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Unterabschnitte


Drehbewegungen

Dieser Stoff wurde am 14.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 225])

\includegraphics[width=0.4\textwidth]{winkelgeschwindigkeit.eps}

Winkel und Winkelgeschwindigkeit


Winkel, Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung

Dieser Stoff wurde am 14.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 225])

Wir betrachten einen Kreisbogen der Länge $ s$ im Abstand $ r$ von der Drehachse.

Dann ist $ ds = v dt$. Die dazugehörige Winkeländerung ist

$\displaystyle d\Theta = \frac{ds } {r}$ (4.242)

ist unabhängig vom Abstand von der Drehachse.

$ \Theta $ ist der Drehwinkel

Einheiten: $ [\Theta] = 1$.

$ \omega = \frac{d\Theta}{dt} = \dot{\Theta}$ ist die Winkelgeschwindigkeit

Einheiten: $ [\omega] = 1/s$. Die Drehfrequenz hängt mit der Winkelgeschwindigkeit über $ \omega = 2
\pi f$ zusammen.

$ \alpha = \frac{d\omega}{dt}= \dot \omega = \frac{d^2 \Theta}{dt^2} = \ddot{\Theta}$ ist die Winkelbeschleunigung.

Einheit: $ [\alpha] = \frac{1}{s^2}$.

Die Tangentialgeschwindigkeit ist eines Teilchens im Abstand $ r$ ist

$\displaystyle v = \frac{ds}{dt} = \frac{r \; d\Theta}{dt} = r\omega$ (4.243)

Die tangentiale Beschleunigung ist

$\displaystyle a_t = \frac{dv}{dt} = r\frac{d\omega}{dt} = r \alpha$ (4.244)

Die Zentripetalbeschleunigung ist zum Mittelpunkt hin gerichtet und hat die Grösse

$\displaystyle a_z = \frac{v^2}{r} = \frac{r \omega)^2}{r} = r \omega^2$ (4.245)

Analog zu den Gesetzen der linearen Bewegung haben nwir


$\displaystyle \omega$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \omega_0 + \alpha t$  
$\displaystyle \Theta$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \Theta_0 + \omega_0 t + \frac {1}{2} \alpha t^2$  
$\displaystyle \omega^2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \omega_0^2 + 2 \alpha (\Theta - \Theta_0)$ (4.246)

Drehmoment und Trägheitsmoment

Dieser Stoff wurde am 20.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 229])

Materialien

Folien zur Vorlesung am 20. 11. 2001 PDF

Übungsblatt 6 vom 20. 11. 2001 (HTML oder PDF)


Welche Kräfte können eine Scheibe zum Drehen bringen?

Wir teilen die Scheibe in $ n$ Teile. Auf das $ i$-te Teilchen wirkt die Kraft $ \vec{F}_i$ mit einem Hebelarm $ \ell_i = r_i \sin\phi_i$, wobei $ \phi_i$ der Winkel zwischen der Kraft $ \vec{F}_i$ und dem Ortsvektor $ \vec{r}_i$ ist.

Das Drehmoment durch die Kraft $ \vec{F}_i$ ist also

$\displaystyle M_i = F_i \ell_i = F_i r_i \sin \phi_i = F_{i,t} r_i$ (4.247)

wenn $ F_{i,t}$ die Tangentialkomponente der Kraft $ \vec{F}_i$ ist.

2. Newtonsches Axiom

$\displaystyle F_{i,t} = m_i a_{i,t} = m_i r_i \alpha$ (4.248)

Durch die Multiplikation dieser Gleichung mit $ r_i$ erhält man

$\displaystyle M_i = r_i F_i = m_i r_i^2 \alpha$ (4.249)

Über alle Teilchen summiert, bekommt man

$\displaystyle M = \sum\limits_{i=1}^n M_i = \sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2 \alpha = \alpha \sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2 = \alpha I$ (4.250)

$\displaystyle I = \sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2$ (4.251)

ist das Trägheitsmoment. Es übernimmt für die Drehbewegungen die Funktion, die die Masse für Translationsbewegungen innehat.

Also

$\displaystyle M = I \alpha$ (4.252)

Die Werte der Trägheitsmomente finden sie im Tipler[Tip94, 231].


Beispiel:


\includegraphics[height=0.3\textheight]{drehmoment.eps}

Ein Körper der Masse $ m$ hängt an einer masselosen, nicht dehnbaren Schnur an einer Seilscheibe mit dem Radius $ r$. $ F_S$ ist die Seilspannung.



An der Scheibe gilt die Drehmomentgleichung

$\displaystyle F_S \cdot r = I \alpha$ (4.253)

Die Beschleunigung der Masse m ist

$\displaystyle mg - F_S = ma$ (4.254)

Das Seil impliziert die folgende Beziehung

$\displaystyle a = r\alpha$ (4.255)

Damit wird


$\displaystyle F_S \cdot r$ $\displaystyle =$ $\displaystyle I\frac{a}{r}$  
$\displaystyle a$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{F_S r^2}{I}$ (4.256)

Weiter erhält man


$\displaystyle mg- F_S$ $\displaystyle =$ $\displaystyle m\frac{F_S r^2}{I}$  
$\displaystyle F_S\left(1+\frac{m r^2}{I}\right)$ $\displaystyle =$ $\displaystyle mg$  
$\displaystyle F_S$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{I}{I+mr^2} m g$ (4.257)

Damit wird die Beschleunigung

$\displaystyle a = \frac{m r^2}{I + m r^2} g$ (4.258)

Nun ist für eine Vollscheibe $ I = \frac{1}{2} m_{Scheibe} r^2$. Damit wird die Gleichung

$\displaystyle a = \frac{2m}{m_{Scheibe}+2m}g$ (4.259)

Kinetische Energie der Drehbewegung

Dieser Stoff wurde am 20.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 234])

Wir betrachten ein rotierendes Objekt, das in $ n$ Teile geteilt sei. Bei einer infinitesimalen Drehung um $ \Delta\Theta_i$ der Masse $ m_i$, die sich im Abstand $ r_i$ von der Drehachse befinde, ist die Arbeit

$\displaystyle \Delta W_i = F-{i,t} ds_i = F_{i,t} r_i \Delta\Theta = M_i \Delta\Theta$ (4.260)

Aufsummiert erhält man

$\displaystyle dW = M d\Theta$ (4.261)

Die Leistung dieser Arbeit ist

$\displaystyle P = \frac{dW}{dt} = M \frac{d\Theta}{dt} = M \omega$ (4.262)

Wir berechnen nun die Beschleunigungsarbeit für Drehungen, um zu einem Ausdruck für die kinetische Energie der Rotationsbewegung zu erhalten.

$\displaystyle W = \sum\limits_{i=1}^n \frac{1}{2} m_i v_i^2 = \sum\limits_{i=1}...
...ac{1}{2} m (r_i \omega_i)^2 = \frac{1}{2}\sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2 \omega^2$ (4.263)

Die kinetische Energie der Rotationsbewegung ist
$ E_{kin,rot} = E_{rot} = \frac{1}{2} I \omega^2$


Berechnung der Trägheitsmomente

Dieser Stoff wurde am 20.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 237])

In Gleichung (4.161) wird die Summe durch ein Integral ersetzt.

$\displaystyle I = \int r^2 dm$ (4.264)


Beispiel:


\includegraphics[width=0.3\textwidth]{traegheit_ring.eps}

Trägheitsmoment eines Kreisrings des Radius $ R$ der um die z-Achse rotiert


$\displaystyle I = \int r^2 dm = R^2 \int dm = m_{ges} R^2$ (4.265)


Beispiel:


Trägheitsmoment $ I_y$ eines Stabes entlang der x-Achse, Länge $ \ell$, der um die y-Achse rotiert und dessen geamte Masse auf der x-Achse konzentriert ist.

Massenelement $ dm = \frac{m}{\ell} dx$

$\displaystyle I_y = \int\limits_0^\ell x^2 dm = \frac{m}{ell}\int\limits_0^\ell x^2 dx = \frac{ m \ell^3}{3 \ell} = \frac{m \ell^2}{3}$ (4.266)


Beispiel:


Trägheitsmoment einer homogenen Scheibe, Radius $ R$.

Die auf einem Kreisring mit dem Radius r befindliche Masse ist $ dm = \frac{m_{ges}}{A} 2\pi r dr$, $ A = \pi R^2$

$\displaystyle I = \int r^2 dm = \int\limits_0^R r^2 \frac{m_{ges}}{A} 2\pi r dr...
...limits_0^R r^3 dr = \frac{2 m_{ges}}{R^2}\frac{R^4}{4} = \frac{1}{2} m_{ges}R^2$ (4.267)

Das Resultat für den Vollzylinder, der um seine Symmetrieachse rotiert, ist das gleiche.

Wenn ich einen Körper bilden kann, indem ich eine Grundform, von der $ I_1$ bekannt ist, nehme und eine zweite Form, von der $ I_2$ bekannt ist, subtrahiere (z.B. Hohlzylinder als Differenz zweier Zylinder), dann ist das resultierende Trägheitsmoment

$\displaystyle I = I_1 - I_2$ (4.268)

Wenn das Trägheitsmoment $ I_S$ eines Körpers um eine bestimmte, durch den Schwerpunkt gehende Drehachse bekannt ist, wenn aber der Körper um eine zu dieser Drehachse parallele Achse rotiert, kann das neue Trägheitsmoment mit dem Satz von Steiner ausgerechnet werden.

$\displaystyle I = I_S + m_{ges} h^2$ (4.269)

wenn $ h$ der Abstand der beiden Drehachsen ist.

Beweis mit der kinetischen Energie.

$\displaystyle E_{kin,rot} = \frac{1}{2}I_S \omega^2$ (4.270)

Wir verschieben die Drehachse um $ h$, dann ist die Geschwindigkeit des Massenmittelpunktes bezüglich der Drehachse $ v_s = h\omega$. Die kinetische Energie des Massenmittelpunktes ist

$\displaystyle \frac{1}{2} m_{ges} v_S^2 = \frac{1}{2} m_{ges} \omega^2 h^2$ (4.271)

Die gesamte kinetische Energie ist

$\displaystyle E_{kin} = \frac{1}{2} I \omega^2 = \frac{1}{2} m_{ges} h^2 \omega^2 +\frac{1}{2}I_S \omega^2 = \frac{1}{2}\left(m_{ges} h^2 + I_S\right) \omega^2$ (4.272)

Ein Vergleich der Klammer mit $ I$ liefert das gewünschte Ergebnis.

Bei flachen Körpern, das heisst bei Körpern, bei denen die Dicke oder die z-Ausdehnung verschwindend gegen die Ausdehnung in die x- und die y-Richtung ist, gilt

$\displaystyle I_z = I_x + I_y$ (4.273)

Da der Körper flach ist, ist sein Trägheitsmoment für Drehungen um die x-Achse oder um die y-Achse nur von den Masseelementen und den Abständen in die y- oder die x-Richtung abhängig. Der Term $ r^2$ wird also zu $ x^2$ oder zu $ y^2$. Damit ist $ I_x = \int y^2 dm$ und $ I_y = \int x^2 dm$. Bezüglich der z-Achse müssen wir den Abstand quadrieren, um das Trägheitsmoment zu berechnen. Der Abstand hängt von x und y, aber nicht von z ab.

$\displaystyle I_z = \int r^2 dm = \int (x^2 +y^2) dm = \int x^2 dm + \int y^2 dm = I_y + I_x$ (4.274)

Drehimpuls und Drehimpulserhaltung

Dieser Stoff wurde am 20.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 242])

Analog zum linearen Impuls, der durch $ \vec{F}= \frac{d\vec{p}}{dt}$ gegeben ist, hat ein Teilchen, das sich auf einer Kreisbahn mit dem Radius r bewegt einen Drehimpuls, der mit seinem lineare Impuls $ mv$ wie folgt zusammenhängt:

$\displaystyle L = mvr = m(r\omega) r = m r^2 \omega = I \omega$ (4.275)

Für allgemeine Bewegungen ist

$\displaystyle L = mv r_\bot = m r \sin\Theta$ (4.276)

wobei $ r_\bot$ der senkrechte Abstand zur Drehachse ist. Wenn ein Teilchen parallel zur x-Achse in der xy-Ebene am Nullpunkt entlang fliegt, dann kann man die z-Achse als Drehachse betrachten und das Teilchen hat einen konstanten Drehimpuls!

Sind mehrere Teilchen $ m_i$ mit dem jeweiligen Drehimpuls $ L_i = m_i r_i^2 \omega$, dann ist der gesamte Drehimpuls

$\displaystyle L = \sum\limits_{i=1}^n L_i = \sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2 \omega = \omega \sum\limits_{i=1}^n m_i r_i^2 = I\omega$ (4.277)

Der Drehimpuls eines rotierenden Körpers ist

$\displaystyle L = I \omega$ (4.278)

Dieser Stoff wurde am 21.11.2001 behandelt

Materialien

Folien zur Vorlesung am 21. 11. 2001 PDF

Analog zum zweiten Newtonschen Axiom kann für die Beziehung zwischen dem Drehimpuls und dem Drehmoment geschrieben werden

$\displaystyle M = \frac{dL}{dt} = \frac{d(I\omega)}{dt}$ (4.279)

Bei einem starren Körper (und nur da) ist $ I = const$ und wir können schreiben

$\displaystyle M = \frac{d(I\omega)}{dt} = I \frac{d\omega}{dt} = I\alpha$ (4.280)

Wenn kein äusseres Drehmoment auf einen Körper wirkt, ist

$\displaystyle M = 0 = \frac{dL}{dt}$ (4.281)

also der Drehimpuls konstant.

Drehimpulserhaltung
Wenn das resultierende äussere Drehmoment null ist, dann bleibt der Gesamtdrehimpuls eines Systems konstant.

Weiter gilt

Das Drehmoment bezüglich des Schwerpunktes und die Änderung des Drehimpulses sind über

$\displaystyle M_S = \frac{dL}{dt}$ (4.282)

miteinander verknüpft.


Beispiel:


Bei Tänzern oder Eiskunstläuferinnen ist das Drehmoment durch die Füsse (Kufen) sehr gering. Deshalb ist der Drehimpuls in guter Näherung erhalten. Wenn die Arme an den Körper gezogen werden, verringert sich $ I$, die Winkelgeschwindigkeit muss entsprechend zunehmen. In diesem Falle gilt übrigens $ M= I \alpha$ nicht; vielmehr ist $ M= \frac{dI}{dt} \omega$.

Die kinetische Energie der Rotation wurde als $ E_{kin,rot} = \frac{1}{2} I \omega^2$ geschrieben. Diese Gleichung kann umgeformt werden, so dass die kinetische Energie als Funktion des Drehimpulses gegeben ist.

$\displaystyle E_{kin,rot} = \frac{1}{2} I\omega^2 = \frac{(I \omega)^2}{2I} = \frac{L^2}{2I}$ (4.283)

Rollende Körper

Dieser Stoff wurde am 21.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 249])

\includegraphics[width=0.6\textwidth]{drehung-rad.eps}

Rollen eines Rades ohne zu gleiten


Wenn ein Rad um den Winkel $ \varphi$ abrollt, legt die Drehachse (der Schwerpunkt) den Weg

$\displaystyle s = R\varphi$ (4.284)

zurück. Der Schwerpunkt hat die Geschwindigkeit

$\displaystyle v_S = \frac{ds}{dt} = R \frac{d\phi}{dt} = R\omega$ (4.285)

Die Bedingung $ v_s = R \omega$ heisst Rollbedingung. Durch Ableiten dieser Gleichung erhält man eine äquivalente Bedingung für die Beschleunigungen

$\displaystyle a_S = R\alpha$ (4.286)


Beispiel:


Eine Kugel hat das Trägheitsmoment $ I_S = \frac{2}{5} m R^2$. Die kinetische Energie der rollenden Kugel kann auf zwei Arten berechnet werden:

  1. Die Kinetische Energie ist die Summe der translatorischen kinetischen Energie und der Rotationsenergie um die Drehachse durch die Mitte des Rades
    $ E_{kin} = \frac{1}{2} m v^2 + \frac{1}{2}I_S \omega^2 = \frac{1}{2} m v^2 +
\frac{1}{2}\left(\frac{2}{5} m R^2\right) \left(\frac{v}{R}\right)^2 =$
    $ \frac{1}{2} m v^2 + \frac{1}{5} m v^2 = \frac{7}{10} m v^2$
  2. Die momentane Drehachse ist die Auflagelinie die um den Abstand $ R$ von der Drehachse durch den Schwerpunkt entfernt ist. Das Trägheitsmoment um diese Drehachse ist $ I_M = I_S + mR^2$. Die kinetische Energie ist dann
    $ E_{kin} = \frac{1}{2} I_M \omega^2 = \frac{1}{2} \left(I_S + mR^2\right)\left(\frac{v}{R}\right)^2 =$
    $ \frac{1}{2} I_S \left(\frac{v}{R}\right)^2 + \frac{1}{2} mR^2 \left(\frac{v}{R...
... R^2\right) \left(\frac{v}{R}\right)^2 + \frac{1}{2} m v^2 = \frac{7}{10} m v^2$


Beispiel:


Wie weit muss man in einem Billardspiel die Kugel oberhalb des Mittelpunktes treffen, damit sie rollt. Die Distanzz oberhalb des Mittelpunktes sei x. Die Rollbedingung sagt: $ F = ma = mR\alpha$. Die Drehmomentbedingung gibt $ M = Fx = I\alpha$. Teilt man die beiden Gleichungen durcheinander, dann bekommt man $ x = I/(mR)$. Mit dem Trägheitsmoment einer Kugel $ I_S = \frac{2}{5} m R^2$ bekommt man: $ x = \frac{2}{5} R$.

\includegraphics[width=0.6\textwidth]{drehung-kugel-schief.eps}

Kugel mit dem Radius R, die eine schiefe Ebene hinunterrollt.


Drehimpuls

$\displaystyle L_S = I_S \omega$ (4.287)

Drehmoment hervorgerufen durch die Reibungskraft

$\displaystyle M = F_R = \frac{dL_S}{dt} = I_S \frac{d\omega}{dt}$ (4.288)

$ F_R$ ist die Reibungskraft: wir brauchen Sie, um die Aufteilunfg in Drehmoment und lineare Beschleunigung zu berechnen. Sie muss vorhanden sein, tritt aber im Schlussresultat nicht auf. Die obige Gleichung kann auch als $ F_R R = I_S \alpha$ geschrieben werden. Auf den Massenmittelpunkt wirkt die Beschleunigungskraft $ mg \sin\Theta - F_R = ma_S$. Nun ist $ a_s/R = \alpha$. Wir erhalten


$\displaystyle F_R R$ $\displaystyle =$ $\displaystyle I_S \frac{a_S}{R}$  
$\displaystyle F_R$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{I_S}{R^2}a_S$ (4.289)

Eingesetzt in die Beschleunigungsgleichung erhalten wir


$\displaystyle mg \sin\Theta - \frac{I_S}{R^2}a_S$ $\displaystyle =$ $\displaystyle m a_S$  
$\displaystyle a_s$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{mg \sin\Theta}{m +\frac{I_S}{R^2}}$ (4.290)

Ohne Rotation wäre die Beschleunigung $ a = g\sin\Theta$. Das Abrollen von einer Schiefen Ebene ist langsamer als das abgleiten. Die Bedingung ist, dass

$\displaystyle F_R = \frac{I_S}{R^2}\frac{mg \sin\Theta}{m +\frac{I_S}{R^2}} = \frac{I_S mg \sin\Theta}{m R^2 + I_S} \leq \mu_H mg \cos\Theta$ (4.291)

ist6. Tabelle gibt eine Übersicht über die Beschleunigungen verschiedener Körper. Man kann so zum Beispiel herausfinden, ob ein Zylinder eine hohle Stahlröhre oder ein Aluminiumvollprofil ist, wenn der Aussendurchmesser und das Gewicht gegeben sind. Weiter kann man mit dem abrollen den Haftreibungskoeffizienten bestimmen. Man erhöht die Steigung so, dass der Zylinder oder sonstige Körper ins gleiten kommt. Für einen Zylinder wird die Bedingung $ F_R \leq \mu_H F_N = \mu_H mg \cos\Theta$ zu $ F_R = \frac{1}{3} mg \sin\Theta \leq \mu_H
mg\cos \Theta$ oder

$\displaystyle \tan\Theta \leq 3 \mu_H$ (4.292)


Tabelle 4.1: Beschleunigung auf einer schiefen Ebene mit dem Winkel $ \Theta $.
Körper Trägheitsmoment Beschleunigung
Gleitende Masse - $ a_S = g\sin\Theta$
Kugel $ I_{K,S} = \frac{2}{5}mR^2$ $ a_s = \frac{5}{7}g \sin\Theta$
Zylinder $ I_{Z,S} = \frac{1}{2} m R^2$ $ a_S = \frac{2}{3} g \sin\Theta$
Dünner Hohlzylinder $ I_{HZ,S} = mR^2$ $ a_S = \frac{1}{2} g \sin\Theta$


Dieser Grenzwinkel heisst auch der Haftreibungswinkel. Er ist identisch mit dem Böschungswinkel bei Schüttgütern.


Tabelle 4.2: Böschungswinkel und Haftreibungskoeffizient unter der Annahme, dass die Teilchen kugelförmig sind $ \tan\Theta \leq 5\mu_h$
Material Böschungswinkel Haftreibungskoeffizient
Getreide $ 31^0$ $ 0.12$
trockener Sand $ 34^0$ $ 0.13$
Kohle $ 35^0$ $ 0.14$
Gips $ 45^0$ $ 0.2$


Energiebetrachtung für einen rollenden Zylinder:

$\displaystyle E_{kin}+E_{kin,rot} = \frac{1}{2}mv^2 +\frac{1}{2}I_S\omega = mgh = E_{pot}$ (4.293)

Mit der Rollbedingung


$\displaystyle \frac{1}{2}mv^2+\frac{1}{2}I_S\frac{v^2}{R^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle mgh$  
$\displaystyle v^2$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{2mgh}{m+I_S/R^2}$ (4.294)

Bei einem Zylinder $ I_S = \frac{1}{2}mR^2$ ist das Resultat

$\displaystyle v^2 = \frac{2mgh}{m+m/2} = \frac{4}{3}gh$ (4.295)

Vektorcharakter von Drehgrössen

Dieser Stoff wurde am 21.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 256])

Wenn man einen rotierenden Körper betrachtet, dann soll der Daumen der rechten Hand parallel zur Drehachse sein. Die die Finger der rechten Hand zeigen in die Drehrichtung. Dann legt der Daumen die Richtung des Vektors $ \vec{\omega}$ fest.

Bei einer Schraube mit Rechtsgewinde zeigt der Daumen in die Vorschubrichtung.

Das Drehmoment hängt vom Winkel $ \phi$ zwischen der Verbindungslinie $ \vec{r}$ zwischen der Drehachse und dem Angriffspunkt der Kraft $ \vec{F}$. Ist der Winkel $ \pi/2$, ist das Drehmoment maximal. Bei einem Winkel 0, wenn die Kraft und die Verbindungslinie parallel sind, ist das Drehmoment null. Die dazugehörige Vektoroperation ist das Vektorprodukt

$\displaystyle \vec{M}= \vec{r}\times \vec{F}$ (4.296)

Das Vektorprodukt oder das Kreuzprodukt ist durch $ \vec{A}\times \vec{B}= (A B \sin \phi)\vec{n}$ gegeben, wobei $ \vec{n}$ der Normalenvektor auf der von $ \vec{A}$ und $ \vec{B}$ aufgespannten Ebene ist.

Einige Eigenschaften:

Drehimpuls

$\displaystyle \vec{L}= \vec{r}\times \vec{p}$ (4.299)

Ausgeschrieben für den Fall dass $ \vec{p}$ und $ \vec{r}$ in der xy-Ebene liegen

$\displaystyle \vec{L}= \vec{r}\times \vec{p}= \vec{r}\times m\vec{v}= (rmv \sin\pi/2)\vec{e}_z = rmv\vec{e}_z = mr^2\omega \vec{e}_z$ (4.300)

Der Drehimpuls liegt parallel zur Drehachse, so dass wir auch

$\displaystyle \vec{L}= m r^2 \vec{\omega}= I \vec{\omega}$ (4.301)

haben.

Wenn $ \vec{F}$ die resultierende äussere Kraft ist, dann ist einerseits nach dem 2. Newtonschen Axiom

$\displaystyle \vec{M}= \vec{r}\times \vec{F}= \vec{r}\times \frac{d\vec{p}}{dt}$ (4.302)

und andererseits

$\displaystyle \frac{d\vec{L}}{dt} = \frac{d}{dt}\left(\vec{r}\times \vec{p}\rig...
...{r}}{dt} \times \vec{p}\right) + \left(\vec{r}\times \frac{d\vec{p}}{dt}\right)$ (4.303)

Der erste Term ist null, da $ \frac{d\vec{r}}{dt} \times \vec{p}= \vec{v}\times m \vec{v}= 0$ ist.

Also ist

$\displaystyle \frac{d \vec{L}}{dt} =\vec{r}\times \frac{d\vec{p}}{dt} = \vec{M}$ (4.304)

$ \vec{M}_{ext} = \frac{d\vec{L}}{dt}$ ist das resultierende äussere Drehmoment, das gleich der zeitlichen Änderung des Drehimpulses ist.

Beispiel: Auswuchten von Reifen

Dieser Stoff wurde am 21.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 262])

Es gibt zwei Arten, wie Reifen ausgewuchtet werden können:

  1. Statisches Ungleichgewicht oder statische Unwucht liegt vor, wenn die Drehachse des Rades nicht seiner Symmetrieachse entspricht. Dann wird eine Zentripetalkraft benötigt, um das Rad auf seiner Position zu halten. Diese Unwucht kann kompensiert werden, indem man versucht, das rad in eine indifferente Gleichgewichtslage zu bringen.
  2. Dynamisches Ungleichgewicht oder dynamische Unwucht. Der Drehimpulsvektor ist nur bei freien Drehachsen parallel zum Vektor der Winkelgeschwindigkeit. Wenn der Drehimpulsvektor parallel zur Drehachse gemacht wird, spricht man von dynamischem Auswuchten. Das dynamische Ungleichgewicht äussert sich in einem Taumeln der Räder.

Ein Rad kann dynamisch im Gleichgewicht sein und statisch nicht, oder umgekehrt.

Drehungen um beliebige Achsen: Trägheitstensor

Dieser Stoff wurde am 21.11.2001 behandelt
(Siehe Gerthsen, Physik[GV95, 77]) (Siehe Kneubühl, Repetitorium der Physik[Kne74, 116])

Wir haben bei der Gleichung (4.186) gesehen, dass $ L = I \omega$ ist. Wenn wir den Vektorcharakter der Drehungen berücksichtigen, dann beobachtet man, dass $ \vec{L}$ und $ \vec{\omega}$ nicht mehr parallel sind. In einem am rotierenden Körper befestigten Koordinatensystem kann der Zusammenhang mit Hilfe des Trägheitstensors geschrieben werden. Wir bemerken, dass

$\displaystyle \vec{v}= \vec{\omega}\times \vec{r}$ (4.305)

Für jedes Volumenelement $ dm$ gilt $ d\vec{L}= \left(\vec{r}\times \vec{v}\right) dm$. Also ist auch7

$\displaystyle \vec{L}= \int \left(\vec{r}\times \vec{v}\right) dm = \int \left(...
...eft(\vec{r}\right)^2 dm - \int \vec{r}\left(\vec{r}\cdot \vec{\omega}\right) dm$ (4.306)

So gilt für die $ x$-Komponente


$\displaystyle L_x$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \omega_x \int(\left( \vec{r}^2 -r_x^2\right) dm - \omega_y\int r_x r_y dm - \omega_z \int r_x r_z
dm$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle \omega_x \int\left(r_y^2+r_z^2\right)dm - \omega_y\int r_x r_y dm - \omega_z \int r_x r_z dm$ (4.307)

und zyklisch permutiert für die anderen Koordinaten $ x \rightarrow y \rightarrow z \rightarrow x$.

Die Gleichung (4.217) kann wie folgt interpretiert werden:

Würde $ \vec{\omega}$ entlang der x-Achse liegen, also nur die x-Komponente von null verschieden sein, dann ist das erste Integral die schon bekannte Definition des Trägheitsmomentes. Die beiden anderen Momente, auch Deviationsmomente genannt, sind nur dann von Null verschieden, wenn $ \vec{\omega}$ nicht parallel zur x-Achse liegt. Analoges gilt auch für die y- und die z-Achse.

Gleichung (4.216) kann in Matrixschreibweise als

$\displaystyle \vec{L}= \left(\begin{array}{c} L_x \\  L_y \\  L_z \ \end{array}...
...rray}{c} \omega_x \\  \omega_y \\  \omega_z \ \end{array}\right) = I \vec\omega$ (4.308)

wobei


$\displaystyle I_{xx}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \int\left(r_y^2+r_z^2\right)dm$  
$\displaystyle I_{xy}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \int \left(-r_x r_y\right) dm$ (4.309)

ist. Jeder Tensor, also auch $ I$, kann durch die Rotation des Koordinatensystems so transformiert werden, dass nur die Komponenten auf der Hauptdiagonalen von null verschieden sind. Wenn wir die drei Komponenten als $ I_1 \geq I_2 \geq I_3$ (Hauptachsen) schreiben, kann die Stabilität von Drehungen betrachtet werden. Wir nehmen an, dass eine Drehachse sich in der Nähe einer der Hauptachsen befinde. Dann sind Drehungen um die $ 1$-Achse und um die $ 3$-Achse stabil und um die $ 2$-Achse labil.

Wir definieren ein Trägheitsellipsoid, ein Ersatzkörper, der sich bezüglich Rotationen gleich wie der entsprechede allgemein geformte Ursprungskörper verhält.

$\displaystyle \vec {u} = \left(\begin{array}{c} u_x \\  u_y \\  u_z \ \end{arra...
...sqrt{I}} \\  \frac{e_y}{\sqrt{I}} \\  \frac{e_z}{\sqrt{I}} \ \end{array}\right)$ (4.310)

Die Länge der einzelnen Halbachsen ist $ 1/\sqrt{I}$.

Kreisel Hauptträgheitsmomente Trägheitsellipsoid
Kugel, Würfel, Tetraeder $ I_1=I_2=I_3$ Kugel
axialsymmetrisch, tellerförmig $ I_1>I_2=I_3$ Rotationsellipsoid, tellerförmig
axialsymmetrisch, spindelförmig $ I_1=I_2>I_3$ Rotationsellipsoid, spindelförmig
niedrigsymmetrisch $ I_1 > I_2 > I_3$ allgemeines Ellipsoid

Kreiselbewegung

Dieser Stoff wurde am 27.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 263])

Materialien

Ü&omega#omega;

wobei


$\displaystyle I_{xx}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \int\left(r_y^2+r_z^2\right)dm$  
$\displaystyle I_{xy}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \int \left(-r_x r_y\right) dm$ (4.311)

ist. Jeder Tensor, also auch $ I$, kann durch die Rotation des Koordinatensystems so transformiert werden, dass nur die Komponenten auf der Hauptdiagonalen von null verschieden sind. Wenn wir die drei Komponenten als $ I_1 \geq I_2 \geq I_3$ (Hauptachsen) schreiben, kann die Stabilität von Drehungen betrachtet werden. Wir nehmen an, dass eine Drehachse sich in der Nähe einer der Hauptachsen befinde. Dann sind Drehungen um die $ 1$-Achse und um die $ 3$-Achse stabil und um die $ 2$-Achse labil.

Wir definieren ein Trägheitsellipsoid, ein Ersatzkörper, der sich bezüglich Rotationen gleich wie der entsprechede allgemein geformte Ursprungskörper verhält.

$\displaystyle \vec{u}= \left(\begin{array}{c} u_x \\  u_y \\  u_z \ \end{array}...
...sqrt{I}} \\  \frac{e_y}{\sqrt{I}} \\  \frac{e_z}{\sqrt{I}} \ \end{array}\right)$ (4.312)

Die Länge der einzelnen Halbachsen ist $ 1/\sqrt{I}$.

Kreisel Hauptträgheitsmomente Trägheitsellipsoid
Kugel, Würfel, Tetraeder $ I_1=I_2=I_3$ Kugel
axialsymmetrisch, tellerförmig $ I_1>I_2=I_3$ Rotationsellipsoid, tellerförmig
axialsymmetrisch, spindelförmig $ I_1=I_2>I_3$ Rotationsellipsoid, spindelförmig
niedrigsymmetrisch $ I_1 > I_2 > I_3$ allgemeines Ellipsoid

Kreiselbewegung

Dieser Stoff wurde am 27.11.2001 behandelt
(Siehe Tipler, Physik[Tip94, 263])

Materialien

bungsblatt 7 vom 27. 11. 2001 (HTML oder PDF)

Folien zur Vorlesung am 27. 11. 2001 PDF


Ein Kreisel ist ein an einem Punkt auf der Drehachse unterstützer rotierender Körper. Dadurch, dass die Drehachse an einem Punkt fixiert ist, hat sie in zwei Richtungen, Azimut und Elevation, Bewegungsfreiheit. Die Bewegungen des Kreisels können in zwei Kategorien aufgeteilt werden, kräftefreie Bewegung (Nutation) und Bewegung unter äusseren Kräften (Präzession).

Präzession (Momentenbehaftet)

Dieser Stoff wurde am 27.11.2001 behandelt
(Siehe Gerthsen, Physik[GV95, 89])

\includegraphics[width=0.6\textwidth]{kreisel1.eps}

Kreisel mit Präzession


Auf diesen Kreisel wirkt die Gravitation an der Stelle des Rades. Die Kraft $ mg$, die im Abstand $ D$ vom Drehpunkt wirkt, bewirkt ein Drehmoment $ M = mgD$, das nach hinten gerichtet ist. Nun ist $ dL = M dt$, also muss $ dL$ parallel zu $ M$ liegen. Dies ist nur möglich, wenn der Drehimpuls des Rades $ L = I \omega$, der in der horizontalen liegt, sich nach hinten dreht. Der Drehimpuls kann auch differenziell geschrieben werden, indem man die Geometrie in der obigen Zeichnung verwendet: $ dL/L = d\phi$

$\displaystyle d\phi = \frac{dL}{L} = \frac{mgD}{L}dt$ (4.313)

Der Winkel $ \phi$ beschreibt die Winkelpräzession.

$\displaystyle \omega_P = \frac{d\phi}{dt} = \frac{mgD}{L}$ (4.314)

Nutation (momentenfrei)

Dieser Stoff wurde am 27.11.2001 behandelt
(Siehe Gerthsen, Physik[GV95, 88])

Wenn bei einem momentenfreien Kreisel die momentane Drehachse und die Hauptträgheitsachsen nicht parallel sind, rotiert die Drehachse um die Hauptträgheitsachse. Diese Bewegung sieht bei einem einseitig unterstützen momentenfreien Kreisel wie ein Nicken (Nutation) aus.

Beispiele

Dieser Stoff wurde am 27.11.2001 behandelt


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Othmar Marti
Experimentelle Physik
Universiät Ulm