) \cdot\vec{v}\left( t\right)$ (3.150)

definiert.

Beweis:

$\displaystyle W\left( t_{0},t\right)$ $\displaystyle =W\left( \vec{r}\left( t_{0}\right) ,\vec{r}\left( t\right) \righ...
...ight) }^{\vec{r}\left( t\right) }\vec{F}\left( t\right) d\vec{r}\left( t\right)$    
  $\displaystyle =\int\limits_{\vec{r}\left( t_{0}\right) }^{\vec{r}\left( t\right...
...mits_{\vec{r}\left( t_{0}\right) }^{\vec{r}\left( t\right) }P\left( t\right) dt$ (3.151)

Die Einheit der Leistung ist

$\displaystyle 1Watt=1W=1\frac{Nm}{s}=1\frac{m^{2}}{s^{3}}kg$ (3.152)

Potentielle Energie und Kräfte

$\displaystyle \vec{F}\left( \vec{r}\right) =- {}\boldsymbol{\mathrm{grad}}{} \left( E_{pot}\left( \vec{r}\right) \right)$ (3.153)

Definition des Gradienten:

$\displaystyle  {}\boldsymbol{\mathrm{grad}}{} = \begin{pmatrix}\frac{\partial}...
... x}\  \frac{\partial}{\partial y}\  \frac{\partial}{\partial z} \end{pmatrix}$ (3.154)

Beweis:

$\displaystyle d\left( E_{pot}\left( \vec{r}\right) \right)$ $\displaystyle =\frac{\partial E_{pot}}{\partial x}dx+\frac{\partial E_{pot}}{\partial y}dy+\frac{\partial E_{pot}}{\partial z}dz$    
  $\displaystyle =\left( \begin{array}[c]{c} \frac{\partial E_{pot}}{\partial x}\\...
...\end{array} \right) \left( \begin{array}[c]{c} dx dy dz \end{array} \right)$ (3.155)
  $\displaystyle = {}\boldsymbol{\mathrm{grad}}{}  E_{pot}\cdot d\vec{r}$ (3.156)
  $\displaystyle =d\left[ -\int\limits_{\vec{r}_{0}}^{\vec{r}}\vec{F}\left( \vec{r}\right) d\vec{r}\right] \vec{=-F}\left( \vec{r}\right) d\vec{r}$ (3.157)

Gleichgewicht und Stabilität

\includegraphics[height=10mm]{icon-exp} Versuch zur Vorlesung: Arten des Gleichgewichts (Versuchskarte M-021)

Um die Stabilität einer Gleichgewichtslage zu untersuchen, betrachten wir die drei möglichen Verläufe der potentiellen Energie mit einer Ortskoordinate





\includegraphics[width=0.9\textwidth]{mechanik-038}
Gleichgewichtslagen und potentielle Energie




  1. Bei einer Auslenkung ergibt sich eine Rückstellkraft: wir haben ein stabiles Gleichgewicht

    Bedingung ist: $ \frac{\partial E}{dx}=0,\frac{d^{2}E}{dx^{2}}>0$

  2. Bei einer Auslenkung ergibt sich eine zunehmende Kraft nach aussen: wir haben ein labiles Gleichgewicht

    Bedingung ist: $ \frac{\partial E}{dx}=0,\frac{d^{2}E}{dx^{2}}<0$

  3. Bei einer Auslenkung ist die Masse immer noch im Gleichgewicht: wir haben ein indifferentes Gleichgewicht

    Bedingung ist: $ \frac{\partial E}{dx}=0,\frac{d^{2}E}{dx^{2}}=0$

In 3 Dimensionen ist ein Massenpunkt im Gleichgewicht, wenn $  {}\boldsymbol{\mathrm{grad}}{} E_{pot}=0$ ist.

Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm